Bundestagswahl 2025:Merz stellt Bedeutung von TV-Duellen im Wahlkampf infrage

„Ob die wirklich am Ende des Tages noch mal Einfluss auf die Wahlen haben? Fragezeichen“, gibt der Kandidat der Union zu Protokoll. Eine Umfrage sieht Scholz beim TV-Duell leicht vorn.

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Wichtige Updates

Merz verspricht Klimaschutz-Bemühungen und weist Wahlbetrugsvorwürfe zurück

Baerbock sieht Einigung auf Finanzpaket als grünen Erfolg

Berichte: Söder plant Krisensitzung Anfang nächster Woche

AfD, Linke und FDP kritisieren Finanzpaket – Lob aus der Wirtschaft

Wie es nach der Einigung weitergeht

Nadja Lissok
Nadja Lissok

Neuer Gesetzentwurf zum Finanzpaket liegt vor

Nach der Einigung von Union, SPD und Grünen wurde ein neuer Gesetzentwurf für das geplante Multimilliarden-Finanzpaket formuliert, der der SZ vorliegt. Demnach soll bereits im Grundgesetz festgehalten werden, dass die Investitionen aus dem schuldenfinanzierten, 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen „für zusätzliche Investitionen“ gedacht sind. Es soll auch definiert werden, wann diese Zusätzlichkeit vorliegt, und zwar, „wenn im jeweiligen Haushaltsjahr eine angemessene Investitionsquote im Bundeshaushalt erreicht wird“. Nur die genaue Angemessenheit der Investitionsquote ist wiederum nicht festgeschrieben.

100 Milliarden Euro aus dem Sondertopf sollen in den bestehenden Klima- und Transformationsfonds fließen. Auch die Formulierung „Klimaneutralität bis 2045“ wird mit dem Sondertopf ins Grundgesetz geschrieben. Damit taucht der Begriff der Klimaneutralität erstmals überhaupt im Grundgesetz auf.

Außerdem ist im Entwurf festgehalten, dass die geplante Lockerung der Schuldenbremse nicht nur für Verteidigungsausgaben, sondern auch für Ausgaben des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Nachrichtendienste, Cybersicherheit und die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten gilt. Der Haushaltsausschuss soll sich am Sonntag mit den geplanten Grundgesetzänderungen befassen. Er gibt dann eine Beschlussempfehlung für die entscheidende Sitzung im Bundestag am Dienstag ab.

Bis fünf Uhr morgens haben Union, SPD und Grüne am Freitag miteinander verhandelt. Lesen Sie nach, wie es zu der historischen Einigung kam (mit SZ Plus):
Dimitri Taube

Merz verspricht Klimaschutz-Bemühungen und weist Wahlbetrugsvorwürfe zurück

CDU-Chef Friedrich Merz will als Kanzler den Klimaschutz nach eigenen Angaben ernst nehmen. Der Bild am Sonntag sagte Merz: „Noch bin ich ja kein Bundeskanzler. Aber ich kann Ihnen garantieren: Ein Grüner werde ich sicher nicht. Aber ein Kanzler, der sich der umweltpolitischen Verantwortung stellt.“

Union, SPD und Grüne hatten sich auf ein Milliardenpaket für Verteidigung und Investitionen in Infrastruktur verständigt. Für die erforderliche Änderung des Grundgesetzes sind die möglichen künftigen Koalitionspartner CDU/CSU und SPD auf Unterstützung der Grünen angewiesen. Zudem soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert werden, und zwar nicht nur für Verteidigungsausgaben, sondern auch für Ausgaben des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Nachrichtendienste, Cybersicherheit und die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten.

Merz wies Vorwürfe zurück, mit dem Ja zur Reform der Schuldenbremse Wahlbetrug begangen zu haben. „Ich nehme den Vorwurf ernst, aber ich halte ihn für nicht gerechtfertigt“, sagte der CDU-Vorsitzende. „Ich habe aber auch schon vor der Wahl gesagt: Man kann über eine Änderung des Grundgesetzes sprechen“, erklärte er. „Ich habe das immer mal wieder – auch intern zu meinen Kollegen – gesagt: Lasst uns mal nicht zu sehr darauf fixiert sein, dass wir sie nie und nimmer ändern. In unserem Leben ist nichts für die Ewigkeit“, fügte Merz hinzu.

