Bundeswehrreform:Richtig rüsten

Kramp-Karrenbauer will UN-Einsatz in Syrien

Annegret Kramp-Karrenbauer beim Truppenbesuch im nordirakischen Bnaslawa.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

"Unterfinanziert" und "nicht ausreichend vorbereitet": Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer dringt in einem Positionspapier auf deutlich mehr Rückhalt für die Truppe.

Von Mike Szymanski, Berlin

Siebeneinhalb Monate verbleiben noch bis zur Bundestagswahl - Monate, die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) für eine Grundsatzdebatte über die Bundeswehr nutzen will. Gemeinsam mit dem ranghöchsten Soldaten der Bundeswehr, Generalinspekteur Eberhard Zorn, hat sie ein Positionspapier vorgelegt, in dem sich beide für Reformen bei den Führungsstrukturen, bei der politischen Planung und der Beschaffung aussprechen.

"Wir dürfen nicht einfach die Streitkräfte der Vergangenheit vergrößern, sondern müssen jetzt die Weichen richtig stellen, um Kräfte, Fähigkeiten und Strukturen auf die Zukunft auszurichten", heißt es in dem Papier. Gleichzeitig räumen die Autoren ein, dass trotz zusätzlicher Milliarden seit Jahren die Bundeswehr "weiterhin unterfinanziert" und auf kommende Bedrohungen "nicht ausreichend vorbereitet" sei. Man habe die Truppe in der Vergangenheit einseitig auf Auslandseinsätze im internationalen Krisenmanagement ausgerichtet.

Kramp-Karrenbauers Vorstoß, die Bundeswehr stärker ins Zentrum der politischen Debatte zu rücken, hatte sich seit einiger Zeit angedeutet. Im Herbst war eine Reihe großer Beschaffungsvorhaben gescheitert, zum Beispiel hatte das Ministerium für neue Transporthubschrauber zu wenig Geld eingeplant, um seine Ansprüche an die Helikopter einlösen zu können. Auf ein neues Sturmgewehr muss die Truppe länger warten, weil das Beschaffungsamt nicht früh genug die schwelenden Patentrechtskonflikte erkannt hatte. Die geplante Bewaffnung von Drohnen wiederum scheiterte am Widerstand des Koalitionspartners SPD.

Zusätzliche Sorgen macht der Verteidigungsministerin die Corona-Krise. Kramp-Karrenbauer geht davon aus, dass die Spielräume des Verteidigungsministeriums durch die finanziellen Folgen der Pandemie enger werden. Nicht alles, was wünschenswert wäre, könne angeschafft werden.

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung führte sie aus, dass ein "digitales Führungssystem möglicherweise entscheidender sein kann als ein Panzer". Priorisieren heiße aus Sicht des Ministeriums aber "gerade nicht: Antreten zum Sparkurs", erläutert das Positionspapier. Aus den Reihen der Regierung müsse mehr Unterstützung für die Bundeswehr kommen. Kramp-Karrenbauer und Zorn beschreiben die Verteidigung als eine "gesamtstaatliche Aufgabe", die sich nicht allein im Verteidigungshaushalt niederschlagen könne. Das zeige sich etwa an internationalen Rüstungskooperationen wie bei der Entwicklung eines neuen Kampfflugzeuges, maßgeblich zusammen mit Frankreich. Forschung und Industriepolitik spielen eine entscheidende Rolle bei diesem Projekt.

Deutschland müsse "einen seiner Lage und Leistungsfähigkeit entsprechenden Beitrag für Sicherheit und Frieden leisten - auch im militärischen Bereich", fordert die Ministeriumsführung in dem Schreiben. In der Ostukraine, in Syrien, in Libyen oder im Konflikt um Bergkarabach habe sich gezeigt, wie "das Militärische vielerorts wieder als oberstes Mittel zur Konfliktlösung angesehen" werde. Deutschland aber sei gegen moderne Waffensysteme wie Drohnen oder "Killer-Satelliten" teilweise nur schlecht gewappnet.

Die Bundesverteidigungsministerin äußert zudem die Erwartung, dass sich militärisch schwächere Partner auf Deutschland stützen können sollten. "Hieraus erwächst die Notwendigkeit, die Bundeswehr breit aufzustellen, damit sie in allen militärischen Bereichen für unsere Partner andockfähig ist." Kramp-Karrenbauer betont, die Verbündeten würden erwarten, dass sich Deutschland bei der Finanzierung der Streitkräfte an das Zwei-Prozent-Ziel halte. Demzufolge sollen sich alle Alliierten bis 2024 darauf zubewegen, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Streitkräfte auszugeben.

Konkrete Vorschläge zur Reform der Bundeswehr will Kramp-Karrenbauer im Mai vorlegen. In der FAZ kündigte sie an, nach der Bundestagswahl Verteidigungsministerin bleiben zu wollen - wenn Wahlergebnis und Koalitionsverhandlungen es erlauben.

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