Süddeutsche Zeitung

Bundesverdienstkreuz für Joachim Löw:Ein Orden für den Sport

Bundestrainer Jogi Löw soll mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden. Der lange Auswahlprozess wurde in seinem Fall zur kurzfristigen Prüfung: Der Bundespräsident hat ihn vorgeschlagen.

Dana Hoffmann

Steffi Graf hat eins, Rosi Mittermeier auch und natürlich der Kaiser: Franz Beckenbauer wurde 1976 und 1986 mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Auch der nächste Anwärter ist eine sportliche Größe: Bundestrainer Joachim Löw soll den umgangssprachlich als Bundesverdienstkreuz bekannten Orden bekommen.

Seit 1951 wird die Auszeichnung für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen verliehen. Eine solche hat auch Löw vollbracht, indem er die Mannschaft zusammengestellt, motiviert, Ausfälle ausgeglichen hat. So begründet zumindest Bundespräsident Christian Wulff seine Entscheidung, Löw mit der einzigen allgemeinen Verdienstauszeichnung Deutschlands und damit der höchsten Anerkennung zu ehren.

Mehr als 240.000 Mal wurde das Verdienstkreuz bis 2009 verliehen, in den letzten Jahren vor allem für langjährige Verdienste im Ehrenamt. Dabei macht soziales Engagement mehr als 25 Prozent aus, der Sport rund sieben Prozent, die Kultur etwa 13 Prozent und die Kommunalpolitik gut 14 Prozent. Von den Ordensanwärtern wird erwartet, dass sie ihre eigenen Interessen über einen längeren Zeitraum zurückstellen. Eine einzelne Leistung genügt meistens nicht. Das hat sich seit der Stiftung der Auszeichnung durch Theodor Heuss auch nicht geändert.

Jeder kann die Verleihung formlos anregen, das Recht zum Vorschlag, der dem Bundespräsidenten vorgelegt wird, haben aber nur die Ministerpräsidenten und der Außenminister. Zuständig für die Anregungen ist jeweils die Staatskanzlei des Bundeslandes, in dem der Ordensanwärter seinen Wohnsitz hat. Deutsche, die im Ausland leben, oder Angehörige anderer Nationen werden vom Auswärtigen Amt vertreten. Wer sich selbst für ordenswürdig hält, kann seine eigene Auszeichnung anregen. Mit einer Ehrung kann er nach Angaben des Bundespräsidialamts dann aber nicht rechnen.

Von Anregung bis Entscheidung über die Ehrung verstreiche normalerweise ein "längerer Zeitraum". Dass es im Falle Löw so schnell geht, hat vor allem einen Grund: Der Bundespräsident selbst hat den Bundestrainer vorgeschlagen. Vor Löw erhielten bereits vier weitere Trainergrößen auf Initiative des Präsidenten eine Auszeichnung: Fußball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann, die Trainerin der deutschen Frauen-Elf, Sylvia Neid und Heiner Brand, Coach der Handball-Nationalmannschaft. Franz Beckenbauer erhielt als Teamleiter der deutschen Nationalelf das Verdienstkreuz erster Klasse.

Der Bundespräsident als Ordensherr darf Anwärter für das Verdienstkreuz vorschlagen, um eine Prüfung durch die jeweilige Staatskanzlei kommt aber niemand herum. Wegen der Unmittelbarkeit von Sportereignissen sei es nach Angaben der Sprecherin des Bundespräsidialamts, Petra Diroll, manchmal nötig, die Prozedur zu verkürzen - so auch bei Löw.

Bei der Entscheidung spiele aber nicht nur der sportliche Erfolg der Mannschaft und ihres Trainers eine Rolle, sondern auch dessen gesellschaftliches Engagement, sagte Diroll auf Anfrage von sueddeutsche.de. Dass Jogi Löw Vizepräsident der "Stiftung Jugendfußball" ist, ehrenamtlich Jugendmannschaften trainiert und die Aktion "Wir helfen Afrika" initiiert hat, habe entsprechenden Einfluss gehabt.

Neben Größen des deutschen Sports profitierten auch Prominente und Personen des öffentlichen Lebens vom Initiativrecht des Präsidenten: Ann-Sophie Mutter, Peter Maffay oder Charlotte Knobloch wurden auf Vorschlag des Staatsoberhaupts geehrt.

Das Bundesverdienstkreuz gibt es in acht Abstufungen von der einfachen Verdienstmedaille bis zur Sonderstufe des Großkreuzes. Als Erstauszeichnung wird in der Regel die Medaille oder das Verdienstkreuz am Bande verliehen, Ausnahmen davon sind meist mit dem Alter des Ordenträgers oder der Bedeutung seiner Leistung begründet.

Die Verleihung einer höheren Ordensstufe erfordert neue auszeichnungswürdige Leistungen. Ob diese Voraussetzung mit einem Sieg bei der Europameisterschaft in zwei Jahren erfüllt wäre? Sicher ist nur, dass Jogi Löw seinen Orden auch dann behalten darf, wenn er keinen neuen Vertrag beim DFB unterzeichnet.

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