Bundeswehr-Reform:Getarnt als großer Wurf

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Zwar ist die Abschaffung der Wehrpflicht beschlossen, aber der Umbau des Verteidigungsministeriums steht noch am Anfang. Viele Stellen werden nicht abgeschafft, sondern nur ausgelagert. Kann Guttenberg so seine Sparziele einhalten?

Peter Blechschmidt

Karl-Theodor zu Guttenberg will mal wieder mit gutem Beispiel vorangehen. Mit dem größten Umbau in der Geschichte der Bundeswehr beginnt er ganz oben - entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass beim Abspecken immer die Kleinen zuerst dran glauben müssen.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will beim Umbau der Bundeswehr an der Spitze der Verwaltung anfangen. Im Verteidigungsministerium sollen 1300 Stellen abgebaut werden. (Foto: dapd)

Als erste Reformbaustelle - wenn man von der Grundsatzentscheidung der Regierung absieht, die Wehrpflicht abzuschaffen und die Bundeswehr auf 185.000 Mann zu verkleinern - hat sich Guttenberg sein eigenes Haus vorgenommen. Noch sind das alles Vorschläge, die jetzt auf dem Tisch liegen. Doch in spätestens zwei Wochen will der Minister entschieden haben, wie er mit dem am Montag von seinem beamteten Staatssekretär Walther Otremba vorgelegten Plan für den Umbau des Ministeriums verfahren will.

So bedeutsam die Auswirkungen des Projekts für die unmittelbar betroffenen Mitarbeiter sein mögen - immerhin soll die Zahl der Bediensteten im Ministerium von derzeit 3100 auf 1800 reduziert werden, mehrere hundert werden in den nächsten drei Jahren von Bonn nach Berlin umziehen müssen-, so bleibt doch festzuhalten, dass es zunächst einmal "nur" um die Reorganisation einer obersten Bundesbehörde geht.

Die ganz großen Fragen der Bundeswehrreform sind mit dem Otremba-Papier nicht beantwortet. Als da sind: Welche Fähigkeiten werden die deutschen Streitkräfte künftig anbieten können? Wo wird die Bundeswehr noch mit Kasernen und Flugplätzen präsent sein? Wird die Berufsarmee ausreichend attraktiv sein für genügend Freiwillige? Und, das vor allem: Wie wird das alles finanziert?

In all diesen Punkten stehen Guttenberg noch harte Verhandlungen mit dem Finanzminister, mit dem Parlament und auch mit Ländern und Kommunen bevor. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel beobachtet sehr aufmerksam, was ihr Kabinettsstar so bewerkstelligt.

Das Konzept sei kein Entwurf einer großen Unternehmensberatung à la McKinsey, heißt es in der Führungsetage des Ministeriums. Auch werden die Empfehlungen, welche die Reformkommission unter Leitung des Chefs der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, im vorigen Jahr abgegeben hat, nicht eins zu eins umgesetzt. Vielmehr seien die Vorschläge aus dem Haus heraus entwickelt worden und würden von der Zustimmung der meisten Beteiligten getragen, versichert man im Bendler-Block, dem Berliner Sitz des Ministeriums.

Gewisse Zweifel an dieser Aussage sind berechtigt. Bei der Vorstellung der Pläne durch Guttenberg und Otremba vor dem Personal am Montag soll es keine laute Kritik gegeben haben; Fragen waren allerdings auch nicht zugelassen. Noch Mitte Januar hatte die Gruppe der Soldaten im Personalrat einen Mangel an Beteiligung kritisiert und die Erfolgschancen der Reform in Frage gestellt.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, beklagt seiner Rolle gemäß, die von Guttenberg als größte Reform in der Geschichte der Bundeswehr angekündigte Operation verkomme zu einer reinen Verwaltungsreform. In der Tat werden zunächst viele Kompetenzen neu verteilt und Planstellen verschoben.

Die versprochene Reduzierung der Ministeriumsstellen bedeutet nicht, dass die wegfallenden Dienstposten tatsächlich alle eingespart werden. Viele werden unter neuem Namen in einer neuen Behörde wieder auftauchen. Dennoch bleibt für Guttenberg der Auftrag, neben 65.000 Soldatenstellen auch mindestens 10.000 bis 15.000 Posten für Beamte und Zivilangestellte abzuschaffen.

Wer in einem Ministerium wo für welche Aufgaben Verantwortung trägt, ist für die Öffentlichkeit relativ uninteressant. Die Bürger wollen, dass ihre Interessen gut vertreten und ihre Steuergroschen sinnvoll ausgegeben werden. Ob das Ministerium diesem Anliegen in seiner künftigen Struktur besser gerecht wird als bisher, lässt sich anhand des Otremba-Papiers nur schwer beurteilen.

Viele Fachleute in Politik und Militär verweisen auf eine Reihe von Punkten, die noch heftige Debatten auslösen könnten.

Zweifel gibt es zum Beispiel an der angeblichen Stärkung der Rolle des Generalinspekteurs. Große Fragezeichen stehen auch hinter der künftigen Organisation von Rüstungsprojekten. Planung und Abwicklung von Beschaffungsvorhaben liegen künftig in getrennten Händen.

Eine andere Frage ist, wie die Zuständigkeit des Einsatzführungskommandos in Potsdam für die operative Abwicklung der Bundeswehreinsätze sauber von der Einsatzplanung und -überwachung abgegrenzt werden kann, die auch künftig unter der Verantwortung des Generalinspekteurs im Ministerium angesiedelt sein soll.

Sogar verfassungspolitischen Sprengstoff könnte die - rein fachlich möglicherweise berechtigte - Absicht bergen, die bisherige strikte Trennung zwischen zivilen und militärischen Dienstposten aufzuheben. "Dienstposten, die für militärische wie zivile Mitarbeiter gleichermaßen offen stehen, werden die Regel sein", heißt es in dem Otremba-Papier. Zugespitzt kommentiert dies ein langjähriger Kenner des Apparats so: "Dann kann künftig ein Zivilist Generalinspekteur und ein General Staatssekretär sein."

© SZ vom 09.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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