Noch im Juli vergangenen Jahres hatte Merz im ARD-„Morgenmagazin“ gesagt: „Die Schuldenbremse, so wie sie im Grundgesetz angelegt ist, ist richtig.“ Mitte November schloss er als Kanzlerkandidat dann eine Reform der Schuldenbremse nicht mehr aus.
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Duell um grünen Vertreter im Bundestagspräsidium

In der Grünen-Fraktion gibt es gleich zwei Kandidaten für die Vizepräsidentschaft im Bundestag. Sowohl die bisherige Amtsinhaberin Katrin Göring-Eckardt als auch der frühere Parteichef Omid Nouripour haben ihren Hut mit Bewerbungsschreiben in den Ring geworfen. Das ist ungewöhnlich, da solche Personalien in der Fraktion eher intern geklärt werden.

Göring-Eckardt begründete ihre Bewerbung unter anderem mit ihrer Herkunft aus Ostdeutschland. „Wir sollten als Partei und Fraktion diesen Teil unseres Landes nicht den rechten Scharfmachern überlassen“, betonte sie. Nouripour erklärte in seinem Schreiben, seine Erfahrung in unterschiedlichen Ämtern und sein biografischer Hintergrund hätten ihn gelehrt, „Brücken zu bauen, unterschiedliche Perspektiven zusammenzuführen und respektvolle Debatten zu fördern – weit über Parteigrenzen hinaus“. Über Nouripours Bewerbung hatte zuerst der Spiegel berichtet.

Das Präsidium wird in der ersten Sitzung des neuen Bundestags am 25. März gewählt. Präsident und Vizepräsidenten leiten die Bundestagssitzungen und wachen über die Einhaltung der parlamentarischen Ordnung.
Dimitri Taube

Baerbock sieht Einigung auf Finanzpaket als grünen Erfolg

Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock hat die Einigung mit Union und SPD auf das Milliardenpaket für Verteidigung und Infrastruktur als Erfolg ihrer Partei gelobt. „Unterschätzt niemals Bündnis 90/Die Grünen“, sagte Baerbock beim Landesparteitag der Brandenburger Grünen. „Jetzt wurde ein neues Kapitel grüner Politik aufgeschlagen, ein neues Kapitel grüner Geschichte.“

Baerbock sagte mit Blick auf die Verhandlungspartner: „Wenn man keine Freunde hat, mit denen man ringen kann, dann macht man Vorschläge, die vielleicht nicht so durchdacht sind und dann muss man sich von der Opposition helfen lassen.“ Außerdem sagte sie: „Wir wollen in unsere Zukunft investieren, in den Klimaschutz investieren, aber eben auch in den Frieden, in unsere Sicherheit investieren.“ Außenpolitisch hatte Baerbock die Einigung auf das Paket bereits bei einem Besuch in Kanada gewürdigt.
Sebastian Strauß

CSU fordert Reformen und Einsparungen nach Einigung auf Finanzpaket 

Nach der Einigung von Union, SPD und Grünen über das geplante Milliarden-Finanzpaket fordert die CSU zusätzliche Reformen und Sparmaßnahmen. „Das Investieren, das können wir mit diesem Sondervermögen machen. Aber die Aufgabe Reformieren und Konsolidieren, die liegt noch vor uns“, sagte der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in den ARD-Tagesthemen. Das sei die Aufgabe für die Arbeitsgruppen in den Koalitionsverhandlungen der nächsten Tage. Es müsse „deutlich gespart werden“, um das Land „fitter“ zu machen – etwa beim Bürgergeld. 

