Bundestagswahl 2025:Einflussreiche SPD-Abgeordnete wollen Kanzlerkandidatenfrage in Gremien entscheiden

Doch kein zweiter Anlauf für Olaf Scholz? Die mächtigen SPD-Mitglieder Wiebke Esdar und Dirk Wiese sagen, die Kanzlerkandidatenfrage sei noch nicht entschieden – und berichten von „viel Zuspruch für Borius Pistorius“.

Alle Entwicklungen im Liveblog

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Wichtige Updates

Kukies glaubt nicht mehr an Reform der privaten Altersvorsorge

Lindner: „Ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte“

Lindner will nicht zurücktreten - und äußert sich in Videobotschaft

Ex-Schatzmeister tritt aus der FDP aus

Buschmann soll neuer FDP-Generalsekretär werden

Lara Thiede
Lara Thiede

Merz: Außenpolitisch eher einig mit Grünen als SPD

Die Union teilt nach Einschätzung ihres Kanzlerkandidaten Friedrich Merz außenpolitisch mehr Positionen mit den Grünen als mit der SPD. Auf die Frage, mit wem er nach einer erfolgreichen Bundestagswahl besser zusammenarbeiten könnte, sagte der CDU-Politiker der Bild: „In der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es sicher mit den Grünen mehr Gemeinsamkeiten als mit der SPD. Mit Blick auf die Wirtschaftspolitik der Grünen sind wir ganz anderer Meinung, da brauchen wir einen grundlegenden Kurswechsel."

Merz betonte, zunächst hätten die Wähler das Wort. Die Union führe auch keinen Koalitionswahlkampf. „Wir kämpfen um jede Stimme. Und nach der Bundestagswahl sprechen wir dann mit den demokratischen Parteien der politischen Mitte, wie wir diesen Kurswechsel hinbekommen", sagte er.

Am Wochenende hatte bereits die Grünen-Chefin Franziska Brantner im Konflikt mit Russland eine größere Nähe zu Merz als zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) signalisiert. Auf die Frage „Was können Sie mit Herrn Merz besser als mit Herrn Scholz?" sagte Brantner der Bild am Sonntag:  „Frieden, Freiheit in Europa und klar an der Seite der Ukrainer stehen." Der Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck und der Grünen-Co-Parteichef Felix Banaszak äußerten sich am Montag ebenfalls kritisch zum Ukraine-Kurs des Kanzlers und der SPD.
Lara Thiede
Lara Thiede

Insa-Umfrage: Grüne und SPD werden beliebter

Die Grünen und auch die SPD haben dem aktuellen Meinungstrend des Instituts Insa zufolge in der Wählergunst im Vergleich zur Vorwoche wieder zugelegt. Das meldet die Bild-Zeitung einem Vorabbericht zufolge unter Berufung auf den aktuellen Insa-Meinungstrend. „Zwei Wochen bevor der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellt, steigen die Werte für SPD und Grüne.", sagte Insa-Chef Hermann Binkert dem Blatt.

Wäre am Sonntag Bundestagswahl, kämen die Grünen derzeit auf 13 Prozent. Das sind zwei Punkte mehr als in der Vorwoche. Die SPD gewinnt einen Prozentpunkt und erreicht 16 Prozent. CDU/CSU (31,5 Prozent) und AfD (18,5 Prozent) verlieren jeweils einen Prozentpunkt. FDP (4,5 Prozent), die Linkspartei (3,5 Prozent) und das BSW (7,5 Prozent) halten ihre Werte aus der Vorwoche. Für den Insa-Meinungstrend im Auftrag der Bild wurden vom 29. November bis zum 2. Dezember 2024 2003 Bürgerinnen und Bürger befragt. 
Lara Thiede
Lara Thiede

Kukies glaubt nicht mehr an Reform der privaten Altersvorsorge

Bundesfinanzminister Jörg Kukies glaubt nicht daran, dass die private Altersvorsorge noch wie geplant reformiert wird. „Die Realität sieht aber so aus, dass die Wahrscheinlichkeit, das Gesetz mit allen Fristen noch durch den Bundestag und Bundesrat zu bringen, sehr gering ist", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Dienstag. Eine Reform sei aber grundsätzlich wichtig, weil die Riester-Rente nicht ausreichend angenommen werde. Kukies-Vorgänger Christian Lindner (FDP) wollte vor allem private Aktienanlagen steuerlich fördern.

