Bundesverfassungsgericht:Rütteln am Beamtenrecht

Schulfrei, weil die Lehrer auch ohne Wandertag auf die Straße gehen? Karlsruhe entscheidet darüber, ob auch verbeamtete Lehrer streiken dürfen. Doch die Entscheidung der Richter ist nicht nur für Schüler interessant - sie könnte umwälzende Folgen haben.

Lehrer im Angestelltenverhältnis dürfen für mehr Gehalt oder bessere Arbeitsbedingungen streiken, nicht aber verbeamtete Lehrer. Denn Staat und Beamte stehen in einem besonderen gegenseitigen Treue- und Pflichtverhältnis. Am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht über vier Verfassungsbeschwerden von Lehrern zum Streikrecht für Beamte.

In der mündlichen Verhandlung im Januar hatte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor weitreichenden Folgen gewarnt, sollte das Streikverbot aufgeweicht werden. Dass Beamte nicht streiken dürfen, sichere die Funktionsfähigkeit der Verwaltung. Rosinenpickerei dürfe es nicht geben.

Der DBB Beamtenbund und Tarifunion betont die besondere Bedeutung von Lehrern: Der Staat sei in der Pflicht, den Zugang zu schulischer Bildung "ohne Beeinträchtigung durch Arbeitskampfmaßnahmen zu gewähren", heißt es in einer Stellungnahme. Daher sei es zwingend erforderlich, das Wohl der jungen Generation in die Hände verbeamteter Pädagogen zu legen. Von rund 800 000 Lehrern in Deutschland sind etwa drei Viertel Beamte.

Die Bildungsgewerkschaft GEW als Unterstützerin der Beschwerden betont, dass sie gar kein pauschales Streikrecht für alle Beamte fordere. Das Grundrecht darauf dürfe aber Beamten mit nicht hoheitlichen Tätigkeiten nicht verwehrt werden. Dieser Auffassung sind auch die Europäische Menschenrechtskonvention und der Straßburger Menschenrechtsgerichtshof. Daher setzt sich die GEW für eine Modernisierung des Beamtenrechts ein, damit der Staat den aktuellen Anforderungen gerecht werden könne. Zudem ist die GEW überzeugt, dass es nicht zu massenhaftem Unterrichtsausfall wegen streikender Lehrer kommen könnte.

In Sachsen gibt es Erfahrungen mit streikenden Lehrern, denn dort sind diese zumeist angestellt. Bisher gab es nur Warnstreiks, keine länger dauernden Erzwingungsstreiks. So hatten sich an Warnstreiks im März 2015 etwa 42 und 39 Prozent der Lehrer beteiligt. Wegen Krankheit fehlten Lehrer in Sachsen laut Statistik des Bildungsministeriums häufiger.

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