Bundeswehr:Im Fall der Fälle

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Im Streit um einen möglichen Militäreinsatz in Syrien verhärten sich die Fronten innerhalb der Bundesregierung. Die Kanzlerin schließt eine Beteiligung nicht aus - beim Einsatz von Chemiewaffen könne man nicht wegsehen.

Von Daniel Brössler, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für den Fall eines neuerlichen Einsatzes von Giftgas in Syrien Offenheit für eine Beteiligung an Militärschlägen der USA gegen das Regime in Damaskus angedeutet, stößt dabei aber auf entschiedenen Widerstand der SPD. "Einfach zu behaupten, wir könnten wegsehen, wenn irgendwo Chemiewaffen eingesetzt werden und eine internationale Konvention nicht eingehalten wird, kann auch nicht die Antwort sein", sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag. Im April hatte Merkel Raketenangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Ziele in Syrien zwar gutgeheißen, eine deutsche Beteiligung aber noch ausgeschlossen. Das Völkerrecht kenne "aus gutem Grund kein Recht auf militärische Vergeltung und schon gar nicht durch einen Staat oder durch eine irgendwie zusammengestellte Koalition", hielt SPD-Chefin Andrea Nahles der Kanzlerin entgegen. "Das Gewaltverbot ist ein Grundpfeiler der internationalen Ordnung", betonte sie. Nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder, weil dieser blockiert sei, die UN-Vollversammlung könne den Einsatz militärischer Gewalt genehmigen. "Solange das nicht geschieht, werden wir Sozialdemokraten keinem gewaltsamen Eingreifen in Syrien zustimmen", sagte Nahles. Damit verhärteten sich innerhalb der Bundesregierung die Fronten im Streit über das mögliche Vorgehen in Syrien. Nahles verwies darauf, dass ohne Zustimmung des Bundestages ein Auslandseinsatz der Bundeswehr nicht möglich sei. "Alle Antworten, die wir geben, werden immer auf der Ebene des Grundgesetzes und im Rahmen unserer parlamentarischen Verpflichtungen sein", versicherte Merkel. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich vorsichtiger als Nahles. "Die Frage werden wir beantworten, wenn sie uns gestellt wird", sagte Maas zur Reaktion der Bundesregierung auf einen möglichen neuerlichen Giftgas-Einsatz in Syrien. Sein "Hauptanliegen" sei nun, genau diesen Fall zu verhindern. Die Bundesregierung sei zu diesem Zweck an intensiven diplomatischen Bemühungen beteiligt. Bei seinem Besuch in Berlin werde er auch Außenminister Sergej Lawrow an die Verantwortung Russlands erinnern, eine humanitäre Katastrophe in Idlib zu verhindern.

Das Verteidigungsministerium hatte am Montag die Prüfung von Szenarien für einen Einsatz in Syrien bestätigt. Das war am Mittwoch auch Thema im Verteidigungsausschuss. Die Bundesregierung habe dort "einen völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Militäreinsatz der Bundeswehr in Syrien weiterhin nicht ausgeschlossen", kritisierte die Vize-Fraktionschefin der Linken, Heike Hänsel. Alle "zivilen Möglichkeiten" müssten ausgeschöpft werden, forderte der Ko-Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch. Überlegungen für die Teilnahme an Militärschlägen seien "unverantwortlich". Er könne sich daher SPD-Chefin Nahles anschließen: "Was da geredet wird, ist völkerrechtswidrig."

Auch die Grünen erteilten Überlegungen für ein militärisches Eingreifen in Syrien eine Absage und mahnten mehr diplomatische Bemühungen an. "Kümmern Sie sich darum, dass dort ein Friedensprozess in Gang kommt, kümmern Sie sich darum, dass das Schlimmste für die drei Millionen Menschen, die dort leben, überhaupt nicht erst eintritt", forderte die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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