Bundeswehr:Eurofighter haben Probleme mit dem Schleudersitz

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Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) besucht die Luftwaffe in Neuburg an der Donau. Dort gibt es erst einmal schlechte Nachrichten. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Schlechte Nachrichten für Verteidigungsministerin Lambrecht: Die Kampfjet-Flotte ist nur stark eingeschränkt einsatzbereit - und das kurz vor einer wichtigen Übung im Indopazifik.

Von Mike Szymanski, Neuburg an der Donau

Seit zwei Wochen informiert sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bei Truppenbesuchen über die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr. Am Freitag, beim Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg an der Donau, gibt es schlechte Nachrichten: Die Eurofighter-Flotte ist nur stark eingeschränkt einsatzbereit. Der Schleudersitz-Hersteller habe Qualitätsprobleme bei Kartuschen gemeldet, die darin verbaut sind, erklärte ein Luftwaffensprecher. Demnach bestehe der Verdacht, dass 20 Prozent der Kartuschen fehlerhaft sei. Nun müssen alle Jets mit Schleudersitzen überprüft werden. Für die Tornados gab es im Laufe des Tages Entwarnung. An Deutschland sollen keine womöglich fehlerhaften Chargen geliefert worden sein, erklärte die Luftwaffe.

Für Lambrechts Besuch in Neuburg hatte die Warnmeldung konkrete Folgen. Das Geschwader ist ein Eurofighter-Verband. Geplant war, dass die Jets Manöver fliegen, damit sich die Ministerin ein Bild von der Aufgabe der Piloten machen kann. Die Vorführung fiel jedoch aus. Der Ausbildungsbetrieb der Maschinen wurde vorerst ausgesetzt. Lambrecht nannte das Vorgehen "absolut richtig". Die Luftwaffe verfügt über knapp 140 Eurofighter. Nur die Aufgaben, die zwingend erforderlich seien, würden mit den Fliegern fortgeführt. Lambrecht sagte, auch unter solchen Bedingungen stehe Deutschland zu seinen Bündnisverpflichtungen.

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Die Piloten und ihre Maschinen aus Neuburg etwa sind regelmäßig im Einsatz an der Nato-Ostflanke, zusammen mit Partnernationen überwachen sie den Luftraum dort. Außerdem stellt das Geschwader eine von zwei Alarmrotten, die den Luftraum über Deutschland schützen sollen. Sie steigen in spätestens 15 Minuten auf, wenn Flugzeuge etwa nicht per Funk zu erreichen sind und geklärt werden muss, was da los ist. Diesen Aufgaben geht die Luftwaffe trotz der Probleme weiter nach.

Lambrecht bekommt einen Eindruck, wie sehr die Bundeswehr mit der Einsatzbereitschaft zu kämpfen hat

Aber als wäre das nicht schon genug, sollen die Piloten und ihre Maschinen demnächst eine Reise ans andere Ende der Welt antreten - in den indopazifischen Raum. "Rapid Pacific" heißt die Verlegeübung. Sechs Wochen lang soll die Luftwaffe unterwegs sein, von Mitte August bis Anfang Oktober, und in dieser Zeit mit Partnernationen in Australien an Übungen teilnehmen, die die Namen "Pitch Black" (Pechschwarz) und "Kakadu" tragen. Die Luftwaffe will versuchen, die Probleme mit den Schleudersitzen so schnell wie möglich zu beheben.

Lambrecht bekommt so auf ihrer Sommerreise Eindrücke davon, wie sehr die Bundeswehr mit der Einsatzbereitschaft zu kämpfen hat, gerade auch dann, wenn unvorhergesehene Probleme auftauchen. Der Besuch am Freitag diente dazu, Grenzen auszuloten: Was kann die Truppe leisten?

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Die vielen Jahre, in denen an der Bundeswehr gespart wurden, haben tiefe Spuren hinterlassen. Das Heer zum Beispiel ist nicht mehr in der Lage, aus dem Stand heraus einen Kampfverband zu verlegen, das muss gründlich geplant werden. Die Marine leidet unter ewig langen Werftliegezeiten ihrer ohnehin nur noch wenigen Schiffe. Die Luftwaffe? Vor fünf Jahren war nicht einmal die Hälfte der etwa 140 Eurofighter einsatzbereit. Der neu entwickelte Transportflieger A400M kämpfte mit technischen Problemen. 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr stehen als Reaktion auf den Ukraine-Krieg jetzt zur Verfügung. Lambrecht sagte in Neuburg, seither gehe "ein Ruck durch die Bundeswehr".

Die Luftwaffe soll zeigen, dass Deutschland es mit seinem Indopazifik-Engagement ernst meint

Jetzt traut die Luftwaffe sich etwas: 13 Flugzeuge will sie auf die große Reise schicken, darunter sechs Eurofighter, vier A400M, drei Tankflugzeuge. Eine Strecke von mehr als 22 000 Kilometer sollen sie bis Australien zurücklegen, mit Zwischenstopps in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Singapur sowie Betankungen in der Luft. Abstecher für Kurzbesuche sind in Japan und Südkorea vorgesehen. Den Hinflug von Neuburg bis nach Singapur will Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz sogar in 24 Stunden schaffen. "Eine einsatzbereite Luftwaffe muss das können", erklärte Generalleutnant Gerhartz am Freitag.

Die Luftwaffe setzt fort, was die Marine im vergangenen Jahr begonnen hatte: Chinas wachsende Machtansprüche hatten die Vorgängerregierung veranlasst, Partnernation im Indopazifik wie Australien, Japan und Südkorea stärker zu Seite zu stehen. Mit der Fregatte Bayern schickte sie erstmals seit 20 Jahren ein Kriegsschiff in die Region, das an Großübungen teilnahm und Hafenbesuche absolvierte. Ständig dort zu kreuzen, dafür hat die Marine aber nicht genügend Schiffe.

Nun soll die Luftwaffe zeigen, dass Deutschland es mit seinem Indopazifik-Engagement wirklich ernst meint. Der Druck auf den Verband in Neuburg ist in diesen Tagen mit den Problemen am Schleudersitz sogar noch deutlich gewachsen.

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