Verteidigungsetat:Pistorius will zehn Milliarden pro Jahr mehr für die Bundeswehr

Verteidigungsetat: Verteidigungsminister Boris Pistorius fordert wesentlich mehr Geld für sein Ressort.

Verteidigungsminister Boris Pistorius fordert wesentlich mehr Geld für sein Ressort.

(Foto: Chris Emil Janssen/Imago)

Der neue Verteidigungsminister hat bei Finanzminister Lindner hinterlegen lassen, dass er deutlich mehr Geld braucht. Auf allen Ebenen steigen die Kosten durch den Krieg.

Von Markus Balser und Georg Ismar, Berlin

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) macht Druck, um den Wehretat deutlich zu erhöhen. Er fordert zehn Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr im Jahr, unabhängig vom Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro. Das wurde der Süddeutschen Zeitung in Regierungskreisen bestätigt. Der jährliche Etat solle in den kommenden Jahren dauerhaft auf 60 Milliarden Euro angehoben werden. Sonst sei die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) versprochene Modernisierung der Bundeswehr nicht zu stemmen, hätten seine Beamten in Etatgesprächen mit dem von Christian Lindner (FDP) geführten Finanzressort betont, berichtete der Spiegel.

Der Verteidigungsetat ist nach dem Etat des Arbeits- und Sozialministeriums der zweitgrößte im Bundeshaushalt. Im laufenden Jahr steigen die Ausgaben im Zuge der Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine bereits um 2,76 Milliarden auf rund 50,1 Milliarden Euro. Das umfasst unter anderem 182 715 Planstellen für Berufs- und Zeitsoldaten, Ausgaben für bis zu 12 500 freiwillig Wehrdienstleistende und für den Reservistendienst, zudem für knapp 76 000 zivile Beschäftigte. Pistorius hält wegen der neuen Herausforderungen für die Bundeswehr auch das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für nicht mehr ausreichend.

Die interne Einkaufsliste ist lang

"Die 100 Milliarden werden nicht reichen", hatte er kurz nach seinem Dienstantritt der Süddeutschen Zeitung gesagt. Über diesen Topf soll vor allem neues Gerät angeschafft werden, der Druck ist durch die Abgaben an die Ukraine noch einmal gewachsen. So werden nun auch noch 14 Leopard-2-Kampfpanzer vom Typ A6 abgegeben, zudem sollen neue Kampfjets und das Luftverteidigungssystem Iris-T SLM gekauft werden. "Wir haben mit jedem neuen System auch neue Unterhaltungskosten. Mit jedem neuen Gerät entstehen also neue und höhere laufende Kosten", betonte Pistorius.

Auf der internen Liste der geplanten Neuanschaffungen stehen unter anderem 14 neue Panzerhaubitzen 2000 und fünf Mehrfachraketenwerfer Mars II, 50 Dingo-Transportfahrzeuge, 500 Stinger-Flugabwehrraketen, 100 000 Handgranaten, 22 Millionen Schuss Handmunition, und 28 000 Gefechtshelme. Wegen der Inflation und der gestiegenen Produktionskosten wird die Wiederbeschaffung jedoch teurer ausfallen als die damaligen Käufe.

Da auch die Munitionsbeschaffung sehr teuer wird - von rund 20 Milliarden Euro ist die Rede - und zudem wegen der sicherheitspolitischen Risiken der Zeitdruck groß ist, setzt Pistorius auf eine enge Kooperation mit der Rüstungsindustrie.

Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni fordert hier mehr Tempo, um zum einen die Ukraine weiter und dauerhaft zu unterstützen, zum anderen, um die Bestände der Bundeswehr rasch wieder auffüllen und die Truppe modernisieren zu können. "Die Rüstungsindustrie der europäischen Nato-Staaten muss ihre Kapazitäten hochfahren", sagte sie der SZ. Etwa bei der Produktion von Munition. "Wir müssen darüber sprechen, welchen Bedarf es in den nächsten Jahren gibt. Wichtig wäre eine Koordinierung wie im Ramstein-Format."

Kommende Woche kommt es zu einem weiteren Treffen der im Ramstein-Format organisierten Unterstützerstaaten der Ukraine, zudem treffen sich die Nato-Verteidigungsminister in Brüssel am 14. und 15. Februar. Nanni betonte, auch nach einem möglichen Waffenstillstand müsse man dafür sorgen, dass sich die Ukraine verteidigen könne, um gegen neuerliche Aggressionen Russlands gewappnet zu sein. "Wir sprechen hier über ein Projekt für die nächsten zehn, 15 oder auch 20 Jahre."

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