Die Kritik der Freien Wähler an der geplanten Lockerung der Schuldenbremse hält Dobrindt nicht für problematisch. „Der Freistaat Bayern wird diesem Paket zustimmen, da muss man sich gar keine Gedanken drüber machen“, sagte er. Im Bundesrat ist für die Grundgesetzänderung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Ohne die Zustimmung der Freien Wähler müsste sich Bayern in der Länderkammer eigentlich enthalten. Das könnte das Projekt gefährden.
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Berichte: Söder plant Krisensitzung Anfang nächster Woche

Nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat wird nächste Woche über das Finanzpaket von Union und SPD abgestimmt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat es mitverhandelt, sein Koalitionspartner Hubert Aiwanger von den Freien Wählern ist allerdings dagegen. Aiwanger hatte sich gegen eine Zustimmung Bayerns im Bundesrat ausgesprochen. Eine geplante Lockerung der Schuldenbremse bedeute "mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes".

Wie die Nachrichtenagentur Reuters und BR24 berichten, soll sich am Montag der Koalitionsausschuss treffen und über die Pattsituation beraten. Die Staatskanzlei und das von Aiwanger geführte Wirtschaftsministerium äußerten sich am Freitagabend nicht.

Das milliardenschwere Finanzpaket wird nicht nur innerhalb der Koalition, sondern scheinbar auch innerhalb der Freien Wähler diskutiert. Der bayrische Landkreistag, zu dem auch 13 Landräte der Freien Wähler gehören, hatte sich für das Paket ausgesprochen. Später wiesen diese teilweise zurück, dass das Vorgehen des Landkreistages einstimmig war.
Juri Auel
Juri Auel

Um Sitzung des alten Parlaments zu verhindern: AfD ruft Linke zum Schulterschluss im Bundestag auf - und erhält Absage

Nach ihrem Scheitern vor dem Bundesverfassungsgericht will die AfD auf einem anderen Weg verhindern, dass der Bundestag noch in alter Zusammensetzung das geplante Milliarden-Schuldenpaket beschließt. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Stephan Brandner ruft die Linken auf, gemeinsam mit der AfD unverzüglich die Einberufung des neuen Bundestages zu beantragen. „Die Fraktionen von AfD und Linkspartei vereinen im neugewählten Bundestag mehr als ein Drittel aller Abgeordneten auf sich“, erklärt Brandner. „Gemeinsam könnten beide Fraktionen daher gemäß Artikel 39 des Grundgesetzes dafür sorgen, dass der neue Bundestag unverzüglich zusammentreten muss. Dadurch kann verhindert werden, dass der alte und aufgelöste Bundestag über die weitreichenden Schuldenpläne von Union, SPD und Grünen entscheiden kann“, sagt er weiter.

Die AfD erhielt auf ihre Anfrage jedoch eine klare Absage der Linken. „Wir arbeiten weder in dieser noch in einer anderen Frage mit der AfD zusammen", sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Links-Fraktion, Christian Görke, der Nachrichtenagentur Reuters.

Mehr zu den Hintergründen und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem Fall lesen Sie hier mit SZ Plus: 
Sebastian Strauß

AfD, Linke und FDP kritisieren Finanzpaket – Lob aus der Wirtschaft

Nach der Einigung von Union, SPD und Grünen auf ein schuldenfinanziertes Finanzpaket für Infrastruktur und Verteidigung kritisierte die AfD-Spitze die Vereinbarung scharf. Parteichefin Alice Weidel und Fraktionschef Tino Chrupalla warfen CDU-Chef Friedrich Merz vor, sich von den Grünen „über den Tisch ziehen“ zu lassen. Merz habe sich „vor den Begehrlichkeiten der grünen Wahlverlierer in die Knie gezwungen“ und beuge die Verfassung, so Weidel und Chrupalla.

