Im Online-Shop ist die Mülltonnen-Variante schon für 79,99 Euro zu bekommen, beworben wird sie als „Großvolumen-Wahlurne 120 L mit Verschlussvorrichtung + Rollen“. Es gibt auch ein bekanntes Foto der SPD-Politikerin Franziska Giffey, wie sie bei der Wahl 2021 in Berlin ihren Stimmzettel in eine schwarze Mülltonne wirft.
Für Professor Sven T. Siefken von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung ist eine Mülltonne als Urne bei einer Wahl schlicht unangebracht, schon der Assoziationen wegen. Da werde man doch der Bedeutung des Wahlaktes nicht gerecht, sagt er.
Die Pressestelle der Bundeswahlleiterin betont auf Anfrage, dass die Bundeswahlordnung bisher „kein bestimmtes Material“ für die Wahlurnen vorschreibe. Gemäß Paragraf 51 Absatz 1 Bundeswahlordnung sorgen die Gemeindebehörden für die erforderlichen Wahlurnen. Daher könne es zu regionalen Unterschieden kommen. Vorgeschrieben sei jedoch, dass die Wahlurne verschließbar und mit einem Deckel versehen sein müsse. Im Deckel müsse es zudem einen Spalt geben, der nicht breiter als zwei Zentimeter sein darf.
Doch es gibt auch edle Wahlurnen. Zum Beispiel das Exemplar im Berliner Parlamentsviertel. Die goldfarbene Wahlurne aus Messing steht im Untergeschoss des Jakob-Kaiser-Hauses, in dem viele Abgeordnete ihre Büros haben. Die Wahlurne kam aber nicht bei einer Bundes- oder Landtagswahl zum Einsatz, sondern bei der Wahl von Theodor Heuss zum ersten Bundespräsidenten am 12. September 1949 sowie wenig später auch bei der Wahl von Konrad Adenauer zum ersten Bundeskanzler am 15. September 1949 im Deutschen Bundestag. Sie schmücken die Wappen der damals elf westdeutschen Bundesländer und Berlins; es fehlt das Saarland, das erst 1957 Teil der Bundesrepublik wurde.

Für Siefken, der seit Jahren zum Thema Parlamentarismus forscht, muss es nicht gleich eine so kunstvolle Urne sein. Aber eine Mülltonne? Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat er zusammen mit der Hochschule für bildende Künste Hamburg deshalb aus Anlass der Bundestagswahl am 23. Februar einen Ideen- und Designer-Wettbewerb für schönere Stimmbehälter ausgerufen.
Die besten Entwürfe sollen prämiert werden, es lockt ein Preisgeld von 3000 Euro
„Die Stimmabgabe bei einer Wahl ist der zentrale Moment, in dem die Bevölkerung ihre demokratische Macht aktiv ausübt“, heißt es in der Ausschreibung. Sie vollziehe sich, wenn die Kreuze gesetzt sind und der Wahlzettel in die Urne falle. Doch drücke sich heute dieser grundlegende demokratische Akt in der gestalterischen Erscheinung der Wahlurnen angemessen aus? „Sicherlich nicht“, wenn – wie in einigen deutschen Wahlbezirken – die Bürger ihre Wahlzettel in eine Mülltonne werfen müssen, wird betont. Alle Interessierten sind nun eingeladen, Verbesserungsvorschläge für die Gestaltung der Wahlurnen sowie deren räumliche und performative Inszenierung zu entwerfen, um einen angemessenen Rahmen zu finden – und um so die Demokratie zu stärken.
Eine Jury soll die besten Entwürfe prämieren, als Preisgeld stehen 3000 Euro zur Verfügung. Einreichungsschluss ist der 14. April 2025. Professor Siefken ist optimistisch, dass es interessante neue Ansätze geben kann. Eingereicht werden können nicht nur „konkrete Produktideen“, sondern auch „disruptive Visionen“.