Bundesverfassungsgericht:Urteil: Fernsehen darf im Gericht filmen

Die Verfassungsrichter stärken die Pressefreiheit: Kameras dürfen nicht aus dem Gerichtssaal verbannt werden. Aufnahmen unmittelbar vor und nach Prozessen sind zulässig.

Hans Leyendecker

Bei Gerichtsverhandlungen von großem öffentlichen Interesse sind Fernsehaufnahmen grundsätzlich zulässig. Das hat der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden. Das Karlsruher Gericht gab damit einer von dem Bonner Anwalt Gernot Lehr formulierten Verfassungsbeschwerde des ZDF statt.

Bundesverfassungsgericht: Die Arbeit von TV-Journalisten bei Gerichtsprozessen wird künftig deutlich erleichtert.

Die Arbeit von TV-Journalisten bei Gerichtsprozessen wird künftig deutlich erleichtert.

(Foto: Foto: dpa)

Der Sender hatte sich im März 2007 gegen den Ausschluss von Kamerateams bei einem Prozess vor dem Landgericht Münster gewehrt. Damals mussten sich 18 Bundeswehrausbilder wegen der angeblichen Misshandlung von Rekruten in einer Kaserne verantworten.

Der Vorsitzende Richter der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Münster hatte angeordnet, dass "Ton-, Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal und im absperrbaren Foyer vor dem Sitzungssaal" nur bis 15 Minuten vor Beginn der Sitzung und zehn Minuten nach deren Beendigung gestattet seien.

In diesen Zeiträumen seien die am Verfahren Beteiligten "noch nicht im Verhandlungssaal", hatte Lehr dem Karlsruher Gericht geschrieben. "Es könnten lediglich leere Tische, Bänke und Stühle gefilmt" werden. Der Vorsitzende Richter in Münster hatte dagegen in einer Stellungnahme für den Senat erklärt, Fernsehaufnahmen im Gerichtssaal in Anwesenheit der Beteiligten seien einem "ruhigen und sachlichen Klima" abträglich.

Der 1. Senat folgte den Kollegen in Münster nicht und erlegte dem Gericht per Eilanordnung auf, dem Fernsehteam Aufnahmen zu ermöglichen und die Anwesenheit der Richter und Schöffen im Gerichtssaal zu gewährleisten.

Die jetzige Entscheidung der obersten Richter gilt auch für andere Gerichtsverhandlungen, in denen TV-Aufnahmen vor Beginn der Verhandlung bisher untersagt wurden. "Die öffentliche Kontrolle von Gerichtsverhandlungen wird durch die Anwesenheit der Medien und deren Berichterstattung grundsätzlich gefördert", heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.

Es liege auch "im Interesse der Justiz, mit ihren Verfahren und Entscheidungen öffentlich wahrgenommen zu werden". Dazu trage "die Veröffentlichung audiovisueller Darstellungen bei". Gebe es Anhaltspunkte, dass TV-Bilder das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigten, könnten Gerichte den Sendern Beschränkungen auferlegen. So dürfen sie anordnen, dass die Gesichter Betroffener unkenntlich gemacht oder Publikum und Richterbank nicht gefilmt würden.

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