Auch die Linken-Chefin Ines Schwerdtner kritisierte die Einigung gegenüber der Funke Mediengruppe. Union, SPD und Grüne hätten einen zentralen Fehler der Ampel wiederholt, „nämlich Klimaschutz und Aufrüstung ohne sozialen Ausgleich“. Schwerdtner rief die Abgeordneten der Grünen dazu auf, dem Kompromiss nicht zuzustimmen. „Noch ist es nicht zu spät“, sagte sie.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr zeigte sich ebenfalls enttäuscht. Er warf der Union auf X vor, ihre Überzeugungen bereits in den Sondierungen mit der SPD aufgegeben zu haben und nun vor den Grünen zu kapitulieren. „Keine Wirtschaftswende, keine Reformen, dafür gigantische Schulden – damit fällt Friedrich Merz noch hinter die Ära Merkel zurück.“

Ökonomen hingegen lobten die Einigung. „Es ist ein sehr guter Kompromiss zwischen Schwarz-Rot und Grün erzielt worden“, sagte Wirtschaftsprofessor Jens Südekum vom Düsseldorf Institute for Competition Economics. Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erklärte, es sei positiv, „dass die deutschen Parteien ihre Einigungsfähigkeit im krisenhaften geopolitischen Umfeld unter Beweis stellen“.

Auch Umweltverbände äußerten sich zustimmend. Greenpeace sprach von einem guten Signal, „dass die künftige Regierung jetzt gezielt in den Klimaschutz investieren will“.
Philipp Saul
Philipp Saul

Wie es nach der Einigung weitergeht

CDU, CSU, SPD und Grüne haben sich auf ein milliardenschweres Finanzpaket geeinigt, doch bis die neue Bundesregierung das Geld ausgeben kann, ist noch einiges zu tun. Der Zeitplan:
  • Zunächst einmal wollen die Fraktionen an diesem Freitagnachmittag einen gemeinsamen Änderungsantrag beschließen und veröffentlichen, in dem die Details der Einigung festgehalten werden.
  • Der Haushaltsausschuss, der eigentlich bereits am Vormittag tagen sollte, soll den Plänen zufolge erst am Sonntag zusammenkommen und eine Empfehlung für das Vorhaben abgeben.
  • Sollte das Bundesverfassungsgericht nicht noch etwas dagegen haben, tritt am Dienstag der alte Bundestag zusammen, um über das Paket abzustimmen. Für die geplanten Grundgesetzänderungen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
  • Wenige Tage später, am Freitag, könnte dann der Bundesrat entscheiden – auch hier ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Beschluss nötig. Diese ist nicht sicher, da Länder nur dann zustimmen können, wenn ihre Regierungskoalitionen eine gemeinsame Linie gefunden haben.
  • Der neue Bundestag konstituiert sich am 25. März. Deshalb drängt die Zeit, um das Paket noch mit dem alten Parlament zu verabschieden. 
Kassian Stroh
Kassian Stroh

Rechtsausschuss stoppt weiteren Vorstoß für neues Abtreibungsrecht

Eine Änderung des Abtreibungsrechts ist vor der Konstituierung des neuen Bundestags wohl endgültig nicht mehr zu erwarten. Der Rechtsausschuss des alten Bundestags hat in nicht öffentlicher Sitzung einen neuerlichen Vorstoß der Befürworter einer Liberalisierung von der Tagesordnung abgesetzt – mit den Stimmen von Union, FDP und AfD. Wie die Nachrichtenagentur KNA unter Berufung auf nicht näher benannte „Ausschusskreise“ schreibt, hätten Grüne und Linke das Thema auf der Tagesordnung behalten wollen, die SPD habe sich bis auf eine Stimme enthalten.

Mit der Absetzung des Themas im Ausschuss ist nun nicht mehr zu erwarten, dass es im alten Bundestag noch zu einer Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf für eine Reform kommt. Mit der Konstituierung des neuen Bundestags am 25. März werden alle noch offenen Gesetzentwürfe hinfällig. Mit den dann neuen Mehrheitsverhältnissen im Parlament gilt eine Liberalisierung als unwahrscheinlicher als bislang.

