Bundeswehr-Reform:Werben nach der Wehrpflicht

Die Bundeswehr könnte künftig auch für in Deutschland lebende Ausländer geöffnet werden. Dieses Vorhaben wird derzeit geprüft. Verkommen die Streitkräfte zur Söldnertruppe?

Joachim Käppner

Nein, es geht nicht um eine deutsche Fremdenlegion, in der sich Verhörspezialisten vom Balkan, polizeilich Gesuchte und andere dubiose Existenzen aus aller Welt sammeln. Auch nicht um eine hochbezahlte Söldnertruppe, die der deutschen Armee mal zeigen würde, was Profis so drauf haben.

Bundeswehr

Der Wegfall der Wehrpflicht zwingt das Verteidigungsministerium zu neuen Ideen. Womöglich wird die Armee bald auch Ausländern aus der EU offenstehen.

(Foto: dpa)

Auch werden nicht Heerscharen von Türken zur Bundeswehr einrücken, um dem wesentlich ruppigeren Wehrdienst daheim im wilden Kurdistan zu entgehen. Die Meldung, dass die Bundeswehr künftig verstärkt in Deutschland lebende Ausländer rekrutieren wolle, hatte am Wochenende Aufsehen erregt.

Der Sprecher von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Steffen Moritz, sagte am Montag in der Bundespressekonferenz, es werde derzeit geprüft, in welchem Umfang "und ob überhaupt" die Bundeswehr für ausländische Staatsangehörige grundsätzlich geöffnet wird. Bisher ist das Vorhaben nur einer von 82 Punkten eines "Maßnahmenpakets zur Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr", die ohnehin erst auf Stichhaltigkeit zu untersuchen sind. Es ist also ebenso gut möglich, dass die Bundeswehr sich gar nicht weiter für Ausländer öffnen wird.

Sollte dies aber doch einmal geschehen, dann wird nach SZ-Informationen keinesfalls daran gedacht, eine größere Zahl nichtdeutscher Soldaten einrücken zu lassen. Überspitzt gesagt: Keineswegs wird in den Panzergrenadierbattaillonen demnächst türkisch und bosnisch gesprochen, weil sich etwa kein Deutscher mehr fände, der diese körperlich fordernden Aufgaben übernehmen will. Es wird also nicht zugehen wie im Dreißigjährigen Krieg, als die sehr zu Recht gefürchteten kroatischen Söldner unter dem Banner des Kaisers in Wien ritten.

Die Berufsarmee der Zukunft wird gut ausgebildete Spezialisten brauchen

Eigentlich ist es gerade umgekehrt: Auch die Berufsarmee der Zukunft wird gut ausgebildete Spezialisten brauchen, doch sind diese nicht leicht zu bekommen. Ein IT-Fachmann wird auch Jobs in der Privatwirtschaft finden, noch dazu solche, die besser bezahlt und weniger gefährlich sind. Die Armee steht also mit den Unternehmen im Wettbewerb um die besten Köpfe - der Hintergrund des Auftrags, die Verwendung von Ausländern zu prüfen. Es wird dabei also nicht um große Zahlen gehen, sondern eher um Einzelfälle: Ärzte, Computerspezialisten, Top-Techniker, vielleicht Piloten.

Noch kann sich die Bundeswehr die Leute aussuchen. Auf 20.000 Stellen für Zeit- und Berufssoldaten kamen im vergangenen Jahr 42.600 Bewerber; bei den Offizieren waren 9600 auf 2000 Stellen. Allerdings wird das nicht so bleiben: Die Jahrgangsstärken sind rückläufig, vor allem aber wird der Truppe von diesem Jahr an das große Rekrutierungsreservoir der Wehrpflichtigen fehlen. Voraussichtlich wird die Bundeswehr - vorausgesetzt, es kommt überhaupt dazu - vor allem Bürgern aus anderen EU-Staaten offenstehen oder aus solchen mit ähnlichem Status, wie etwa der Schweiz.

Die größten Ausländergruppen in Deutschland kommen aber aus der Türkei, die nicht zur EU gehört, oder aus Ex-Jugoslawien, dort ist nur das kleine Slowenien Mitglied. Es gibt übrigens schon zahlreiche türkisch- oder bosnischstämmige Soldaten, meist junge Wehrpflichtige mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsbürgerschaft. Ihre Kenntnis der Sprache und der Mentalität des Einsatzlandes erwies sich während der Einsätze auf dem Balkan als sehr wertvoll.

Der Bundeswehrverband betrachtet den Ausländer-Prüfauftrag mit Skepsis. Vorsitzender Ulrich Kirsch sagte der SZ: "Die deutsche Staatsbürgerschaft ist wahrscheinlich das einzige Instrument, um das gegenseitige Treue- und Loyalitätsverhältnis in der Bundeswehr zu manifestieren. Ich kann mir den Einsatz ausländischer Soldaten nur außerordentlich schwer vorstellen."

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