Bundestagswahl:SPD stärkste Kraft, CDU und CSU mit historisch schlechten Ergebnissen

Wie hat welche Partei abgeschnitten? Welche Koalitionen sind möglich? Ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der Bundestagwahl.

Von Oliver Klasen

Sehr sehr lang war der Abend der Bundestagswahl, ungewöhnlich spät kamen diesmal Hochrechnungen und das vorläufige amtliche Endergebnis - und die Lage ist unübersichtlich. In welcher Konstellation Deutschland in den kommenden vier Jahren regiert wird, dürfte sich erst nach langen Vorgesprächen innerhalb der Parteien und Sondierungen abzeichnen.

Ein knapper Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der Wahl:

  • Die SPD ist mit 25,7 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden. In einigen Hochrechnungen am frühen Wahlabend hatte es zunächst noch nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden großen Parteien ausgesehen, aber letztlich liegt die Union mit nur 24,1 Prozent deutlich auf Platz zwei.
  • Für die Union ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Nie hatte sie bei einer Bundestagswahl einen geringeren Stimmenanteil. Im Vergleich zu 2017 verliert sie 8,9 Prozentpunkte. Die SPD, die 2017 mit 20,5 Prozent ein desaströses Ergebnis eingefahren hatte, verbessert sich um 5,2 Prozentpunkte.
  • Die Grünen liegen mit 14,8 Prozent auf Platz drei. Zwar verbessern sie sich im Vergleich mit 2017 um fast sechs Prozentpunkte, angesichts der komfortablen Lage, in der die Grünen zu Anfang des Wahlkampfes waren, ist ihr Ergebnis aber bestenfalls geradeso noch akzeptabel. Das räumt die Partei auch ein. Bereits kurz nach 18 Uhr am Sonntagabend sprach Annalena Baerbock von eigenen Fehlern und am Montag ergänzte sie: "Wir sind unter unseren Erwartungen geblieben".
  • Die FDP verbessert sich nur leicht um 0,8 Prozentpunkte und liegt jetzt bei 11,5 Prozent. Für sie ist das Ergebnis dennoch ein Erfolg, weil die Liberalen - genauso wie die Grünen -höchstwahrscheinlich über die nächste Regierung entscheiden werden.
  • Die AfD verliert 2,3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2017 und liegt bei 10,3 Prozent. Während sie in den westlichen Bundesländern zum Teil deutlich verliert, kann sie in Sachsen und Thüringen über die Erststimmen insgesamt 14 Direktmandate erringen und wird in beiden Bundesländern stärkste Kraft. In Sachsen kann sie 24,6 Prozent, in Thüringen 24,0 Prozent der Zweitstimmen auf sich vereinigen.
  • Die Linke erleidet dramatische Verluste; sie stürzt von 9,2 auf nur noch 4,9 Prozent der Zweitstimmen ab. In den Bundestag zieht sie dennoch ein, denn es greift die sogenannte Grundmandatsklausel. Parteien ziehen auch dann in den Bundestag ein, wenn sie bundesweit mindestens drei Direktmandate erringen, das ist bei der Linken der Fall.
  • Die CSU hat das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit 1949 eingefahren. Sie kommt in Bayern, wo sie ausschließlich antritt, auf 31,7 Prozent der Zweitstimmen, 7,1 Prozentpunkte weniger als 2017. Allerdings gewinnen die Christsozialen über die Erststimmen 45 der 46 Direktmandate in Bayern, lediglich im Wahlkreis München-Süd setzte sich die Grüne Jamila Schäfer mit 27,5 Prozent der Erststimmen gegen den CSU-Bundestagsabgeordneten Michael Kuffer durch, der auf 26,8 Prozent kommt.
  • Sonstige Parteien: Der Anteil der kleineren Parteien ist höher als bei früheren Bundestagswahlen und beläuft sich auf 8,6 Prozent. Die größten Anteile darunter haben die Freien Wähler, die in Bayern an der Landesregierung beteiligt sind mit 2,4 Prozent sowie die Tierschutzpartei mit 1,5 Prozent und die Querdenker-Partei "Die Basis" mit 1,4 Prozent.
  • Regierungsanspruch: Beide großen Parteien - sowohl die SPD als auch die CDU/CSU erheben den Anspruch, eine Regierungsbildung zu versuchen. Am Wahlabend äußerten sich sowohl SPD-Kanzlerkandidat Scholz als auch Unionskanzlerkandidat Laschet in diese Richtung. Während Scholz das am Montagmorgen erneut bekräftigte und seine Partei uneingeschränkt hinter sich weiß, rumort es in den Unionsparteien. CSU-Chef Söder spricht inzwischen nur noch von einem "Angebot" zur Regierungsbildung und warnt vor einem "Schönrechnen" des Union-Ergebnisses. Laschet sagte im CDU-Vorstand, aus diesem Wahlergebnis könne in der Union niemand einen Anspruch auf die Regierungsbildung ableiten. "Wir stehen bereit für andere Konstellationen, wenn eine Ampel nicht klappt", so Laschet.
  • Mögliche Koalitionen: Zwei Parteienbündnisse erscheinen nach derzeitiger Lage denkbar: eine Ampel unter Führung der SPD und eine Jamaika-Koalition unter Führung der Union. (Rechnerisch möglich wären auch die Fortsetzung der großen Koalition, die nach den Äußerungen aus SPD und Union sehr unwahrscheinlich ist sowie ein Bündnis aus Union, FDP und AfD, was die beiden Erstgenannten allerdings kategorisch ausgeschlossen haben). FDP und Grüne haben am Wahlabend signalisiert, das sie zunächst gemeinsam reden wollen, bevor es zu Sondierungen mit einer der großen Parteien kommen soll.
  • Größe des Bundestages: Der neu gewählte Bundestag wächst, aber nicht so stark wie von Experten vor der Wahl befürchtet. 735 Abgeordnete ziehen in den neuen Bundestag ein, wie der Bundeswahlleiter im vorläufigen Wahlergebnis mitteilt. In der ablaufenden Legislaturperiode hatte das Parlament 709 Abgeordnete. 598 Abgeordnete werden nach den Regelungen des Bundeswahlgesetzes mindestens in den Deutschen Bundestag gewählt. Aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten fällt die Zahl der Sitze aber noch deutlich höher aus.
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