Kern des ursprünglich vor allem aus den Reihen von SPD und Grünen unterstützten interfraktionellen Gesetzentwurfes ist es, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz herauszunehmen. Abbrüche bis zur zwölften Woche sollen stattdessen „rechtmäßig und straffrei“ sein und im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Eine Beratungspflicht soll bleiben, allerdings ohne die derzeit geltende Wartezeit von drei Tagen bis zur Abtreibung.
Juri Auel
Juri Auel

Worauf sich die Parteien geeinigt haben 

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat in einem Statement die Details der Einigung mit SPD und Grünen über neue Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur vorgestellt. Demnach verständigten sich die Parteien darauf, Ausgaben für Verteidigung, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen, von der Schuldenbremse auszunehmen. Neu ist jedoch, dass der Begriff der Verteidigung ausgeweitet wird. Somit sollen nun auch Ausgaben für Zivil- und Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste und „Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten“ – also zum Beispiel die Ukraine – darunterfallen.

Des Weiteren einigten sich die Parteien darauf, ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur zu schaffen. Anders als bisher geplant soll es auf zwölf, nicht auf zehn Jahre ausgelegt sein. Zudem soll es dabei gezielt um zusätzliche Ausgaben für die Infrastruktur gehen. Von diesem Geld sollen 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds fließen, um die Wirtschaft klimaneutral zu machen. Dieser Punkt war den Grünen besonders wichtig.

Und auch die Länder sollen von den neuen Regelungen profitieren. Alle Länder zusammen sollen künftig im Jahr 0,35 Prozent des BIP an neuen Schulden aufnehmen dürfen. Dieser Punkt war in den Verhandlungen jedoch unstrittig. 
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Verfassungsrichter: Sondersitzung des Bundestags am Dienstag darf stattfinden

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat mehrere Eilanträge abgelehnt, die sich gegen eine geplante Sondersitzung im Bundestag richten. Die Abgeordneten können deshalb am Dienstag im Parlament zusammenkommen und über ein milliardenschweres Finanzpaket abstimmen, dass die möglichen Koalitionäre von CDU und SPD auf den Weg gebracht haben und über das sie sich auch mit den grünen verständigt haben. Bis zum Zusammentritt des neu gewählten Bundestags sei das alte Parlament „in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt", hieß es als Begründung der Richter. 

Die AfD-Fraktion und die künftige Linksfraktion wollten den Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen. Auch einzelne Abgeordnete hatten Anträge gestellt. Die AfD argumentierte, dass der alte Bundestag nicht mehr die demokratische Legitimation habe, um über Verfassungsänderungen zu entscheiden. Auch von der Linken hieß es, durch die Einberufung des alten Bundestags würden die Rechte neuer Abgeordneter verletzt.

Da für eine Grundgesetzänderung zum schwarz-roten Paket für Verteidigung und Infrastruktur eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt wird, die im neuen Bundestag nur noch mit Stimmen der Linken oder der AfD erreicht werden kann, muss es aus Sicht der möglichen Koalitionäre schnell gehen.
Michael Bauchmüller
Michael Bauchmüller

SPD-Generalsekretär: "Starkes Zeichen für unser Land"

Bevor er SPD-Generalsekretär wurde, war Matthias Miersch der oberste Umwelt- und Klimapolitiker seiner Fraktion. Entsprechend zufrieden ist er nun mit dem Ausgang des Tauziehens zwischen Union, SPD und Grünen. Die Einigung setze "ein starkes Zeichen für die Zukunft unseres Landes", sagte Miersch der Süddeutschen Zeitung. Nicht nur bedeuteten 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz auch moderne Energienetze, bessere Wärmeinfrastruktur und klimafreundliche Mobilität. "Erstmals steht unser Ziel der Klimaneutralität 2045 im Grundgesetz", lobte Miersch. "Das ist ein historischer Schritt, der unser Land unabhängiger, gerechter und zukunftsfähiger macht." 

