Bundeswehr:Jenseits der Symbole 

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Frankreichs Präsident Hollande fordert während des Besuchs von Angela Merkel in Paris mehr deutsches Engagement im Kampf gegen den "Islamischen Staat". Die Bundeskanzlerin scheint dieser Bitte nachkommen zu wollen.

Von S. Braun, L. Klimm, Paris/Berlin

Starke Bilder allein reichen nicht mehr. Nach den Attentaten von Paris im Januar hatte es diesen Schnappschuss gegeben: Die deutsche Kanzlerin lehnte sich mit geschlossenen Augen an den französischen Präsidenten. Heute aber - nach den neuen, noch mörderischeren Pariser Anschlägen vom 13. November - genügen Symbole nicht. Als Angela Merkel am Mittwochabend nach Paris kam, legte sie zuerst eine Blume am Ort der Gräueltaten im Osten der Stadt nieder. Für ihren Gastgeber François Hollande aber zählte vor allem, was sie bei ihrem anschließenden Auftritt im Elysée-Palast sagen würde. Und das war mehr als das Bekenntnis, dass Deutschland an Frankreichs Seite gegen den Terror steht: Merkel ließ erkennen, dass sie bereit ist, noch mehr militärische Hilfe gegen islamistische Terroristen zu stellen als ihre eigene Regierung noch am Mittwochvormittag in Berlin angekündigt hat. " Wir diskutieren in Europa oft sehr lange, aber die Ereignisse zeigen uns: Wir müssen handeln und aufhören zu reden", sagte sie über den Kampf gegen den Terrorismus. Das war ihre Reaktion auf die höfliche, aber unverblümte Aufforderung, die Hollande unmittelbar davor an sie gerichtet hatte - und damit an Deutschland, das Land, das in Sonntagsreden stets als engster Verbündeter gepriesen wird: Er sei dankbar, so Hollande, dass sich die Bundeswehr mit deutlich mehr Soldaten zur Abwehr der Islamisten im nordafrikanischen Mali engagieren werde, um so französische Streitkräfte zu entlasten. "Aber ich wünsche, dass Deutschland sich noch darüber hinaus engagieren kann, auch in Syrien." Eine Unterstützung der Luftangriffe in Syrien und im Irak durch deutsche Aufklärungstornados forderte Hollande zumindest öffentlich nicht ein. Darüber war zuvor am Mittwoch in Berlin spekuliert worden. Doch Hollande könnte sich diese brisante Bitte für das anschließende Abendessen mit der Kanzlerin aufgehoben haben. Am Vormittag hatte Merkel im Bundestag erklärt, wenn zusätzliches Engagement notwendig werden sollte, werde man das "nicht von vornherein ausschließen". Ihre Vorsicht machte deutlich, wie heikel die französische Bitte um Solidarität für Berlin noch werden dürfte. Das jedenfalls könnte auch der Grund dafür sein, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen schon am Mittwochvormittag ankündigte, den Einsatz in Mali aufzustocken. Für Paris kommt die Ankündigung nicht überraschend. Schon in der vergangenen Woche, als von der Leyen bei ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian in Paris war, hatte sie das erweiterte Engagement angekündigt.

Bislang ist Deutschland mit etwa 200 Soldaten am EU-geführten Ausbildungseinsatz in Mali beteiligt. Außerdem sind zehn Soldaten im Rahmen der UN-Stabilisierungsmission Minusma in Mali stationiert. Mit der Entscheidung, die von der Leyen nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses im Bundestag verkündete, wird auch das Parlament über den Mali-Einsatz neu entscheiden müssen. Die bisherige Obergrenze für beide Einsätze liegt bei zusammen 500 Soldaten. Will von der Leyen wie geplant die Zahl aufstocken, muss der Bundestag zustimmen.

Rund 200 deutsche Soldaten bilden in Mali derzeit Sicherheitskräfte aus. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Das freilich ist auch deshalb sinnvoll, weil es nicht nur um eine Ausweitung der Zahl der Soldaten geht. Künftig soll die Bundeswehr auch im unruhigeren Norden Malis eingesetzt werden. Vor allem dort waren bislang die Franzosen engagiert. Wer sie entlasten will, muss also den Einsatz Richtung Norden ausweiten. Geplant ist, zusammen mit niederländischen Truppen in der Stadt Gao zusammenzuarbeiten. In der großen Koalition dürfte die Entscheidung trotzdem unstrittig sein. Schon im Vorfeld der Ankündigung vom Mittwoch hatten der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und der verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Rainer Arnold, einer möglichen Ausweitung zugestimmt.

Mali wird überdies nicht das einzige Land bleiben, in dem die Regierung auf die wieder wachsenden Bedrohungen in der Region reagieren will. Von der Leyen kündigte an, auch bei der Ausbildung der kurdischen Peschmerga im Nordirak den Einsatz noch mal zu verstärken. Vergrößert werden soll zudem der Ausbildungseinsatz in Afghanistan.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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