Fregatte "Bayern" im Indopazifik:Für freie Fahrt durch schwieriges Gewässer

Fregatte ·Bayern· in Japan

Die deutsche Fregatte "Bayern" bei ihrem Besuch in Japan.

(Foto: Pool/dpa)

Erstmals seit fast 20 Jahren kreuzt ein deutsches Kriegsschiff im Indopazifik. An der Seite der Amerikaner und weiterer Partner in der Region übt man das Seegefecht - und den Schulterschluss gegen China.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Zeit der beschaulichen Hafenbesuche ist vorerst vorbei. Für die Besatzung der Fregatte Bayern wird es ernst. Am Sonntag reihte sich das deutsche Kriegsschiff in den Gewässern südlich von Japan in einen beeindruckenden Verband ein: An der Spitze fuhren zwei U-Boote, es folgte der amerikanische Flugzeugträger USS Carl Vinson, begleitet von etlichen Zerstörern und einer Reihe kleinerer Kriegsschiffe, insgesamt etwa 20. Am Himmel donnerten die Kampfjets, in perfekter Formation, so wie Zugvögel.

"Annual Exercise 21" heißt die Großübung im Indopazifik, an der die Bayern auf Einladung der Japaner teilnimmt; weit weg vom Heimathafen Wilhelmshaven also, den sie Anfang August verlassen hat. Sie übt nun zehn Tage lang an der Seite Japans, Australiens, Kanadas und der USA den Seekrieg.

Das alles passiert in einem Gebiet, in dem die deutsche Marine zuletzt vor fast 20 Jahren mit einem Kriegsschiff unterwegs war. Der Kommandant, Fregattenkapitän Tilo Kalski, betont nicht ohne Grund, dass seine Bayern "als erstes deutsches Kriegsschiff überhaupt" an dieser großen Übung teilnimmt, die jährlich stattfindet. Es geht der Politik in Deutschland ja im wahrsten Sinne darum, in dieser Region Flagge zu zeigen, und dafür eignet sich diese Übung aus Sicht des Kommandanten bestens.

Als das Schiff den Hafen in Deutschland verließ, hatte die mittlerweile geschäftsführende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) den etwa 230 Seeleuten mitgegeben: "Ihr Auftrag ist von politischer Bedeutung, und er erfordert Ihr großes seemännisches Können." Es gehe bei dieser Fahrt um ein Signal an China. Für Partnernationen im Indopazifik wie Australien, Japan und Südkorea sei es "Realität, dass die Freiheit der Meere eingeschränkt wird und Seewege nicht mehr sicher sind. Sie erleben, wie versucht wird, Gebietsansprüche nach dem Recht des Stärkeren durchzusetzen."

Gemeint sind die Konflikte um maritime Gebietsansprüche und militärische Machtdemonstrationen Chinas. Es geht aber auch um die Bedrohung durch nordkoreanische Atomwaffen etwa für Südkorea und Japan, weshalb sich die Bayern derzeit auch an der Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea beteiligt. Die Bayern steckt in diesen Tagen also mittendrin in einer Region, auf die sich die internationale Sicherheitspolitik der Amerikaner, der EU, aber speziell auch die der Deutschen gerade mit großer Wucht neu ausrichtet.

Es gab auch ein Besuchsangebot an China

Kommandant Kalski, in diesen Tagen durch die Übung und die Aufträge komplett eingebunden, hat der Süddeutschen Zeitung von unterwegs schriftlich einige Fragen beantwortet. Nach drei offiziellen Hafenbesuchen, in Pakistan, Australien und Japan, zeigt er sich zufrieden mit dem bislang erreichten: Schiff und Besatzung seien "mit außergewöhnlicher Gastfreundschaft und Wahrnehmung auf höchsten Ebenen empfangen worden".

Dies kann als Beleg gewertet werden, wie sehr das militärische Engagement der Deutschen in der Region geschätzt werde. Beim Besuch an Bord der Bayern sagte Japans Verteidigungsminister Nobuo Kishi jedenfalls, dass es auch Europa angehe, wenn in diesem Winkel der Welt versucht würde, Grenzen zu verschieben, die Freiheit der Seewege einzuschränken.

