Die Sache geht gleich mal gut los. Landung in Gao, Mali, die Soldaten steigen aus dem Flugzeug, und der "Schweiß fließt", wie Hauptfeldwebel Peter lapidar feststellt. Es folgt die Begrüßung im Camp: "Herzlich willkommen in Gao", sagt der Soldat, der die Kameraden aus Deutschland in Empfang nimmt. "Es ist alles nicht so schlimm, wie man's hört. Es ist schlimmer." Kurze Pause, Zusatz: "Und heute ist es kühl." Nur 44 Grad Celsius.
Zu sehen sind diese Szenen in Folge zwei ("Die Ankunft in Gao") einer neuen Youtube-Serie, mit der die Bundeswehr von Montag an Einblicke in den Alltag der Truppe gewährt - und natürlich vor allem potenzielle Bewerber anlocken will. Die Bundeswehr soll in den nächsten Jahren wachsen, auf eine Zielgröße von fast 200 000 Soldaten, doch sie befindet sich in harter Konkurrenz zur Wirtschaft, aber auch zum sonstigen öffentlichen Dienst, etwa zur Polizei - und das angesichts kleiner werdender Jahrgänge. Da muss die Truppe, zumal nach dem Wegfall der Wehrpflicht, neue Wege gehen.
Sie hat damit bereits vor einiger Zeit angefangen, etwa mit der Youtube-Serie "Die Rekruten", die junge Soldaten in der Grundausbildung begleitete und sich mit etwa 270 000 Abonnenten, millionenfachen Klicks und diversen Preisen zum Überraschungserfolg entwickelte. Laut Bundeswehr gingen während der Ausstrahlung 21 Prozent mehr Bewerbungen für die Laufbahnen der Mannschaften und Unteroffiziere ein als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Nun also die Nachfolge-Serie: "Mali".
"Eine Art diffuse Scheu" vor Auslandseinsätzen
Bis Anfang Dezember sollen etwa 40 Folgen zwischen fünf und zehn Minuten bei Youtube eingestellt werden. Von der Vorbereitung und Verabschiedung in Deutschland bis zur Nachbereitung zurück in der Heimat werden acht Protagonisten durch ihren Einsatz im Rahmen der UN-Mission Minusma begleitet, den derzeit wohl gefährlichsten der Truppe. Ergänzend schickt ein sogenannter Chatbot, ein automatisiertes Dialogsystem, den Fans der Serie täglich Nachrichten, Videos oder Bilder.
Warum Mali, warum der Fokus auf den Einsatz? "Unter denjenigen potenziellen Bewerbern, die eher skeptisch sind, sich bei der Bundeswehr zu bewerben, liegt das vor allem am Thema Auslandseinsatz", sagt Dirk Feldhaus, im Verteidigungsministerium verantwortlich für die Arbeitgeberkommunikation und Personalwerbung. "Es gibt hier eine Art diffuse Scheu davor, weil die allermeisten nicht so genau wissen, was da eigentlich passiert." Man wolle "den Einsatz zeigen, wie er ist, also auch die Routine und den Alltag im Camp". Schließlich kämen die Einsätze medial sonst nur dann vor, "wenn etwas passiert oder etwas nicht funktioniert".
Weil es bei der Bundeswehr allerdings öfter mal vorkommt, dass etwas nicht funktioniert, kommt auch "Mali" nicht darum herum - etwa in Folge neun: "Die Dieselkrise". Im Juni war es, als im Camp Castor der Sprit zur Neige ging. Es musste gespart werden, die Klimaanlagen wurden abgeschaltet. In der Dieselkrisen-Folge ist einer der Protagonisten zu sehen, der nachts in der Hitze nicht schlafen kann. Wie sich das anfühle? "Beschissen. Hab' noch nie in meinem Leben so geschwitzt."
Werbung für die Bundeswehr wird stets besonders kritisch beäugt: Wird da der Einsatz von Waffengewalt verharmlost oder gar verherrlicht? Im Fall der "Rekruten" wandten Kritiker ein, die Bundeswehr werde als großer Abenteuerspielplatz dargestellt - ausgeblendet werde hingegen, worum es beim Soldatenberuf in letzter Konsequenz nun einmal gehe: im Extremfall das eigene Leben aufs Spiel zu setzen. Und bereit zu sein, Menschen zu töten.
Die Bundeswehr wird es nie allen recht machen
Auch "Mali" ruft schon vor dem Start Kritiker auf den Plan: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft monierte, der Trailer sehe abermals nach "Abenteuerspielplatz" aus. Außenpolitische Hintergründe fehlten.
Allerdings wird die Bundeswehr es ohnehin nie allen recht machen können. In Folge acht ("Raus zum Schießen") wird gezeigt, wie die Soldaten routinemäßig mit ihren Waffen üben. Es wird Kritiker geben, die das als Ballerei-Verherrlichung angreifen. Allerdings gehört das Schießen eben dazu. Und hätte man es weggelassen, hätte man sich abermals dem Vorwurf der Weichzeichnerei ausgesetzt.
Ob es der Serie gelingt, ein authentisches Bild des Einsatzes zu vermitteln und zugleich Bewerber anzulocken, wird man erst beurteilen können, wenn alle Folgen veröffentlicht sind. In den wenigen Folgen, welche die SZ vorab sehen konnte, wird von der Hitze bis zum Nachtalarm ein wohl recht realistisches Bild gezeigt. Auch der tödliche Absturz eines Tiger-Hubschraubers Ende Juli soll thematisiert werden.