Bundestagswahl:Neues Tief bei der Wahlbeteiligung

Es herrscht strahlender Sonnenschein und die Bundestagswahl verläuft schleppend: Die Wahlbeteiligung liegt bislang noch unter dem Tiefstwert von 2005. Das könnte der SPD schaden. Die Briefwähler sind jedoch noch nicht miteingerechnet.

Die Spitzenkandidaten gingen mit gutem Beispiel voran: Angela Merkel (CDU), Frank-Walter Steinmeier (SPD), Gregor Gysi (Die Linke) und Renate Künast (Grüne) gaben in Berlin ihre Stimmen ab, FDP-Chef Guido Westerwelle wählte in Bonn.

Das gemeine Wahlvolk hielt sich jedoch zunächst zurück: Bis 14 Uhr haben lediglich 36,1 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimmen abgegeben. Bei der letzten Bundestagswahl 2005 lag die Wahlbeteiligung zu diesem Zeitpunkt bei 41,9 Prozent; die Wahlbeteiligung insgesamt betrug 77,7 Prozent. Dies war die niedrigste Wahlbeteiligung bei allen bisherigen Bundestagswahlen. Bestätigt sich der Trend könnte die diesjährige Wahl diese Zahl noch unterschreiten.

Gegen 16.30 Uhr gaben Niedersachsen und Bremen aktuelle Zahlen bekannt: In Niedersachsen hatten bis dahin 63,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, in Bremen 54,9 Prozent - vor vier Jahren waren es in beiden Ländern um fünf Prozent mehr.

Die abgegebenen Stimmen der Briefwähler sind jedoch nicht berücksichtigt. Da immer mehr Menschen per Post wählen, könnte dieser Effekt die geringe Wahlbeteiligung wieder ausgleichen.

Eine stärkere Wahlbeteiligung erhöht die Chancen der SPD bei der Bundestagswahl, ihr Wahlziel zu erreichen und eine schwarz-gelbe Koalition zu verhindern. "Die Wähler von Union und FDP gehen ohnehin zur Wahl, weil sie den Wechsel wollen", sagte Wahlforscher Ulrich Eith von der Universität Freiburg zu sueddeutsche.de: "Die unentschlossenen Wähler sind hingegen eher der SPD zuzurechnen. Wenn sie mobilisiert werden können, steigen die Chancen der SPD."

In den letzten Umfragen vor der Wahl zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem bürgerlichen und dem linken Lager ab. CDU und FDP kamen demnach auf 47 Prozent der Stimmen. SPD, Linke und Grüne erreichten gemeinsam den gleichen Wert. Sollte es für eine schwarz-gelbe Koalition nicht reichen, gilt die Fortführung der großen Koalition als sicher.

"Jetzt lässt es sich nicht mehr von der Hand weisen, die Wahlbeteiligung ist deutlich zurück gegangen", kommentierte ein Sprecher des Landeswahlamts in Hannover die Zahlen aus Niedersachsen. 2005 galten die Niedersachsen übrigens noch als vorbildlich, damals hatten immerhin 79,4 Prozent der Wähler ihre Stimmen abgegeben. Damit hatten sie gemeinsam mit den Saarländern die Spitzenstellung bei der Wahlbeteiligung eingenommen.

In Nordrhein-Westfalen hatten zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale erst 62,6 Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben - bei der Bundestagswahl vor vier Jahren waren zu dem Zeitpunkt bereits 71 Prozent der Wähler an die Urnen begangen. Auch in Berlin, Hamburg und Bayern war die Wahl schleppend angelaufen. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa in sechs bayerischen Städten ergab, dass in vielen Wahllokalen am Morgen weniger Betrieb herrschte als 2005. Allerdings deutete sich in zahlreichen Städten ein Rekord bei den Briefwählern an.

Größerer Zulauf wurde aus Schleswig-Holstein und Brandenburg gemeldet. Dort wird parallel zur Bundestagswahl heute auch ein neuer Landtag gewählt. In Schleswig-Holstein hatten bis 11 Uhr 25,9 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben - gut neun Prozent mehr als bei der Bundestagswahl 2005 zu diesem Zeitpunkt. In Brandenburg sagten Wahlleiter aus Potsdam, Brandenburg/Havel und Frankfurt/Oder gegenüber der dpa, die Beteiligung sei bis Mittag "sehr rege" gewesen.

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