Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr:Neue Belege für rechte Umtriebe bei der Bundeswehr

  • Die Bundesanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen gegen Franco A. - der Bundeswehr-Offizier steht im Verdacht, einen Anschlag geplant zu haben.
  • Nun haben Fahnder in der Kaserne Illkirch auch ein Sturmgewehr mit Hakenkreuz gefunden.
  • Verteidigungsministerin von der Leyen hat eine für diesen Mittwoch geplante USA-Reise abgesagt.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Der Fall des unter Terrorverdacht festgenommenen Bundeswehroffiziers zieht weitere Kreise. Das Wehrressort informierte am Dienstag den Verteidigungsausschuss darüber, dass Ermittler der Bundeswehr am Standort des Soldaten in Illkirch "Hinweise auf rechtes und völkisches Gedankengut" gefunden hätten. Zudem gebe es "Anhaltspunkte für einen möglichen Munitionsverlust/Diebstahl" im Zusammenhang mit dem Oberleutnant.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernahm die Ermittlungen. Es bestehe ein Anfangsverdacht der Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat, sagte ein Sprecher. Der Offizier hat offenbar eine Liste mit möglichen Anschlagsopfern geführt, auf der nach Medienberichten auch der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck sowie Justizminister Heiko Maas (SPD) standen. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass sich der 28-Jährige eine zweite Identität als syrischer Flüchtling zugelegt hatte. Bei einem mutmaßlichen Komplizen wurden unter anderem Granaten und Handfeuerwaffen gefunden. Ende vergangener Woche hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker angewiesen, das Umfeld des Verdächtigen zu beleuchten, was die Standorte Illkirch, Schwarzenborn, Munster und Hammelburg umfasste.

Am Dienstag übersandte das Verteidigungsministerium dem Ausschuss Bildmaterial mit Fundstücken aus Illkirch. Abgebildet ist etwa das Gehäuse eines Sturmgewehrs G36, in das ein Hakenkreuz eingeritzt ist. Außerdem fanden die Ermittler eine Kritzelei, die "H...H" (mutmaßlich für "Heil Hitler") oder auch "H...J" heißen könnte sowie die gerahmte Abbildung eines Wehrmachtssoldaten, verbunden mit der Klage, dass Soldaten in guten Zeiten "schlecht behandelt" würden. Von der Leyen sagte eine für diese Woche geplante USA-Reise ab und will stattdessen an diesem Mittwoch mit Wieker nach Illkirch reisen. Zudem wurden Details zu der Masterarbeit bekannt, die der Verdächtige 2013 an der französischen Militärakademie Saint-Cyr verfasst hatte. Ihre rechtsextremistischen Inhalte waren aufgefallen, was aber nicht zu Konsequenzen führte. Der Student schrieb von einem "Genozid" an den westlichen Gesellschaften: Die "massive Einwanderung" führe "zum Untergang der betroffenen Völker". Unterdessen hielt die Kritik an von der Leyen an, die der Bundeswehr "Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen" attestiert hatte. Neben dem Wehrbeauftragten und dem Bundeswehrverband äußerte sich auch Koalitionspartner SPD, der von der Leyen vorwarf, "Hunderttausenden Soldaten in den Rücken" zu fallen. Die Ministerin sagte am Abend, sie habe "immer die Gesamtverantwortung", und diese nehme sie auch an. "Vielleicht hätte ich früher tiefer graben müssen", räumte sie ein und kündigte eine rigorose Aufklärung der Affären an. "Das Dunkelfeld auszuleuchten, das wird mühsam, das wird schmerzhaft, das wird nicht schön werden."

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SZ vom 03.05.2017/lalse/stein
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