Süddeutsche Zeitung

Rüstung:Bundeswehr soll Drohnenabwehr stärken

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Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer will die Truppe fit für moderne Drohnenkriege machen - Investitionen in neue Abwehrsysteme gehen jedoch zulasten anderer Projekte.

Von Mike Szymanski, Berlin

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will die Bundeswehr spätestens bis 2026 mit neuen Systemen zur Abwehr von Drohnen ausstatten. "Dieses Vorhaben ist von höchster Priorität", heißt es in einem Konzeptpapier zur Zukunft der bodengebundenen Luftverteidigung, das ihr Haus am Dienstag Verteidigungspolitikern im Bundestag übermittelte.

Die Bedrohungen für die Truppe im Einsatz gingen heute nicht mehr nur von Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Raketen aus. Als Beispiel führte Kramp-Karrenbauer den Konflikt um die Region Bergkarabach 2020 an, wo sich aus ihrer Sicht der "erste echte Drohnenkrieg" zugetragen habe. Es sei davon auszugehen, dass sich die Bundeswehr "künftig in jedem Einsatz der Bedrohung durch Klein- und Kleinstdrohnen gegenübersieht". Heute kann die Bundeswehr über Störsender Drohnen bekämpfen, dies werde jedoch zukünftig nicht mehr ausreichen.

Konkrete Lücken in der Verteidigung hat die Bundeswehr im Nahbereich. Bei der Heeresflugabwehr etwa hatte die Bundeswehr lange so sehr gespart, dass diese Fähigkeit nur noch rudimentär in der Truppe vorhanden ist. Das Ozelot-System ist veraltet und muss dringend ersetzt werden. Das Ministerium will bereits auf dem Markt verfügbare Waffensysteme anschaffen.

Die Opposition wirft der Ministerin vor, auf einen "märchenhaften Geldsegen" gewartet zu haben

Von 2022 an sollen 500 zusätzliche Dienstposten für die Drohnenabwehr aufgebaut und erste Verträge mit der Industrie unterzeichnet werden. 1,3 Milliarden Euro veranschlagt das Wehrressort für dieses Rüstungsvorhaben. Das Vorhaben sei "aktuell nicht finanziert". In einer weiteren Ausbaustufe seien 1500 Dienstposten und Ausgaben von vier Milliarden Euro erforderlich. Der Grünen-Politiker Tobias Lindner warf der Ministerin vor, auf einen "märchenhaften Geldsegen" gehofft zu haben, anstatt rechtzeitig Prioritäten zu setzen.

Die geplanten Investitionen in die Drohnenabwehr gehen zulasten eines anderen Großprojektes. Die Bundeswehr hatte geplant, das Patriot-System zur Raketenabwehr durch ein neues zu ersetzen, das Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS), an dessen Entwicklung Deutschland maßgeblich beteiligt ist. Zuvor lief das Projekt unter der Bezeichnung Meads, die Ursprünge reichen in die Neunzgerjahre zurück.

Mit der Firma MBDA sitzt einer der Hauptakteure im bayerischen Schrobenhausen. Vor allem aus der CSU kam immer Unterstützung für das Projekt, das einmal bis zu 6000 Arbeitsplätze sichern sollte. Kramp-Karrenbauer rückt nun von TLVS ab. Angesichts eines Finanzbedarfs von 13 Milliarden Euro sieht ihr Ministerium eine Realisierung als "derzeit fraglich" an. Das Patriot-System soll modernisiert werden.

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