Bundeswehr:Eigentlich kann sich kein Staat in Europa mehr eine Alleskönner-Armee leisten

Eigentlich kann es sich kein Staat in Europa mehr leisten, solche Alleskönner-Armeen zu unterhalten. Stattdessen müsste man sich verständigen, welche nationale Armee sich worauf spezialisieren soll - zumal niemand so genau weiß, wie die Einsätze der Zukunft aussehen, was man besonders dringend benötigen wird. Und tatsächlich gibt es Ansätze, Kooperationen - doch zumindest die größeren Nationen sind noch nicht bereit, militärische Fähigkeiten und damit Souveränität aufzugeben.

Wie wenig von echter Zusammenarbeit die Rede sein kann, zeigt das Beispiel der Kampfdrohnen. Erst haben die Europäer die Entwicklung verschlafen, nun wollen sie gemeinsam eine Drohne bauen, was aber dauern wird. In der Zwischenzeit besorgen sich die einzelnen Staaten aus den USA oder Israel das Modell, das ihnen am besten ins Konzept passt.

Möglicherweise wird es nie eine europäische Armee geben, in jedem Fall ist der Weg noch sehr lang. Trotzdem muss man ihn weitergehen. Denn Breite vor Tiefe führt in die Mangelverwaltung. Für Breite und Tiefe hingegen fehlt das Geld. Oder der politische Wille, es auszugeben.

Wobei man schon die jetzige Bundeswehr mit ihren 75 Prozent Panzerausstattung kaum ohne zusätzliches Geld erhalten kann. An dieser Stelle folgt stets der Einwand, das Ministerium habe es aber in den letzten Jahren nicht geschafft, das bewilligte Geld auszugeben - stattdessen seien Milliarden zurückgeflossen.

Der öffentliche Umgang mit dem Thema Bundeswehrfinanzierung ist schizophren

Das ist einerseits richtig, führt aber andererseits in die Irre: Nicht ausgeschöpft wurden die Mittel für Neubeschaffungen, unter anderem wegen Verzögerungen in der Produktion. Doch erstens wird das Geld in den kommenden Jahren noch fällig, und zweitens ist viel zu wenig Geld dafür da, das bereits vorhandene Material zu erhalten. Klingt öde, ist aber essenziell, wenn man nicht ständig kaputte Flugzeuge, Hubschrauber oder Schiffe melden will.

Der öffentliche Umgang mit diesem Thema ist schizophren: Man gießt Spott und Häme über die marode Truppe aus, winkt aber empört ab, wenn es darum geht, die aktuellen Zustände mit mehr Geld zu verbessern. Die Frage, welche Bundeswehr man braucht und will, geht deshalb nicht nur die Fachöffentlichkeit an. Sondern auch diejenigen, die mit der Truppe am liebsten nichts zu tun hätten.

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