Kukies ergänzte, vor der Bundestagswahl Ende Februar sollten die Bürger noch an mehreren Stellen entlastet werden, etwa durch eine Erhöhung des Kindergeldes und den Ausgleich der sogenannten Kalten Progression. Bei dieser sollen die Tarife in der Einkommensteuer bis 2026 an die Inflation angepasst werden. „Eine Konjunkturbremse und restriktive Finanzpolitik können wir uns in der aktuellen Lage nicht leisten." 
Philipp Saul
Philipp Saul

Lindner: „Ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte“

Wenige Monate vor der Bundestagswahl bekommt die FDP wegen der „D-Day“-Affäre massiven Gegenwind. In Umfragen steht die Partei derzeit bei drei bis fünf Prozent, für die Liberalen besteht die Gefahr, aus dem Parlament zu fliegen. Nach dem Rücktritt von Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat nun Marco Buschmann als neuer Generalsekretär die schwierige Aufgabe, den Wahlkampf der FDP zu organisieren. Dass das nicht leicht wird, deutete Parteichef Christian Lindner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz an: „Ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, ohne Marco Buschmann ein Comeback der FDP am 23. Februar zu erreichen.“ In der aktuellen Lage und der Kürze der Zeit wäre das „unendlich viel schwerer gewesen“. Buschmann sei die einzige denkbare Option als Generalsekretär gewesen.

Der FDP wird vorgeworfen, ein Ausscheiden der Partei aus der Bundesregierung detailliert geplant zu haben. Lindner räumte nun zwar „Prozessfehler“ und „kommunikative Fehler“ nach dem Scheitern der Ampelregierung ein. „Das bedauern wir sehr, weil dadurch die Lauterkeit unserer Motive von unseren politischen Gegnern infrage gestellt werden konnte.“ Lindner spielte die Affäre insgesamt erneut herunter: „Die Freien Demokraten sehen keinen Grund, sich zu rechtfertigen dafür, dass wir neue Politik oder neue Wahlen wollten, und dass wir uns darauf vorbereitet haben.“ Mit Blick auf das Scheitern der Ampel sprach Lindner von einer Deutungsschlacht. „Es geht darum, die FDP zu zerstören, damit danach die eigenen Machtoptionen für SPD oder Grüne verbessert werden.“

Bei der Vorstellung Buschmanns bemühten sich Lindner und der neue Generalsekretär, den Eindruck parteiinterner Geschlossenheit zu vermitteln. Der FDP-Chef sprach von einem engen persönlichen Vertrauensverhältnis zu Buschmann und attestierte ihm unbestrittene intellektuelle „Brillanz“. Er nannte Buschmann „den besten Wahlkampfplaner und Programmatiker unserer Partei seit vielen Jahrzehnten“. Buschmann wiederum bezeichnete Lindner als den „besten Spitzenkandidaten“, den die FDP haben könne. Beide versuchten sie, das inhaltliche Profil der FDP im Wahlkampf herauszuarbeiten, sprachen etwa die Forderung nach einer „Wirtschaftswende“ und nach mehr Kontrolle beim Thema Migration an.
Katja Guttmann
Katja Guttmann

Lindner will nicht zurücktreten - und äußert sich in Videobotschaft

Angesichts der anhaltenden Debatte um das FDP-Strategiepapier zum Bruch der Ampel-Koalition wendet sich FDP-Chef Christian Lindner direkt an die Bürgerinnen und Bürger. In einer auf der Plattform X veröffentlichten Videobotschaft sagte er: „Gegenwärtig wird über die Deutung des Ampel-Aus gerungen. Es ist eine Machtauseinandersetzung.“ Fehler der FDP, die er bedauere, würden von politischen Gegnern genutzt, die Glaubwürdigkeit der FDP zu zerstören oder eine Charakterfrage zu stellen. 

