Dass der Bundestagswahlkampf längst volle Fahrt aufgenommen hat, zeigt sich nicht nur an medienwirksamen Parteitagsreden und lauten Protesten. Auch die Liste der seit Anfang Januar registrierten Großspenden an deutsche Parteien wächst. Gut 15 Millionen Euro sind allein in den ersten Wochen des Jahres beim Bundestag registriert worden. Hohe Zuwendungen durch Unternehmen und Privatpersonen sind in Wahljahren zwar nicht ungewöhnlich. Trotzdem schnellen die Spenden vor der Bundestagswahl 2025 in Höhen, die bisher bekannte Summen deutlich übersteigen.
Schon vor Mitte Februar 2025 liegt die Summe der Großspenden höher als die Gesamtsumme aus den Jahren 2021 und 2017 – beides ebenfalls Bundestagswahljahre. Finanzielle Zuwendungen an Parteien müssen seit März vergangenen Jahres ab einer Höhe von 35 000 Euro öffentlich gemacht werden, zuvor war dies ab einer Höhe von 50 000 Euro der Fall. Vor allem die AfD geriet zuletzt durch großzügige Geldgeber immer wieder in die Schlagzeilen. Die Zuwendungen an die Partei machen mit gut 4,8 Millionen Euro einen großen Teil aller Spenden aus, die bisher im Jahr 2025 geflossen sind. Dabei tun sich vor allem Vermögende aus dem rechten Spektrum als Unterstützer hervor.
Drei zahlungskräftige Spender für die AfD
Die hohe Spendensumme an die AfD geht auf lediglich drei Personen zurück. Zum einen auf Winfried Stöcker, Unternehmer und Mediziner, der auch schon auf AfD-Veranstaltungen sprach. Er machte vor allem in der Corona-Pandemie auf sich aufmerksam, als er sich einen selbst entwickelten und nicht zugelassenen Impfstoff spritzte. Gerhard Dingler, ein weiterer Geldgeber, war ehemaliger Landesgeschäftsführer der rechtspopulistischen FPÖ in Vorarlberg. Seine Spende sollte wohl der Produktion von Wahlplakaten dienen. Die dritte Spende stammt von Horst Jan Winter, zu jenem Zeitpunkt Aufsichtsrat des Büro-Onlinehändlers Böttcher. Dessen Vorstand Udo Böttcher will von der Spende nichts gewusst haben und distanzierte sich. Inzwischen hat Böttcher sich von Aufsichtsrat Horst Jan Winter getrennt, wie der MDR berichtet. Das gespendete Geld war offenbar eine Schenkung Böttchers an Winter gewesen. Medienberichten zufolge soll der Vorstand zuvor online mit der AfD sympathisiert haben.
Durch solch hohe Spendensummen ergibt sich zwar kein direkter Einfluss auf das Wahlergebnis Ende Februar, aber „es besteht die Gefahr, dass politischer Einfluss durch Geld genommen wird, gerade bei erheblichen Summen“, erklärt Sophie Schönberger, Direktorin des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung in Düsseldorf. Zwar sei es legal, den Parteien Geld zu spenden. Das Bundesverfassungsgericht sehe diese Spendenmöglichkeit als Zeichen gesellschaftlicher Verankerung, so Schönberger. „Das ist eine Annahme, die man zunehmend infrage stellen muss.“ Bei Personen, die Millionenbeträge beisteuerten, stehe der Verdacht im Raum, dass dies zumindest indirekt als Einflussnahme zu werten sei. Ex-FPÖ-Funktionär Gerhard Dingler erklärte laut ORF zu seiner Spende, er befürchte eine weitere Eskalation des Ukraine-Kriegs und unterstütze deshalb die AfD.
Wenn die AfD auch besonders viel Geld erhalten hat, so profitierten doch zuletzt auch andere Parteien von namhaften Geldgebern. So spendete der deutsche Start-up-Investor Carsten Maschmeyer hohe Beträge an die Unionsparteien und die FDP. Ebenso Frank Gotthardt, der als Unternehmer außerdem die kontroverse Plattform Nius von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt fördert.
Spende gegen den Rechtsruck
Aus den Angaben im Großspendenverzeichnis des Bundestags lässt sich herauslesen, auf welche Parteien verschiedene Firmen und Privatunternehmer setzen. Die Sozialdemokraten erhielten zuletzt eine Zahlung von 1,5 Millionen Euro von der Kampagnenagentur Media Force des Juristen Maximilian Oehl, der sich laut eigener Aussage gegen einen politischen Rechtsruck einsetzen möchte.
Es gibt allerdings auch Spender, die an unterschiedliche politische Lager Geld geben, etwa die österreichische Kryptoplattform Bitpanda, die an Union, SPD und FDP insgesamt 1,75 Millionen Euro zahlte, alles am selben Tag.
Spenden wie jene von Bitpanda fallen allerdings auf, findet Demokratieforscher Michael Koß von der Leuphana-Universität Lüneburg. Das Unternehmen ziele wohl auf bessere Bedingungen für Kryptowährungen ab. Spenden in solchen Höhen erwecken ihm zufolge den Verdacht, den Gleichheitsgrundsatz zu verletzen. Jeder könne bei der Bundestagswahl seine Stimme abgeben, aber nicht jeder kann 200 000 Euro an eine Partei spenden, sagt Koß. In Zeiten, in denen das Ansehen von Politikern sinke, würden derartige Großspenden nicht gerade helfen. Dabei würden selbst Spenden von mehr als 10 000 Euro am Gesamtvermögen der Parteien in der Regel nicht mehr als fünf Prozent ausmachen: „Eine Deckelung der Spenden würde die Parteien nicht ins Mark treffen, aber ihr Ansehen erhöhen.“
Die Transparenzplattform abgeordnetenwatch.de fordert, Unternehmensspenden an Parteien ganz zu verbieten und Privatspenden zu deckeln. „Konzerne und reiche Privatpersonen erkaufen sich durch Großspenden Einfluss auf einzelne Parteien und beeinflussen Politik in ihrem Sinne“, heißt es in einem entsprechenden Aufruf. Solche Spenden führten demnach zu einer Wettbewerbsverzerrung politischer Ideen. Auch die Organisation Lobbycontrol fordert eine Begrenzung der Spendenhöhe pro Spender und Jahr.
Was die Transparenz der Herkunft der Spenden betrifft, schneide Deutschland im europäischen Vergleich besonders schlecht ab; das ergab eine Auswertung von Lobbycontrol und anderen Medien. Obwohl es Pflicht ist, die Herkunft der Großspenden zu deklarieren, nennen manche Parteien wie die Werteunion oder das Bündnis Sahra Wagenknecht lediglich parteinahe Vereine als Ursprung der Zuwendungen. Zwar habe das BSW Details zu den Spenden in einem eigenen Bericht offengelegt, so Lobbycontrol. Die Werteunion tue dies aber nach wie vor nicht.
Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels reagierte kein Sprecher des BSW auf eine SZ-Anfrage. Wolfgang Osinski erklärte für die Werteunion, die Angabe des Vereins entspreche dem Parteiengesetz. Der Werteunion Förderverein e. V. sei eine „eigene Rechtspersönlichkeit“. Die genaue Herkunft der Spenden lässt sich damit allerdings nicht zurückverfolgen.