Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr:Nichts wie weg aus der Türkei

  • Die SPD-Fraktion fordert den Abzug der Bundeswehr vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik.
  • Die Union sieht für einen Abzugsbeschluss im Bundestag dagegen noch keine Eile - und verweist auf Außenminister Gabriel und seine bevorstehende Reise in die Türkei.
  • Im Verteidigungsministerium bereitet man sich dennoch bereits auf einen möglichen Abzug aus Incirlik vor.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die SPD-Bundestagsfraktion verlangt den Abzug der Bundeswehr vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Die Abgeordneten billigten am Dienstag ohne Gegenstimme einen Beschlusstext, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, "unverzüglich" die Verlegung einzuleiten. Außerdem solle Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) "sofort" einen Plan für den Abzug vorlegen. Die Sozialdemokraten reagieren damit darauf, dass die Türkei Bundestagsabgeordneten nicht erlaubt, die deutschen Soldaten zu besuchen.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, das Votum seiner Abgeordneten sei "keine Entscheidung gegen die Türkei, es ist vielmehr eine Entscheidung für unsere Verfassung und für unsere Soldaten". Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee und werde nur nach Beschluss der Abgeordneten im Ausland eingesetzt. Deswegen sei es wichtig, dass die Soldaten von den Abgeordneten besucht werden könnten.

Die CDU will noch abwarten

In der Spitze der Unionsfraktion reagierte man mit Verwunderung auf die SPD-Entscheidung. Dort wurde darauf verwiesen, dass Außenminister Sigmar Gabriel, also ein Sozialdemokrat, demnächst zu Gesprächen in die Türkei fliegen wolle und man dies abwarten sollte. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, die Union wolle "dem deutschen Außenminister nicht in den Rücken fallen, der gesagt hat, er wolle einen letzten Verhandlungsversuch unternehmen".

Ähnlich äußerte sich der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU). Er verwies darauf, dass ein Abzug aus Incirlik außerdem "Wochen und Monate" dauern würde und die Verteidigungsministerin bereits einen möglichen Umzug der Soldaten nach Jordanien vorbereite. Insofern bestehe für einen Abzugsbeschluss im Bundestag keine Eile.

Merkel: Es ist "vollkommen unbestritten", dass die Abgeordneten Zugang zu den Soldaten bekommen müssen

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, für sie sei "vollkommen unbestritten", dass die Abgeordneten Zugang zu den Soldaten bekommen müssen. Die Unionsfraktion sei aber dafür, dass man die Gespräche des Außenministers "noch abwarten sollte". Eine Entscheidung könne dann "in Richtung der nächsten Sitzungswochen" des Bundestages fallen.

Die SPD-Fraktion geht in ihrem Antrag zwar auf die geplante Gabriel-Reise ein, allerdings ohne den Außenminister beim Namen zu nennen. In dem Beschluss heißt es: "Gleichwohl begrüßen wir weitere hochrangige Gespräche zwischen der deutschen und der türkischen Regierung, um grundsätzliche Regelungen für parlamentarische Truppenbesuche zu finden."

Sollten die beiden Koalitionsfraktionen im Bundestag doch noch gemeinsam einen Entschließungsantrag für einen Abzug beschließen, hätte das keine unmittelbare Wirkung. In Entschließungen kann der Bundestag seine Auffassung zu politischen Fragen zum Ausdruck bringen oder die Regierung zu einem bestimmten Verhalten auffordern. Rechtsverbindlich sind diese Entschließungen aber nicht. Allerdings kann es sich eine Regierung politisch nicht erlauben, derartige Anträge einfach zu ignorieren. Im Verteidigungsministerium bereitet man sich deshalb bereits auf einen Abzug aus Incirlik vor.

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SZ vom 31.05.2017/fie
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