Lindner sagte, die Ampel sei nicht an der FDP gescheitert, sondern weil sie die Akzeptanz der Bürger verloren habe. In der Ampel habe es große politische Unterschiede gegeben. „Ein mögliches Aus wurde immer wahrscheinlicher.“ Die FDP habe sich deshalb darauf vorbereitet - so, wie es die Koalitionspartner auch getan hätten. Mit Blick auf das Papier sagte Lindner: „Fetzen aus Sitzungen und internen Dokumente unserer unterschiedlichen Vorbereitungen wurden Medien zugespielt. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen zu Hause ist. Bei uns im geschützten Raum intern, da wird auch manches gesagt und manches aufgeschrieben, was bei näherer Betrachtung nicht akzeptabel ist.“ 

Lindner schließt einen Rücktritt aus und will bei der Bundestagswahl am 23. Februar als Spitzenkandidat antreten, das sagte er später in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Die FDP sei aus inhaltlicher Überzeugung nicht bereit gewesen, die Ampel-Politik weiter mitzutragen. Mit diesen Inhalten wolle er zur Bundestagswahl am 23. Februar vor die Bürger treten. „Jetzt gehe ich durch diesen Hagelschauer mit faustgroßen Hagelkörnern. Aber das mache ich ja deshalb, weil ich an etwas glaube und gerne wissen will, ob das bei den Bürgerinnen und Bürgern Unterstützung findet“, sagte Lindner.
Lara Thiede
Lara Thiede

Die Linke: „Scholz hat in der Wohnungspolitik komplett versagt“ 

Die Linke fordert angesichts steigender Mieten ein gesetzliches Verbot von Mieterhöhungen. „Als Sofortmaßnahme braucht es einen Mietenstopp für sechs Jahre. Hiermit werden Mieterhöhungen ausgeschlossen“, heißt es in einem Positionspapier des Linken-Co-Chefs Jan van Aken und der Wohnungspolitik-Expertin der Partei, Caren Lay, das an diesem Montag vorgestellt werden soll und der Nachrichtenagentur dpa vorab vorlag. Zuerst hatte der „Stern“ berichtet.

Während des Mietenstopps soll ein bundesweiter Mietendeckel auf den Weg gebracht werden. Ziel sei es, die Explosion der Mieten nicht nur zu bremsen, sondern auch zu beenden. Zudem müssten in überhitzten Wohnungsmärkten „besonders hohe Mieten abgesenkt werden“.

Die Bilanz von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Wohnungspolitik sei nach Aussage der Linken verheerend. „Olaf Scholz war kein Mietenkanzler, er hat in der Wohnungspolitik komplett versagt.“ Die Mietpreisbremse der Bundesregierung sei wirkungslos und befördere vielmehr „unverschämte Praktiken“, kritisieren die Linken-Politiker. So werde etwa ein Drittel der Wohnungen in den Metropolen mittlerweile möbliert vermietet, weil die Mietpreisbremse dann nicht gelte, heißt es. Die Mietpreisbremse läuft aktuell bis Ende 2025. Eine Verlängerung wird nach dem Ampel-Aus aber immer unwahrscheinlicher.
Bastian Brinkmann
Bastian Brinkmann

Ex-Schatzmeister tritt aus der FDP aus

Die FDP verliert nach der „D-Day“-Affäre ein prominentes Mitglied. Harald Christ war 2020 bis 2022 Schatzmeister der FDP. „Aus den Erfahrungen der letzten Wochen“ habe sich der Entschluss bestärkt, seine Parteimitgliedschaft in der FDP zu beenden, schreibt er in einer persönlichen Erklärung, die der SZ vorliegt. Christ ist Investor und Berater. Er gilt als sehr guter Netzwerker im politischen Berlin und war früher Mitglied der SPD. Er hatte schon vor Wochen angekündigt, nicht mehr parteipolitisch aktiv sein zu wollen. Christ engagiert sich etwa gegen Rechtspopulismus und für die Ukraine. Er kündigte an, weiterhin an die FDP für den Wahlkampf zu spenden – wie auch an SPD, CDU, CSU und die Grünen. „Ich bin und bleibe leidenschaftlicher Sozialliberaler und bin weiterhin der festen Überzeugung, dass die FDP ebenso wie SPD, CDU, CSU und die Grünen einen elementaren Beitrag für unsere parlamentarische Demokratie leistet und auch leisten muss", schreibt Christ.
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

Buschmann soll neuer FDP-Generalsekretär werden

Der frühere Bundesjustizminister Marco Buschmann soll neuer FDP-Generalsekretär werden. Das bestätigte ein Parteisprecher, nachdem zuerst die Bild-Zeitung darüber berichtet hatte. Buschmann solle für Parteichef Christian Lindner den Wahlkampf organisieren.

