Bundestagswahl:Hubertus Heil, der General Universal

Die SPD präsentiert ihre Kampagne für die Bundestagswahl

Die SPD präsentiert ihre Kampagne für die Bundestagswahl Der SPD-Generalsekretär, Hubertus Heil, präsentiert am 01.08.2017 in Berlin im Willy Brandt Haus die erste Welle der Plakatkampagne der SPD für die Bundestagswahl. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

(Foto: dpa)

Lange stagnierte seine Partei-Karriere, jetzt soll der neue alte Generalsekretär den Wahlkampf der SPD retten. Bleibt die Frage: Was kann der Mann in zwei Monaten noch ausrichten?

Porträt von Christoph Hickmann

Der Generalsekretär kann jetzt nicht, er muss telefonieren. Gerade hat der Reisebus in Wandlitz, Brandenburg, gehalten, der Tross ist ausgestiegen, nur Hubertus Heil ist drinnen geblieben. Er muss, so erklärt es seine Pressesprecherin dem örtlichen SPD-Bundestagsabgeordneten, noch an der Telefonkonferenz der SPD-Spitze teilnehmen, die leider, leider mit dem Beginn dieses Termins im Museum zusammenfällt. Der Bundestagsabgeordnete sieht mäßig begeistert aus, aber gut, hilft ja nichts, also übernimmt er die Begrüßung. Der Termin fängt ohne Hubertus Heil an.

Es ist Montagmorgen, der SPD-Generalsekretär beginnt seine eineinhalbtägige Sommerreise. Es ist aber zugleich eine weitere Woche, in der es um die Zukunft der deutschen Automobilindustrie geht, weshalb die SPD-Telefonkonferenz an diesem Morgen etwas länger dauert. Heil verpasst die Führung durch das Museum, in dem es eine erstaunliche Zahl an Traktoren und Pflügen zu besichtigen gibt. Er verpasst die Führung durch die Außenanlagen. Er verpasst den kompletten Termin. So ist das eben in seinem neuen, alten Job.

Man muss die Partei mobilisieren, zum Laufen bringen, so Heil. Was Generalsekretäre eben sagen

Seit zwei Monaten ist Heil, 44, wieder Generalsekretär der SPD - kommissarischer Generalsekretär, um ganz genau zu sein, weil in der Eile der jüngsten sozialdemokratischen Personalrochade keine Zeit mehr blieb, ihn förmlich ins Amt zu wählen: Familienministerin Manuela Schwesig wechselte als Ministerpräsidentin nach Mecklenburg-Vorpommern, was dem Kanzlerkandidaten Martin Schulz die Gelegenheit gab, die bisherige Generalsekretärin Katarina Barley ins Familienministerium zu bugsieren.

Und Barleys Nachfolger wurde Heil, der den Posten schon mal hatte, von 2005 bis 2009. Er ist jetzt der Mann, der es für die SPD in der entscheidenden Phase des Wahlkampfs richten soll. Manches dürfte ihm bekannt vorkommen.

Und zwar nicht nur die Sekretärin, die ihm schon während seiner ersten Amtszeit assistierte. Es ist vor allem die Ausgangslage. Im Wahlkampf 2009 hieß der Kandidat Frank-Walter Steinmeier, doch auch damals steckten die Sozialdemokraten in einer großen Koalition fest und fühlten sich von den Wählern ungerecht behandelt, weil sie das Gefühl hatten, ihre Erfolge würden nicht gewürdigt - stattdessen fahre allein die Kanzlerin die Ernte ein. Auch damals war es so, dass die SPD in den Umfragen nicht vom Fleck kam. Allerdings war Heil damals zwar General, aber nicht wirklich für den Wahlkampf zuständig. Der damalige Parteichef Franz Müntefering hatte ihn faktisch entmachtet. Abgelöst wurde Heil nach der Wahl 2009 dann trotzdem.

