Süddeutsche Zeitung

Karlsruhe:Deutsches Klimaschutzgesetz ist in Teilen verfassungswidrig

Mehrere Umweltorganisationen wollten mit Beschwerden in Karlsruhe erreichen, dass der Bund mehr machen muss. Für die Regierung ist die Entscheidung eine Niederlage.

Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung greift aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts zu kurz. Die Karlsruher Richter verpflichteten den Gesetzgeber, bis Ende kommenden Jahres die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln.

Verfassungsbeschwerden mehrerer Klimaschützer sind damit zum Teil erfolgreich. Ein ganzes Bündel an Umweltorganisationen unterstützte die Initiatoren von vier Verfassungsbeschwerden, darunter der BUND, die Deutsche Umwelthilfe, Fridays for Future und Greenpeace.

Die teilweise noch sehr jungen Beschwerdeführenden seien durch die Regelungen in dem Gesetz in ihren Freiheitsrechten verletzt, erklärten die Richter. "Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030."

Einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur wie geplant auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei dann nur mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen machbar. "Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht sind", heißt es in der Erklärung. Zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit hätte der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen müssen, "um diese hohen Lasten abzumildern".

Bundestag und Bundesrat hatten Ende 2019 dem Klimapaket der Bundesregierung zugestimmt, nachdem Bund und Länder noch Kompromisse ausgehandelt hatten. Wesentlicher Punkt ist das Klimaschutzgesetz. Es legt für einzelne Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft oder Gebäude fest, wie viele Treibhausgase sie in welchem Jahr ausstoßen dürfen.

"Zweck dieses Gesetzes ist es, die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten", hieß es dazu vom Bundesumweltministerium. Nach dem internationalen Pariser Klimaabkommen, das die Grundlage des deutschen Gesetzes bildet, soll der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich weniger als zwei Grad und möglichst auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden, um die Folgen des Klimawandels so gering wie möglich zu halten.

Den Aktivisten geht das Klimaschutzgesetz nicht weit genug. Sie verlangen, das Klimapaket zu überarbeiten und zu verschärfen. Luisa Neubauer von Fridays for Future sagte der Süddeutschen Zeitung: "Wenn die Bundesregierung mutwillig die Klimakrise befeuert und das Pariser Abkommen übergeht, dann verletzt der Staat seine Schutzpflicht", sagte sie. "Wir haben ein Recht darauf, auf einem intakten Planeten zu leben und gesund zu bleiben."

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