„Ich fühle mich durch das große Vertrauen sehr geehrt", sagte Buschmann der Bild. Die liberale Partei muss jetzt zeigen, dass sie die besten Antworten hat, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und die Freiheit jedes einzelnen Menschen vor Bürokratie und staatlicher Übergriffigkeit zu schützen. Das ist jetzt unsere Aufgabe.“

Buschmann übernimmt das Amt von Bijan Djir-Sarai, der FDP-Generalsekretär war am Freitag zurückgetreten. Djir-Sarai hatte damit die Konsequenzen aus dem Bekanntwerden eines umstrittenen Strategiepapiers der Liberalen zum Ampel-Ausstieg übernommen. Auch Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann war zurückgetreten. 

Der 47 Jahre alte Buschmann gilt als enger Vertrauter Lindners. Der gebürtige Gelsenkirchener war von 2014 bis 2017 Bundesgeschäftsführer der FDP, zuvor von 2012 bis 2014 Generalsekretär der FDP in Nordrhein-Westfalen. Von Ende 2021 bis zum Bruch der Ampel aus SPD, Grünen und FDP war Buschmann Bundesjustizminister. 
Juri Auel
Juri Auel

Panne in CDU-Wahlvideo: Dänischer See zu sehen

In einem Wahlvideospot der CDU ist es zu Pannen gekommen. In dem eine Minute und sieben Sekunden langen, auf sozialen Medien verbreiteten Video sind verschiedene Landschaften und Städte zu sehen sowie Kanzlerkandidat Friedrich Merz und Generalsekretär Carsten Linnemann, die CDU platziert Botschaften wie: „Ein Land, auf das wir wieder stolz sein können.“ Bei Sekunde 53 schwenkt die Kamera über eine Holzbodenterrasse, zu sehen ist ein idyllischer See - der liegt aber nicht in Deutschland, wie die FAZ berichtete. Zu sehen sei ein See in Dänemark. In CDU-Kreisen war von einem „Büroversehen“ die Rede.
Laut Zeitung ist das Video seit Längerem auf einer dänischen Website zur Eigentumsteilung von Ferienhäusern zu sehen. Ursprünglich stamme es von einer internationalen Agentur, die Fotos und Bewegtbilder verkauft. Von dieser Agentur sei auch ein blonder Junge engagiert, der im CDU-Video fröhlich im Gras spiele - im dänischen Gras. Weiter schreibt die Zeitung, ein anderer, an einem Laptop sitzender Junge tauche immer wieder in der Werbung auf, vermutlich stamme er aus Amerika. Die Partei habe sich auf Nachfrage nicht geäußert, heißt es. 

Für die CDU ist es nicht die erste Video-Panne: Im September 2023 sorgte ein Imageclip für Spott und Häme wegen eines offenkundig falschen Bildes. Anstelle des Reichstags in Berlin wurde der ähnlich aussehende georgische Präsidentenpalast in Tiflis gezeigt. Die CDU korrigierte daraufhin den Film. Die Partei hat aber gelernt: Im neuen Wahlvideospot ist recht weit am Anfang der Reichstag zu sehen - der echte. 
Wolfgang Jaschensky
Wolfgang Jaschensky

Wagenknecht-Partei wählt Wagenknecht in NRW

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht zieht als Spitzenkandidatin des nordrhein-westfälischen Landesverbands ihrer Partei in den Bundestagswahlkampf. Die Politikerin wurde bei einer Mitgliederversammlung in Bochum mit 99 Prozent der abgegebenen Stimmen auf Platz eins der Landesliste des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) gewählt. 
Wagenknecht erhielt den Angaben zufolge bei 98 abgegebenen Stimmen 97 Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme. Enthaltungen gab es nicht. Auf Platz zwei der Landesliste wurde BSW-Generalsekretär Christian Leye gewählt. 
Das BSW tritt nicht mit Direktkandidaten an, sondern setzt auf eine Zweitstimmenkampagne. Im bevölkerungsreichsten Bundesland hat das Anfang des Jahres als Partei gegründete BSW aktuell nach Parteiangaben rund 140 Mitglieder. 
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Merz wird Direktkandidat in seinem Wahlkreis

Eine deutliche Mehrheit der Delegiertenversammlung stimmte am Samstag für Friedrich Merz als Direktkandidaten der CDU im Wahlkreis Hochsauerland. Der Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erhielt 266 Ja-Stimmen. Ein CDU-Mitglied sprach sich gegen ihn aus, zwei enthielten sich. Einen Gegenkandidaten für den Wahlkreis 146 gab es nicht. 

