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Bundesverfassungsgericht:Karlsruhe zweifelt an Gehaltsregelung für Professoren

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Ist die aktuelle Professorenbesoldung mit dem Grundgesetz vereinbar? Mehrere Verfassungsrichter sind da offenbar skeptisch - und verweisen unter anderem auf eine Absenkung des Grundgehalts um 25 Prozent.

Wolfgang Janisch

Das Bundesverfassungsgericht hat offenkundig erhebliche Zweifel, ob die Professorenbesoldung noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Mehrere Richter äußerten sich skeptisch zur Absenkung des Grundgehalts von Professoren um 25 Prozent durch die seit 2005 geltende Reform.

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle wies auf die Schutzfunktion des "Alimentationsprinzips" hin, das ein Ausgleich für das fehlende Streikrecht von Beamten sei. Er sprach von einem "Pilotverfahren", das auch für die allgemeine Beamtenbesoldung relevant sein könne. (Az: 2 BvL 4/10)

Der Zweite Senat verhandelte an diesem Dienstag über die Klage eines Marburger Chemie-Professors, der 2005 mit einem Grundgehalt von rund 3900 Euro eingestellt worden war. Mit der W-Besoldung sind die Dienstalterstufen abgeschafft worden. Das Grundgehalt liegt heute etwa zwischen 4000 (Berlin) und 4600 Euro (Baden-Württemberg). Es kann durch Leistungszulagen aufgestockt werden - auf die es allerdings keinen Anspruch gibt.

Wie viele W-Professoren ganz ohne Zulage auskommen müssen, ist unklar. Für die Bundesregierung verteidigte Staatssekretär Christoph Bergner die Reform. Kernanliegen sei die Verbesserung von Forschung und Lehre sowie der internationale "Wettbewerb um die besten Köpfe" gewesen.

Ohne Zulage, sagte Voßkuhle, verdiene ein Universitätsprofessor ungefähr soviel wie ein Regierungsrat in der höchsten Altersstufe. Den Einwand der Bundesregierung, auch ein Regierungsrat erfülle wichtige Aufgaben, konterte Voßkuhle mit dem Hinweis, dass ein Professor bis zu seiner Berufung sehr viel mehr Zeit investiere; Regierungsrat werde man mit vielleicht 29, Professor im Durchschnitt mit 41 Jahren: "Wir müssen schon sehen, dass wir uns nicht in die Tasche lügen."

Richter Udo Di Fabio fügte an, wegen seiner größeren Verantwortung müsse der Professor höher besoldet werden als ein weisungsabhängiger Beamter. Ein Argument, das Richterin Gertrude Lübbe-Wolff zu einer Gegenfrage animierte: Rechtfertige nicht gerade die Freiheit des Professors die Schaffung eines Anreizsystems - damit er sich nach seiner Berufung nicht einfach zurücklehne? Mit einem Urteil ist erst in einigen Monaten zu rechnen.

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Quelle:
SZ vom 12.10.2011
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