Bundeswehr in Afghanistan:Struck plädiert für Gespräche mit Taliban
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Die Soldaten in Afghanistan leben gefährlich. Während SPD-Politiker Struck Gespräche mit "gemäßigten Taliban" empfiehlt, fordert die militärische Führung mehr Befugnisse.
Angesichts der zunehmenden Gewalt gegen deutsche Bundeswehrsoldaten plädiert SPD-Fraktionschef Peter Struck für Verhandlungen mit den gemäßigten Taliban.
"Ich habe in Kundus schon mit Taliban gesprochen, wir müssen alle einbeziehen - jedenfalls die gemäßigten Taliban", sagte der frühere Verteidigungsminister dem Spiegel. Ausschließen würde er Gespräche mit Leuten wie dem untergetauchten Taliban-Führer Mullah Omar. "Ich habe mir seinen Lebenslauf angesehen. Das ist ein Massenmörder."
Auch das Nachbarland Afghanistans, Pakistan, müsse eingebunden werden.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) betonte trotz der jüngsten Ereignisse in der tageszeitung: "Wir haben schon viel erreicht". Sobald Afghanistan an die Taliban zurückfalle, habe das auch Terror für die Welt zufolge. Die Bundeswehr sorge deshalb auch "unmittelbar für die Sicherheit der deutschen Bevölkerung". Der Bundestag entscheidet am Donnerstag über die deutsche Beteiligung am Einsatz von Nato-Aufklärungsflugzeugen vom Typ AWACS in Afghanistan.
Die militärische Führung der Bundeswehr drängt unterdessen auf weitergehende Befugnisse für die Truppe. Nach Informationen des Focus beklagte Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan im Kreis der Inspekteure, dem "Militärischen Führungsrat", die "sehr restriktive Auslegung" der Rechtslage beim deutschen Einsatz.
Die Soldaten müssten auch aktiv gegen erkannte Aufständische vorgehen können, "um nicht immer auf die Schlachtbank geführt zu werden". Neue Vorschriften seien allerdings Sache der politischen Führung, sagte der General nach Angaben von Teilnehmern.
Der Linke-Fraktionschef Gregor Gysi und der Vizefraktionschef der Grünen, Hans-Christian Ströbele, forderten die sofortige Beendigung des Einsatzes. "Wir dürfen mit dem Abzug aus einem immer sinnloseren Abnutzungskrieg nicht warten bis irgendwann in vielen Jahren", schreibt Ströbele in der taz. "Der Krieg der Nato in Afghanistan hat nicht zu Frieden, sondern zu mehr Gewalt und Terror geführt", meinte Gysi in der Zeitung.
Der frühere Sonderbeauftragte der UN-Mission für Afghanistan, Tom Koenigs (Grüne), verteidigte den Einsatz. Wenn die Bundeswehr und die Isaf-Truppen Afghanistan verließen, "wird dasselbe passieren wie 1989: Rivalisierende Mudschaheddin-Warlords werden grausige Massaker anrichten, es wird neue Flüchtlingswellen geben, und die Taliban werden alle Ansätze eines liberalen muslimischen Rechtsstaates ersticken".
Trotz der jüngsten Todesfälle deutscher Soldaten stellt auch SPD-Fraktionschef Struck den Einsatz am Hindukusch nicht infrage. "Ich sehe keinen Grund, jetzt aufzugeben und zu sagen: Es tut mir leid, die über 30 deutschen Soldaten sind leider umsonst gestorben, wir gehen raus." Bis zum Abzug könne es aber noch zehn Jahre dauern.
Am vergangenen Dienstag waren drei Soldaten aus Ostdeutschland nach einem Feuergefecht mit den Taliban ums Leben gekommen. Für sie wird es am kommenden Donnerstag im Beisein von Verteidigungsminister Jung im thüringischen Bad Salzungen eine zentrale Trauerfeier geben. Mit dem jüngsten Vorfall sind in Afghanistan bislang 35 deutsche Soldaten bei Anschlägen, Gefechten, Unfällen und Unglücken ums Leben gekommen. Insgesamt sind rund 3700 deutsche Soldaten in Afghanistan.