In seiner Bewerbungsrede für den Wahlkreis gestand Kanzlerkandidat Merz ein, dass die Welt - und auch er - sich bereits 2014 geirrt haben. Bereits damals habe der Krieg in der Ukraine begonnen. „Wenn wir uns nochmals irren, steht nicht nur unser Wohlstand, sondern auch unsere Freiheit und unser Bild der Demokratie auf dem Spiel“, sagte Merz. Wenn die nächste Regierung nicht liefere, so der CDU-Chef, „werden 2029 die Populisten von links und rechts die Macht übernehmen“.
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Wahlkampfauftakt der SPD mit Scholz: "Nicht meckern, machen"

„Jetzt geht es um das Ganze“, sagt SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und stimmt seine Partei rund drei Monate vor der Bundestagswahl auf den Wahlkampf ein. In seiner ersten großen Wahlkampfrede vor etwa 500 Parteimitgliedern in Berlin wertete er die Wahl am 23. Februar als Richtungsentscheidung zwischen einem „Von hier aus zurück“-Konservatismus der Union und der SPD als „Kraft der Mitte“ in Deutschland, die für „gesunden Menschenverstand“ stehe. Für seine einstündige Rede bekommt er lange anhaltenden Applaus. „Besinnen wir uns auf unsere Kraft: Nicht meckern, machen. Gemeinsam kämpfen“, sagte Scholz zum Abschluss seiner Rede. 

Über FDP-Chef Christian Lindner, den er Anfang November als Finanzminister entlassen und damit das Ende der Ampelkoalition besiegelt hatte, sagte er: In ernsten Zeiten brauche Deutschland ernsthafte Politik und „keine Spieler und keine Zocker“. Lindner und seine FDP hätten die Arbeit der Ampelregierung über Monate hinweg „systematisch sabotiert“.

Scholz nannte vier Punkte, für die er im Wahlkampf werben will, um aus der Wirtschaftskrise zu kommen: Sicherung von Industriearbeitsplätzen, günstige Energie für die Wirtschaft, verstärkte Investitionen in Infrastruktur und den Kampf gegen den Fachkräftemangel. Um Investitionen zu ermöglichen, will Scholz die Schuldenbremse reformieren. Weiter warb er für eine weitere Anhebung des Mindestlohns und sagte, dass es stabile Renten und bezahlbares Wohnen nur mit der SPD gebe. Er betonte, dass die Ampelregierung beim Kampf gegen irreguläre Einwanderung weit vorangekommen sei.

Parteichef Lars Klingbeil rief vor dem Hauptredner dazu auf, sich nicht von den Umfragen beeinflussen zu lassen. „Hört nicht auf die Umfragen, hört nicht auf die Artikel, die jetzt geschrieben werden“, sagte er. „Wenn die SPD etwas kann, dann ist das kämpfen. Wir sind eine Partei für die Aufholjagd.“ In den Umfragen liegt die SPD aktuell bei 14 bis 16 Prozent.
Lara Thiede
Lara Thiede

SPD startet mit Scholz an der Spitze in den Wahlkampf 

Die SPD startet am Samstag mit Olaf Scholz an der Spitze in den Wahlkampf. Der Chef der rot-grünen Minderheitsregierung wird auf einer sogenannten „Wahlsiegkonferenz“ in der Berliner Parteizentrale vor etwa 500 Wahlkreis-Kandidatinnen und -Kandidaten und ihren Teams seine erste große Wahlkampfrede halten. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die SPD wie schon vor drei Jahren wieder zur stärksten Kraft im Bundestag zu machen. Derzeit liegt sie in Umfragen aber zwischen 16 und 22 Prozentpunkten hinter der Union.

Scholz wurde am Montag vom Parteivorstand einstimmig als Kanzlerkandidat nominiert. Vorausgegangen war eine zweiwöchige Debatte darüber, ob der im Volk beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius der bessere Kandidat sei. Den Streit will die SPD nun hinter sich lassen. Scholz' Kanzlerkandidatur muss zwar noch auf dem Parteitag am 11. Januar bestätigt werden, das gilt aber als Formsache.