Mit den 100 Milliarden Euro, die in den Klima- und Transformationsfonds fließen sollen, werde der klimafreundliche Umbau der Wirtschaft gestärkt. Schließlich werde das Land ohne moderne Infrastruktur und eine starke Wirtschaft "weder sicher noch klimaneutral”, findet Miersch. In den Stunden nach der Einigung scheint es nur Gewinner zu geben.

Kassian Stroh
Kassian Stroh

Klingbeil: „Ein kraftvoller Anschub für Deutschland“

Der Partei- und Fraktionschef der SPD, Lars Klingbeil, sieht in der Einigung auf enorme schuldenfinanzierte Investitionen einen Fortschritt für das Land. „Das Paket ist ein kraftvoller Anschub für Deutschland. Es hat das Potenzial, unser Land für die nächsten Jahre, vielleicht Jahrzehnte nach vorne zu bringen“, sagte Klingbeil laut einer Mitteilung der SPD-Fraktion. 

Das geplante sogenannte Sondervermögen über 500 Milliarden Euro nannte er „das größte Infrastrukturprogramm in Deutschland seit jeher“. Gemeinsam habe man in der demokratischen Mitte das Fundament gelegt, dass Deutschland wieder auf die Beine komme und sich schützen könne, fügte Klingbeil hinzu.

„Wir wollen unser Land von finanziellen Fesseln befreien“, sagte er später bei einem kurzen Pressestatement. Wenn das Paket verabschiedet werde, könne genau dies gelingen. Deutschland könne ein „historisches Signal“ senden – an Europa, die Ukraine, aber auch an die Präsidenten in Russland und den USA. 

Das geplante Paket sei durch die Verhandlungen besser geworden. Es sei gut, dass so manche Verletzung aus dem Wahlkampf von der politischen Mitte überwunden werden konnte, sagte Klingbeil zudem zu den Gesprächen. Er geht davon aus, dass die SPD im Bundestag das Paket mittragen wird. Er habe in der Fraktionssitzung der SPD eine „breite Zustimmung“ der Abgeordneten registriert.
Juri Auel
Juri Auel

Grüne: „Diese Gespräche haben sich gelohnt“ 

Nun treten auch die Grünen vor die Presse und schildern ihre Sicht auf die Einigung. Die Beratungen mit der Union und der SPD seien „intensiv und ernsthaft“ gewesen, sagt Katharina Dröge, Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion. Die Zustimmung der Grünen zum Vorhaben der künftigen Koalitionäre sei „lange offen“ gewesen, den vorgelegten Entwurf habe man nicht billigen können. Das habe sich durch die Verhandlungen geändert. Man habe es geschafft, dass das Geld in die richtige Richtung gelenkt werde, sagt Dröge, auch wenn man selbst nicht Teil der neuen Regierung sei. 

Dabei hebt sie hervor, dass den Grünen wichtig war, dass die neuen Mittel des Klima- und Transformationsfonds zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 dienen sollten und dass dies nun auch im Grundgesetz festgehalten werde. Man habe sich durchaus auch eine strukturelle Reform der Schuldenbremse vorstellen können, dies sei jedoch derzeit nicht möglich gewesen.

Ihre Fraktionsvorsitzenden-Kollegin Britta Haßelmann sagt, niemand könne leugnen, dass Deutschland in der veränderten Sicherheitslage auch mehr in Sicherheit investieren müsse. Es sei aber gut, dass die Grünen erreicht hätten, dass Verteidigung nun mehr bedeute als lediglich die Ertüchtigung der Bundeswehr. „Diese Gespräche haben sich gelohnt, eine gute Basis zu entwickeln, und ich bin froh über das Ergebnis“, sagt Haßelmann. 

Wie die Grünen-Fraktion letztendlich abstimmen wird, ob es Abweichler gibt und wenn ja, wie viele – darüber gibt Dröge keine Auskunft. Es habe noch keine Probeabstimmung gegeben, sagt sie. Haßelmann ergänzt, sie habe aber keine Sorge, dass die Fraktion dem Vorhaben zustimmen werde. 
© SZ/Reuters/dpa/epd/KNA/Bloomberg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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