Bundeswehr: Reformpläne:Radikal anders

Weniger Soldaten, straffere Führung, Stellenabbau im Ministerium: Verteidigungsminister Thomas de Maizière will die Bundeswehr umkrempeln. In Berlin hat er die Eckpunkte seiner Reform vorgestellt. Es ist die Rede vom radikalsten Umbau in der Geschichte der Truppe.

Ein Überblick.

Die Aussetzung der Wehrpflicht ist beschlossene Sache. Nun hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) den zweiten Teil der Bundeswehrreform präsentiert. Die Devise: Weniger Soldaten, weniger Bürokratie, weniger Standorte. Die Truppe soll effizienter werden und den neuen, internationalen Anforderungen besser gerecht werden. Die Reform soll in sechs bis acht Jahren umgesetzt werden, der Großteil aber schon in den kommenden zwei Jahren. Ein Überblick.

German Defence Minister de Maiziere arrives in hall of Julius-Leber army base to present his reform plans of German armed forces officers in Berlin

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bei der Präsentation seiner Reformpläne vor Generälen in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin.

(Foto: REUTERS)

Personalstärke der Truppe: Verteidigungsminister de Maizière plant eine deutliche Verkleinerung der Streitkräfte. Die bislang 220.000 Soldaten starke Armee soll mit dem Umbau zur Freiwilligenarmee um 45.000 auf bis zu 185.000 Soldaten schrumpfen, unter ihnen 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie zwischen 5000 und 15.000 freiwillig Wehrdienstleistende. Zugleich soll die Truppe schlagkräftiger werden: 10.000 Soldaten werden künftig für Auslandseinsätze vorgehalten, kündigte de Maizière bei seiner Rede in Berlin an. Derzeit sind knapp 7000 Soldaten an internationalen Missionen im Ausland beteiligt.

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht soll die Truppe in erster Linie mit Berufs- und Zeitsoldaten sowie ergänzend mit Freiwilligen bestückt werden. Allerdings hat sich in den vergangenen Monaten gezeigt, dass sich die Rekrutierung Freiwilliger als schwierig erweist. Anders als sein Amtsvorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der noch eine Zahl von 15.000 Freiwilligen angepeilt hatte, plant de Maizière deshalb lediglich mit 5000.

Verwaltungsstruktur: Bei seiner Rede in Berlin sparte de Maizière nicht mit Kritik an der Führungsstruktur der Bundeswehr. Es gebe zu viele Stäbe, unklare Zuständigkeiten und zu viel Aufsicht für zu wenig Arbeit. De Maizière möchte deshalb auch sein Ministerium umbauen: Zwar soll die Spitze weiterhin aus dem Minister, zwei beamteten und zwei parlamentarischen Staatssekretären sowie dem Generalinspekteur bestehen. Unterhalb der Spitzenebene sollen die Führungsstrukturen aber deutlich gestrafft werden. Die Inspekteure der Teilstreitkräfte und ihre Stäbe werden aus dem Ministerium ausgelagert, ganze Hierarchieebenen sollen wegfallen, General- und Stabsstellen radikal abgebaut werden. Die Zahl der Abteilungen im Verteidigungsministerium wird von 17 auf neun reduziert, die Zahl der Mitarbeiter von 3500 auf 2000.

In der Wehrverwaltung soll jeder fünfte Dienstposten wegfallen: Die Zahl der Vollzeitstellen für Zivilbeschäftigte soll auf etwa 55.000 gekürzt werden. Bislang umfasst der zivile Bereich der Bundeswehr 76.000 Stellen. In jeder Abteilung sollen zudem zivile Mitarbeiter und Bundeswehrangehörige gemeinsam ihren Dienst tun. Die zivilen Beschäftigten werden zudem angehalten - wenn sie Karriere machen wollen - ihre Abteilungen regelmäßig zu wechseln.

Sparvorgaben: Auch de Maizière muss sparen - allerdings weniger hart als geplant. Zwar bleiben die Vorgaben bei 8,3 Milliarden Euro von 2011 bis 2015. Allerdings hat sich de Maizière mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) offenbar auf einen Finanzausgleich verständigen können, zumindest deutete dies der Minister bei seiner Rede in Berlin an. Er wies darauf hin, dass Kosten des Personalabbaus den Verteidigungsetat nicht belasten dürfen. Möglicherweise werden also solche Kosten wie Abfindungen oder Weiterbeschäftigung an anderer Stelle in den allgemeinen Haushalt verlagert. Die Einzelheiten werden erst im Juni feststehen, wenn der Bundeshaushalt vorgelegt wird.

Rüstung: Am Rüstungsetat will der Verteidigungsminister nicht rütteln. Auch künftig sollen jährlich 5,1 Milliarden Euro für Rüstung ausgegeben werden, sagte de Mazière. Der Minister will sich aber bei laufenden Beschaffungsprojekten bemühen, Spielräume zu bekommen, um derzeit gebundenes Geld für neue, zukunftsweisende Anschaffungen freizumachen. Deshalb werden alle Beschaffungsvorhaben, die noch nicht beschlossene Sache sind, auf den Prüfstand gestellt.

Standorte: Der dritte Teil der Reform erfolgt im Oktober. Dann entscheidet de Maizière, welche der etwa 400 Bundeswehrstandorte geschlossen werden sollen. Der Verteidigungsminister hatte vor wenigen Tagen erklärt, dass sich alle Ministerpräsidenten auf Standortschließungen in ihren Bundesländern einstellen müssten. Besonders betroffen könnte Bayern sein, das bislang gut von der Bundeswehr lebt, von den Soldaten und den üppigen Aufträgen für die Rüstungsfirmen. In Bayern werden Kampfhubschrauber gewartet, Drohnen entwickelt und Getriebe für Panzer gebaut. Auch der Bonner Standort des Verteidigungsministeriums kommt auf den Prüfstand. Die Aufteilung auf zwei Dienstsitze ist im Berlin-Bonn-Gesetz von 1994 geregelt. Die Expertenkommission zur Bundeswehrreform hatte vorgeschlagen, das Ministerium aus Spargründen im Wesentlichen nach Berlin zu verlegen.

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