CDU/CSU:Zu viel Streit und zu wenig Kompetenz

CDU/CSU: Es lag nicht nur an ihm: Armin Laschet, der gescheiterte Kanzlerkandidat der Union bei der Bundestagswahl.

Es lag nicht nur an ihm: Armin Laschet, der gescheiterte Kanzlerkandidat der Union bei der Bundestagswahl.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat untersucht, warum frühere Unionswähler bei der Bundestagswahl nicht mehr für die Union gestimmt haben.

Von Robert Roßmann, Berlin

In der Geschichte der CDU war der 26. September 2021 einer der schlimmsten Tage. Bei der Bundestagswahl hat die Partei fast vier Millionen Zweitstimmen verloren - in der Folge auch das Kanzleramt. Es war ihr bisher schlechtestes Ergebnis. Kein Wunder also, dass die CDU auf Ursachenforschung ist. "Wieso, weshalb, warum? Wahlmotive bei der Bundestagswahl 2021" ist der Titel einer Studie, die die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung an diesem Mittwoch veröffentlichen wird. Sie liegt der Süddeutschen Zeitung bereits vor - und sie enthält einige Hinweise für die CDU.

Die Studie fußt auf einer repräsentativen Befragung von 4000 Wahlberechtigten. Dabei interessierte sich die Adenauer-Stiftung auch für die anderen Parteien, relevant für die CDU sind aber die Ergebnisse zu ihren Anhängern. Die Stiftung fragte als Erstes nach den Wahlmotiven. Hier gaben lediglich 34 Prozent der Unionswähler an, dass der Spitzenkandidat ganz oder eher wichtig für die Wahlentscheidung gewesen sei. Alle anderen abgefragten Wahlmotive (etwa die Fähigkeit der Partei, gut zu regieren oder künftige Probleme zu lösen, das "Bauchgefühl", die inhaltliche Nähe zur Union oder wahrscheinliche Koalitionen) wurden deutlich höher bewertet. Das zeigt einmal mehr, dass Armin Laschet auch die eigenen Anhänger nicht begeistern konnte. Angela Merkel hatte bei den Wahlen 2017 und vor allem 2013 deutlich bessere Werte.

Noch interessanter ist der zweite Teil der Studie. Dort wirft die Stiftung einen Blick auf all jene, die in den vergangenen fünf Jahren bei einer Europa-, Bundestags-, Landtags- oder Kommunalwahl für die Union gestimmt haben, am 26. September dann aber nicht. Von den 4000 Befragten waren das 830. Ein Drittel von ihnen wählte nach eigener Auskunft im September die SPD, 20 Prozent die Grünen, drei Prozent die Linke, 27 Prozent die FDP und lediglich neun Prozent die AfD. Schon diese Zahlen zeigen, dass die Wahlniederlage der Union keinesfalls daran lag, dass sie nicht rechts genug aufgetreten ist.

Fast alle Unionswähler, die zu den Grünen abwanderten, gaben Klimaschutz als Grund an

Aber was hat die bisherigen Unionswähler dann abgeschreckt? Die Adenauer-Stiftung gab ihnen in der Studie 17 mögliche Gründe vor. Die Antwort "Für mich ist es wichtig, dass die Partei, die ich wähle, in der Lage ist, aktuelle Probleme zu lösen - das kann ich nicht erkennen" landete mit 78 Prozent auf Platz eins. Es folgten "Die CDU/CSU ist so zerstritten - da weiß ich nicht mehr, woran ich bin" (69 Prozent) und "Die CDU/CSU ist nicht auf der Höhe der Zeit" (68 Prozent). Fast genauso viele waren der Auffassung "Die CDU/CSU vertritt nicht mehr meine politische Überzeugung" oder "Die CDU/CSU hat einfach nicht mehr die Kraft, um weiter zu regieren". 64 Prozent gaben an: "Die CDU/CSU setzt sich nicht mehr für die Probleme der kleinen Leute ein." Der Sozialflügel der CDU verlangt schon seit Langem deutliche Kurskorrekturen, hat sich in der Partei bisher aber nicht richtig durchsetzen können.

58 Prozent der befragten ehemaligen Unionswähler sagen: "Ich weiß nicht mehr, wofür die CDU/CSU steht." Genauso viele sind der Auffassung: "Wenn es mehr Politiker wie Angela Merkel in der CDU/CSU gäbe, würde ich sie auch wieder wählen." 53 Prozent beklagen: "Die CDU/CSU setzt sich zu wenig für den Klimaschutz ein." Hier ist ein Detail interessant: 91 Prozent der früheren Unionswähler, die im September für die Grünen gestimmt haben, sagen, das habe am mangelnden Klimaschutz der Union gelegen.

47 Prozent finden, die Union kümmere "sich zu wenig um normale Menschen wie mich". Lediglich 41 Prozent sind der Auffassung, dass die Union nicht mehr "an ihren konservativen Tugenden und Werten" festhalte. 31 Prozent sagen, der Union fehle es an Wirtschaftskompetenz. Und mit zwölf Prozent auf dem letzten Platz aller Gründe kommt: "Die CDU/CSU bietet für Christen keine Heimat mehr an, daher wähle ich sie auch nicht mehr."

"Viele Menschen haben sich von der Union nicht mehr abgeholt gefühlt"

Unmittelbar nach der Bundestagswahl hatte der damalige Generalsekretär Paul Ziemiak bereits eine CDU-interne Kommission zur Analyse des Wahlergebnisses in Leben gerufen. Diese war im Januar zu dem Ergebnis gekommen, dass "der programmatische Markenkern der Union" abgeschliffen sei. Die CDU habe sich "aus grundlegenden gesellschaftlichen Debatten" zunehmend zurückgezogen, klagte die Kommission. Bei relevanten Themen offenbare die Partei "programmatische Defizite". In wichtigen Feldern lasse sie "inhaltliche Schärfe und Abgrenzung zu den politischen Mitbewerbern vermissen" und spreche "oft nicht geschlossen". Zudem habe der CDU im Wahlkampf "ein mobilisierendes, emotionales Leitthema" gefehlt. Viele Menschen, die grundsätzlich der Partei und ihren Werten nahestehen würden, hätten sich "von der Union nicht mehr abgeholt" gefühlt.

Die Kommission hatte der CDU deshalb unter anderem empfohlen, in der Partei "vorhandene Konfliktlinien" endlich zu klären - etwa in der Migrations-, der Klima- oder der Energiepolitik. Außerdem hatte sie geraten, "das große Potenzial der Konrad-Adenauer-Stiftung sowohl als Ideenschmiede der Partei als auch als intellektueller Verstärker" stärker zu nutzen. Und sie hatte sich dafür ausgesprochen, dass ein neues Grundsatzprogramm erarbeitet wird.

Auf diesen Weg hat sich die CDU inzwischen gemacht. Am Montag präsentierte sie die Präambel für ein neues Grundsatzprogramm. Diese "Grundwerte-Charta" soll jetzt Grundlage für das gesamte restliche Programm werden.

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