Der diplomatisch kniffligste Teil der Reise steht der Bayern noch bevor. Auf dem Rückweg wird die Fregatte voraussichtlich von Mitte Dezember an das Südchinesische Meer durchfahren. Peking beansprucht 80 Prozent des rohstoffreichen Meeres, durch das zentrale Schifffahrtsstraßen führen. Aber auch Vietnam, die Philippinen, Taiwan, Brunei und Malaysia erheben Gebietsansprüche.

Kramp-Karrenbauer hatte den Chinesen auch einen Hafenbesuch der Fregatte Bayern angeboten, es sollte nicht der Eindruck entstehen, Berlin wolle China provozieren. Aber aus Peking kam nach wochenlanger Bedenkzeit eine Absage, verbunden mit dem Hinweis, dass China angesichts der geopolitischen Spannungen fast jede Durchfahrt eines außerasiatischen Kriegsschiffs durch das Südchinesische Meer als Verstoß gegen seine Souveränität betrachte.

Wird es also Ärger geben? Kommandant Kalski sagt, die Route der Bayern folge "den üblichen Handelsrouten im freien Seeraum", von Busan nach Singapur, dem nächsten Hafen nach dem Stopp in Südkorea. Auf dieser Route wird sich die Fregatte durchaus auch umstrittenen Gegenden nähern - allerdings nicht zu sehr. Damit verhält sich Deutschland anders als die USA, die offensiver in diesen Gewässern operieren.

Die Position der Bayern könne über spezielle Seiten im Internet öffentlich abgerufen werden, erklärt der Kommandant. "Bei der Fahrt durch das Südchinesische Meer werden nach bisherigem Planungsstand keine Übungen oder Manöver mit anderen Nationen durchgeführt." Das gehört zu den Vorgaben aus Berlin - die geschäftsführende Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel will zwar ein Zeichen setzen, den wichtigen Handelspartner China aber nicht gegen sich aufbringen.

Wenn die Fregatte im Februar wieder in Wilhelmshaven einläuft, hat Deutschland eine neue Regierung und vielleicht dann auch unter einem Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP eine China-Politik, die in Zukunft womöglich weniger Rücksicht nimmt. Auch das ist eine Besonderheit dieser Fahrt: Auch daheim ändert sich viel.

Im Moment gilt für den Kapitän: "Meine Aufgabe als Kommandant der Bayern ist es, den erteilten Auftrag zu erfüllen." Das Schiff sei im Indopazifik unterwegs, "weil es politisch gewollt ist". Er will die Bayern und die Besatzung sicher nach Hause bringen.

Aber die große Frage ist: Was kommt danach? Wie sieht Deutschlands Rolle im Indopazifik aus, wenn die Bayern erst mal wieder zurück ist? Die Partnernationen in der Region haben den Deutschen bereits zu verstehen gegeben, dass sie erwarten, dass es nicht wieder fast 20 Jahre dauert, bis ein deutsches Kriegsschiff dort Präsenz zeigt. Aber zur Realität gehört auch, dass die Marine - die über die kleinste Flotte seit ihrem Bestehen verfügt - über viele Jahre schlicht kein Schiff übrig hatte, um es auf eine so lange Reise schicken zu können. Durch anstehende Werftaufenthalte wird die Lage in den kommenden Jahren tendenziell auch erst einmal schlechter als besser.

Dafür muss dann 2022 die Luftwaffe ran. Nach der Mission der Bayern plant die Bundeswehr, im August kommenden Jahres mit Eurofighter-Kampfjets, Transport- und Tankflugzeugen in Australien an der multinationalen Übung "Pitch Black" (Pechschwarz) teilzunehmen. Bislang wird mit 13 Maschinen geplant - so viele Flugzeuge hat die Luftwaffe noch nie in den Indopazifik verlegt. Dann zeigt die Bundeswehr eben so Präsenz - in der Luft.

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