Die SPD will sich im Wahlkampf für den Erhalt von Industriearbeitsplätzen und bezahlbare Energiepreise einsetzen. Auch die Zukunft der Rente will sie zum Thema machen, ebenso wie eine grundlegende Einkommenssteuerreform, mit der 95 Prozent der Steuerzahler entlastet werden sollen. Dafür aufkommen sollen die ein Prozent an der Spitze der Einkommensskala. Scholz will im Wahlkampf aber auch mit seiner Doppelstrategie im Ukraine-Krieg punkten. Er sichert der Ukraine einerseits anhaltende Waffenlieferungen zu, will aber gleichzeitig eine Verwicklung der Nato in den Krieg mit Russland verhindern.

Lesen Sie zum Wahlkampf der SPD den Text von Johan Schloemann. Er hat sich schon einmal mit den Plakaten beschäftigt, die einigen in der Partei zu martialisch sind: 
Lara Thiede
Lara Thiede

Ukrainischer Botschafter warnt vor roten Linien im Wahlkampf - und kritisiert Scholz

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev wünscht sich den russischen Angriffskrieg als Thema im Bundestagswahlkampf, warnt aber gleichzeitig davor, dabei unverhandelbare Grenzen oder Bedingungen für die Unterstützung seines Landes zu nennen. „Das Handeln ist heute wie nie gefragt. Und das erwarte ich von den demokratischen Parteien in diesem Wahlkampf“, sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Ich glaube, es ist falsch, die roten Linien um sich herum zu ziehen und nicht vor dem Feind und vor dem Aggressor.“

Die Unterstützung der Ukraine ist zwischen den im Bundestag vertretenen Parteien umstritten. Während SPD, Union, Grüne und FDP zu den Waffenlieferungen im großen Stil stehen, sind AfD, BSW und Linke dagegen. An einer wesentlichen Stelle gibt es aber auch Differenzen zwischen SPD, Union, FDP und Grünen. Der SPD-Kanzler und -Kanzlerkandidat Olaf Scholz lehnt die Lieferung der Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern ab. Die anderen drei Parteien der Mitte sehen das anders.

Makeiev forderte, die Ukraine ohne Einschränkungen im Abwehrkampf gegen Russland zu unterstützen. „Alle Beschränkungen, die es seit fast drei Jahren gegeben hat, müssen aufgehoben werden“, sagte er. „Russland wird nicht nur mit Gesprächen oder mit der Diplomatie gestoppt.“

Der Botschafter kritisierte auch das Gespräch des Kanzlers mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Mitte November. „Wenn solchen Gespräche dann am zweiten Tag jedes Mal Luftangriffe folgen, dann bitte nicht“, sagte er. Scholz hatte am 15. November erstmals seit fast zwei Jahren wieder mit Putin telefoniert. Kurz darauf verschärften die russischen Streitkräfte ihre Angriffe auf die Ukraine.
Lara Thiede
Lara Thiede

Lauterbach will Gesetz zur Suizidprävention noch vor Neuwahl durchsetzen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen Gesetzentwurf zur Suizidprävention vorgelegt. Er bat die Opposition um Unterstützung, damit das Vorhaben noch in dieser Wahlperiode beschlossen werden kann. „10 000 Menschen nehmen sich jedes Jahr bei uns das Leben. Wir tun zu wenig, das zu verhindern. Das Suizidpräventionsgesetz ist daher überfällig und darf nicht dem Ampel-Aus zum Opfer fallen“, sagte der Minister dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Lauterbach zeigte sich zuversichtlich, dass der Entwurf noch eine Mehrheit finden werde. „Das Thema steht außerhalb von Parteipolitik, es ist zu wichtig, um verschoben zu werden“, erklärte der SPD-Politiker. Die rot-grüne Regierung verfügt nach dem Ausscheiden der FDP nicht mehr über eine Mehrheit im Bundestag.

Der Entwurf für das Suizidpräventionsgesetz, der dem RND vorliegt, sieht demnach die Einrichtung einer nationalen Koordinierungsstelle vor, die Beratungsangebote entwickeln, die vorhandenen Strukturen vernetzen und eine deutschlandweite Rufnummer für Betroffene konzipieren soll. Geplant ist, die Nummer 113 als kostenfreie, nationale Rufnummer für Suizidgefährdete einzurichten. „Oftmals wären Suizidversuche und Suizide vermeidbar, wenn die bestehenden Hilfsangebote verzweifelte Menschen frühzeitig erreichen“, heißt es in dem Entwurf. 
© SZ/Reuters/dpa/epd/KNA/Bloomberg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Die FDP steht unter Verdacht, die Deutschen genarrt zu haben

Kommentar von Nicolas Richter

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