Ukraine:Neue Munition für den "Gepard"

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Der Flakpanzer "Gepard" wurde in der Bundeswehr vor etwa zehn Jahren ausgemustert. (Foto: MICHAEL MANDT/AFP)

Verteidigungsminister Pistorius bringt wichtige Neuigkeiten zum Treffen der Ukraine-Unterstützer mit: In Deutschland wird wieder Munition für den im Krieg erfolgreich eingesetzten Flugabwehrkanonenpanzer produziert. 300 000 Schuss sollen gefertigt und von Juli an ausgeliefert werden.

Von Georg Ismar und Mike Szymanski, Berlin

Die Bundesregierung bringt den dringend benötigten Munitionsnachschub für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard auf den Weg. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte beim Treffen der Ukraine-Unterstützer im Ramstein-Format in Brüssel an diesem Dienstag weitere Militärhilfe für die Ukraine an. Demnach sei mit dem Rüstungsunternehmen Rheinmetall final vereinbart worden, neue 35-Millimeter-Munition für den Gepard-Flakpanzer zu fertigen. Wie die SZ erfuhr, soll es um 300 000 Schuss gehen, die von Juli an in die Ukraine ausgeliefert werden sollen.

Später am Tag kommen die Verteidigungsminister der 30 Nato-Staaten zusammen. "Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Verträge unterschrieben sind", bestätigt der Minister vor Beginn des Treffens in Brüssel. Deutschland hat der Ukraine aus Industriebeständen 37 Flakpanzer Gepard zugesagt. Die letzten Exemplare werden in diesen Tagen ausgeliefert. Das System ist in der Bundeswehr vor etwa zehn Jahren ausgemustert worden, leistet den ukrainischen Verteidigern aber wichtige Dienste bei der Abwehr von Angriffen aus der Luft. Allerdings hatte es von Anfang an Probleme mit der Versorgung mit Munition gegeben, weil die Vorräte in Deutschland äußert begrenzt waren. Der Großteil wurde in der Schweiz produziert; eine hundertprozentige Tochter von Rheinmetall hatte die Gepard-Munition seinerzeit in der Schweiz hergestellt. Aber das Land hat gemäß seines Neutralitätsgebots mehrfach Anfragen der Bundesregierung negativ beschieden, also eine Weitergabe der dort produzierten Munition an die Ukraine untersagt.

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So muss die Ukraine bisher mit den 60 000 Schuss auskommen, die sie von Deutschland aus woanders produzierten Beständen bekommen hat. Nach SZ-Informationen waren davon bis Januar bereits gut 30 000 verbraucht. Schon seit Wochen wird im Kampf gegen russische Drohnen- und Raketenangriffe meist nur der Sparmodus im Feuerleitrechner eingestellt, das sind sechs Schuss, während im Normalmodus 25 Schuss aus den zwei Kanonenrohren abgefeuert werden können. Der Nachschub mit Ersatzteilen und Munition wird als die zentrale Aufgabe bei der Ukraine-Unterstützung angesehen. Kommt es zu befürchteten neuen russischen Großoffensiven, könnte die noch vorhandene Gepard-Munition bis zum Sommer womöglich nicht reichen.

Bei der Fertigung der 35-mm-Munition, die nun wieder im niedersächsischen Unterlüß bei Rheinmetall anlaufen soll, geht es um Präzisionsarbeit. Das Unternehmen produziert zwei Varianten, von denen offenbar nun jeweils 150 000 Schuss bestellt werden. Eine ist besonders geeignet zur Bekämpfung von Luftzielen, wegen ihrer großen Splitterwirkung. Aber sie ist auch komplizierter herzustellen. Mit der anderen Variante muss man das Ziel hingegen direkt treffen - aber sie ist schneller zu produzieren. Politik und das Unternehmen waren seit Wochen über die neue Produktionsanlage im Gespräch. Nun wurden letzte Details geklärt.

Aber das Problem ist, dass die Zeit bis zur Lieferung dieser Munition überbrückt werden muss. In den vergangenen Monaten hat die Bundesregierung, auch Kanzler Olaf Scholz (SPD), auf vielen Kanälen versucht, eine Lösung für das drängende Munitionsproblem zu finden - über die Schweiz gab es Verärgerung wegen der strikten Absage. Daher wurde bei anderen Staaten, die noch über Gepard-Panzer und -Munition verfügen, nachgefragt.

Zuletzt holte sich die Bundesregierung erneut bei Brasilien eine Absage, was die Lieferung von Gepard-Munition anbelangt. Brasilien hatte Gepard-Flakpanzer für den Schutz der Stadien bei seiner Fußballweltmeisterschaft 2014 gekauft. Aber Brasiliens neuer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva machte beim Besuch von Kanzler Scholz deutlich, dass man sich in den Konflikt nicht einmischen wolle. Brasilien ist Mitglied im BRICS-Bündnis mit Russland, Indien, China und Südafrika.

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Ebenso wurden Katar für den Schutz der Stadien bei der Fußball-WM 2022 insgesamt 15 Gepard-Flugabwehrkanonenpanzer geliefert. Direkt nach dem WM-Finale am 18. Dezember erschienen deutsche Beamte im Außenministerium von Katar, um über die Flakpanzer und die Munition zu reden. "Die Geparden haben sich im Krieg in der Ukraine sehr bewährt. Sofern wir von Partnern hier weitere beschaffen könnten, würde das den Ukrainern auf jeden Fall helfen", sagte auch Pistorius im Januar der SZ mit Blick auf einen Rückkauf von Katar. Allerdings gab es hierzu bisher keine Einigung.

Pistorius sucht Schulterschluss mit Rüstungsindustrie

In Bundeswehrkreisen ist man durchaus beeindruckt, wie schnell die Ukrainer das Bedienen des Gepard-Panzer bei den Übungen in Deutschland gelernt haben, so schnitt ein 60-jähriger Arzt aus Kiew bei Schießübungen besonders gut ab. Bei seinem jüngsten Besuch in Kiew besuchte Pistorius auch eine Gepard-Stellung. Für ihn ist eine weitere große Herausforderung, dass gerade auch für die geplanten Leopard- 1-Kampfpanzerlieferungen genug Munitions- und Ersatzteilnachschub gesichert sein muss.

Auch bei der von Polen und weiteren Staaten geplanten Lieferung von Leopard-2- Kampfpanzern des älteren Typs A4 bereitet der Ersatzteilmangel Sorgen. Durch den Verschleiß und die Zerstörung der bisher vor allem eingesetzten Waffen- und Panzersysteme sowjetischen Ursprungs sollen nun verstärkt westliche Geräte zum Einsatz kommen - das ist aber nur sinnvoll, wenn es auch genug Nachschub an Teilen und Munition gibt. Daher sucht Pistorius auch den Schulterschluss mit der Rüstungsindustrie, um wie im Fall der Gepard-Munition mit Abnahmegarantien die Produktion auszuweiten und vor allem zu beschleunigen.

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