Bundeswehr:Alles relativ

Das Bruttoinlandsprodukt ist für den Wehretat nur ein vages Kriterium - denn es fällt je nach Wirtschaftskraft unterschiedlich aus.

Von Daniel Brössler, Berlin

Die Bundesregierung hat der Nato gegenüber das Ziel bekräftigt, die Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen - und diese Zusage gleich wieder relativiert. Ein Sprecher von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bestätigte am Mittwoch zwar, dass Deutschland in seinem jährlichen Bericht an das Bündnis daran festhält, die Verteidigungsausgaben von derzeit 1,34 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2024 auf 1,5 Prozent erhöhen zu wollen. Eine Sprecherin von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) machte jedoch klar, diese "politische Verpflichtung" stehe unter dem Vorbehalt der noch zu entscheidenden Haushaltsplanung für die kommenden Jahre. "Da stehen wir erst am Anfang", betonte sie.

Das Verteidigungsressort erhält in diesem Jahr vier Milliarden Euro mehr als im letzten

Außenpolitisch lastet auf der Bundesregierung in dieser Frage ein massiver Druck. Insbesondere US-Präsident Donald Trump hat Deutschland wiederholt scharf angegriffen, weil es seine Zusagen bei den Verteidigungsausgaben nicht einhalte. 2014 hatte sich Deutschland beim Gipfel in Wales wie alle anderen Nato-Staaten zu Maßnahmen verpflichtet, "die darauf abzielen, sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zuzubewegen". Die SPD hatte dies in der damaligen Bundesregierung mitgetragen, war aber später von dem Ziel wieder abgerückt. Im Koalitionsvertrag ist von der Absicht die Rede, dem "Zielkorridor der Vereinbarungen in der Nato" zu folgen, dies aber gekoppelt an die gleichzeitige Erhöhung der Entwicklungshilfeausgaben. Vergangenes Jahr hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2024 angekündigt.

Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte am Mittwoch, dass Deutschland zu seiner "politischen Absichtserklärung" stehe. Man sei eine Verpflichtung eingegangen, den Verteidigungshaushalt "in Richtung des Zwei-Prozent-Ziels zu entwickeln" und habe den Partnern angekündigt, "dass wir bis 2024 1,5 Prozent erreicht haben wollen". Dies sei nicht als Aufrüstung, "sondern so zu verstehen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten eine moderne, den Aufgaben angepasste Ausrüstung zukommt". Die Nato sei "eine feste Säule unserer Sicherheit als Land und als Bürger für jeden einzelnen".

Über die Ressortgrenzen hinweg wird in der Bundesregierung auf die Schwierigkeit verwiesen, sich längerfristig auf konkrete Zahlen festzulegen. Zum einen, weil dem Bundestag und einer künftigen Bundesregierung nicht vorgegriffen werden kann. Zum anderen, weil das Bruttoinlandsprodukt keine einfach vorhersehbare Bezugsgröße ist. Entscheidend sei im Übrigen, dass die Verteidigungsausgaben bereits deutlich gestiegen seien. Im Bundeshaushalt 2019 sind 42,9 Milliarden Euro für Verteidigung vorgesehen. Das sind vier Milliarden mehr als 2018. Allerdings wird damit gerechnet, dass US-Präsident Trump spätestens den Gipfel zum 70. Nato-Jubiläum im Dezember in London zu neuen Attacken nutzen wird.

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