Deutschland wird mehr Zeit als angekündigt brauchen, um seine militärischen Beiträge zur Verteidigung im Nato-Bündnis zu leisten. Das räumte der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, in einem Interview mit der Welt am Sonntag ein. Auf die Frage, ob es militärische Fähigkeiten gebe, die von der Bundesregierung zugesagt wurden, aber nun voraussichtlich erst später zur Verfügung gestellt werden könnten, antwortete er: "Die gibt es." Um welche Fähigkeiten es sich dabei im Einzelnen handelt, wollte er nicht sagen. Er begründete dies damit, dass ein Gegner von solchen Erkenntnissen profitieren könne. Die deutschen Streitkräfte steckten - ebenso wie die Nato -in einer Phase des Umbruchs, sagte Breuer. Er fügte hinzu: "Zur Ehrlichkeit gehört auch der Satz: Das wird jetzt noch mal ein bisschen rumpeln - aber im positiven Sinne."
Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, diese Aussagen Breuers machten ihn fassungslos. Zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und zwei Jahre nach der erklärten Zeitenwende "erklärt der oberste militärische Berater der Bundesregierung, dass Deutschland im Bündnis im Grunde genommen blank dasteht", kritisierte der Verteidigungspolitiker.
Es gehe darum, den Gegner von einem Angriff abzuhalten
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mahnte in der Welt am Sonntag, Russland richte gerade seine gesamte Wirtschaft auf Krieg aus, deshalb "müssen wir auch mehr für unsere Sicherheit tun". Die Bundeswehr muss aus Sicht ihres Generalinspekteurs deshalb in fünf Jahren kriegstüchtig sein. Erstmals seit Ende des Kalten Krieges werde ein möglicher Krieg von außen vorgegeben. "Wenn ich den Analysten folge und sehe, welches militärisches Bedrohungspotenzial von Russland ausgeht, dann heißt das für uns fünf bis acht Jahre Vorbereitungszeit." Das heiße nicht, dass es dann Krieg geben werde - aber er sei möglich. "Und weil ich Militär bin, sage ich: In fünf Jahren müssen wir kriegstüchtig sein."

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Es gehe am Ende darum, sich verteidigen zu können und dadurch für einen Gegner das Risiko so hoch anzusetzen, dass er sich gegen einen Angriff entscheide. "Das ist Abschreckung. Für mich ist das Sondervermögen schon ein Ausdruck dessen, dass das in der Politik angekommen ist." Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte im November in neuen "Verteidigungspolitischen Richtlinien" "Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime" bezeichnet.