Es folgten Jahre der Stagnation, jedenfalls karrieretechnisch. Heil wurde einer von mehreren stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. Das ist für einen Politiker dieses Alters normalerweise ein erstrebenswertes Amt - aber eben nicht, wenn man schon Generalsekretär war.

Einiges an seinen Auftritten wirkt ähnlich umständlich wie damals

Immer, wenn die SPD in dieser Zeit Posten zu besetzen hatte, fiel irgendwann Heils Name. Und immer ging er leer aus - auch weil er sich nicht mit dem Trostposten eines Parlamentarischen Staatssekretärs abfinden lassen wollte. Heils Hauptproblem war der Proporz: Er kommt aus Niedersachsen, und mit Sigmar Gabriel und Thomas Oppermann waren niedersächsische Männer auf den SPD-Spitzenposten bereits überrepräsentiert. Am Ende ergab sich die zweite Chance als General.

Zurück nach Wandlitz, Heils Telefonkonferenz ist vorbei - der Termin im Museum allerdings auch. Also verspricht er, demnächst mal mit Familie wiederzukommen. Die Marketingleiterin will die Chance nutzen: Herr Heil könne ja am 24. September wiederkommen, zum Naturpark- und Erntefest. Was ihr offenbar nicht bewusst ist: dass am 24. September Bundestagswahl ist. Heil lacht. Da habe er schon etwas anderes vor. "Also komm' ich dann im Oktober nach gewonnener Bundestagswahl."

Für die SPD ist noch viel drin - das betet Heil täglich vor

Es ist genau das, worauf er derzeit setzt. Die allermeisten Menschen, so betet er es täglich der Presse wie den eigenen Leuten vor, hätten die Wahl noch gar nicht auf dem Schirm. Deshalb sei für die SPD noch viel drin. Man müsse eben kämpfen. Die Partei "mobilisieren", zum "Laufen bringen". Was Generalsekretäre in Wahlkämpfen eben so sagen.

An ihm soll es jedenfalls nicht liegen. Allein am vergangenen Wochenende meldete er sich in mehreren Interviews zu Wort, attackierte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf Twitter und schaute vor dem Start seiner Sommerreise noch im Morgenmagazin vorbei. Seit Schulz' wichtigster Wahlkampfmanager wegen Krankheit ausgefallen ist, muss Heil zudem weitere interne Aufgaben übernehmen.

Fragt sich bloß, was er knapp zwei Monate vor der Wahl noch ausrichten kann? Hubertus Heil ist eher nicht der Mann für die ganz großen Entwürfe. Einiges an seinen Auftritten wirkt noch ähnlich umständlich wie damals. Und er neigt noch immer dazu, allzu gestanzt zu formulieren. Allerdings ist er eben einer, der in diesem Job kaum Einarbeitungszeit brauchte. Eine Art Feuerwehrmann. Und nach der Wahl? Auf die Frage lässt er sich derzeit nicht ein.

Dienstag, früher Nachmittag, Willy-Brandt-Haus, Hubertus Heil steht vor einer LED-Wand und sagt: "Es ist Zeit für Wahlkampf in Deutschland." Die SPD hat zur Vorstellung ihrer Kampagne geladen, Heil kommt direkt von der Sommerreise und sagt, es gehe nun um "Zeit für mehr Gerechtigkeit". Dann präsentiert er die Motive der ersten Welle an SPD-Großplakaten. "Bildung darf nichts kosten. Außer etwas Anstrengung", steht da. Oder: "Damit die Rente nicht klein ist, wenn die Kinder groß sind." Und: "Zum Land der Dichter und Denker passt eine Politik, die in Ideen investiert." Nett, ja. Aber sind das die Themen, über die das Land gerade diskutiert?

Heil kündigt dann noch die Deutschlandtournee des Kandidaten Schulz an. Und er sagt: "Dieses Bundestagswahlrennen ist offen." Es gehört zum Job eines Generalsekretärs, das bis zuletzt zu glauben.

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