Die Parteien bringen sich für die Bundestagswahl in Stellung. Verfolgen Sie alle Entwicklungen im Newsblog.
Die Grünen wollen bei einer Regierungsbeteiligung nach der Wahl Ende September ein deutsches Streitthema angehen. "Für die Verkehrssicherheit brauchen wir ein generelles Sicherheitstempo 130 auf Autobahnen in Deutschland", sagt Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Süddeutschen Zeitung. Der Grünen-Politiker sieht einen Stimmungstrend für ein solches generelles Tempolimit. "Die Mehrheit der Bevölkerung, selbst die Mitglieder beim ADAC sprechen sich dafür aus", sagt Hofreiter im Vorfeld der Automesse IAA in München.
Während SPD und Linke ebenfalls für das Limit sind, lehnen Union, FDP und die AfD die Einführung ab. Zuletzt hatten Fachgremien ihre Skepsis aufgegeben. So empfiehlt der Deutsche Verkehrssicherheitsrat nach Jahrzehntelanger Zurückhaltung inzwischen ein Tempolimit auf Autobahnen, "um die Anzahl an Schwerverletzten und Verkehrsunfalltoten nachhaltig zu reduzieren". Die Autoindustrie wehrt sich dagegen weiter gegen den Plan und spricht sich für streckenbezogene Lösungen aus. M arkus Balser ( 05.09.2021)
Youtuber Rezo nimmt die Klimapolitik der Parteien unter die Lupe
Deutschland bekanntester Youtuber hat in seinem neuesten Video die Klimapolitik der Großen Koalition scharf kritisiert. Die meiste Kritik ernten in " Zerstörung Teil 2" erneut Politiker der Union. So gebe es in der Werte-Union einige Politiker, die den menschengemachten Klimawandel leugneten, so Rezo in dem Video. Zudem stünden seit Jahren eine Vielzahl von Politikern auf der Gehaltsliste von Energiekonzernen wie RWE. Gleichzeitig gehe der Kohleausstieg deutlich langsamer, als von Wissenschaftlern gefordert, um die weltweiten Klimaziele einzuhalten.
Auch der aktuelle Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, spielt wieder ein Rolle. Der habe zugegeben, den Hambacher Forst unter dem Vorwand "Brandschutz" räumen zu lassen, obwohl es dafür keine rechtliche Grundlage gegeben habe. RWE wollte den Wald für den Kohleabbau roden lassen, Klimaschützer hatten sich dort verschanzt, um das zu verhindern. Rezo rief in dem Video vor allem die über 50-Jährigen auf, im Sinne der Jüngeren zu wählen, die unter den Folgen der Klimapolitik später am meisten zu leiden hätten.
Scholz will mit den Grünen regieren
Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, hofft angesichts steigender Umfragewerte seiner Partei auf eine Mehrheit für eine rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl. "Ich möchte gerne mit den Grünen zusammen regieren", sagte der Bundesfinanzminister in einem Interview mit dem Tagesspiegel. "Wir sind unterschiedliche Parteien, wir haben unterschiedliche Zielsetzungen, aber wir haben viele Schnittmengen."
Bei einer Diskussionsrunde mit Baerbock in Potsdam nannte Scholz als wichtigste Themen einen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro in der Stunde, schnelle Gesetzesänderungen für eine klimaneutrale Wirtschaft sowie eine Kinder-Grundsicherung. Er sieht darin Übereinstimmung mit den Grünen. "Das passt gut."
Die Grünen-Chefin sagte zwar grundsätzlich Ja zu einer Regierung ihrer beiden Parteien, sprach aber von einem großen Unterschied beim Klimaschutz: "Wir brauchen nicht erst 2045 erneuerbaren Strom, sondern wir brauchen das bis 2030", sagte Baerbock. "Wenn wir echte Veränderung brauchen und wollen, dann muss Grün ganz vorne mit dabei sein, weil sonst ist es Klima ohne Schutz."
Die jüngsten Zahlen der Wahlforscherinnen und Wahlforscher deuten darauf hin, dass eine rot-grüne Regierung tatsächlich wieder im Rahmen des Möglichen liegt, momentan aber noch nicht umsetzbar wäre. Während die Sozialdemokraten vor einigen Wochen in den Umfragen noch deutlich hinter der Union und sogar hinter den Grünen lagen, haben sie die CDU/CSU inzwischen nicht nur ein-, sondern überholt. In der jüngsten Insa-Umfrage für Bild am Sonntag hat die SPD ihren Vorsprung noch weiter ausgebaut. Wie der Vorabbericht des Sonntagstrends zeigt, kommen die Sozialdemokraten auf 25 Prozent, das ist ein Prozentpunkt mehr als zuletzt. CDU/CSU verlieren dagegen einen Punkt und kommen auf 20 Prozent.
Auch die Grünen geben laut der Umfrage einen Punkt ab, 16 Prozent der Teilnehmer würden sie nun wählen. Die FDP liegt unverändert bei 13 Prozent. Die Zustimmung zur AfD wächst um einen Punkt auf zwölf Prozent, auch die Linke verbessert sich um einen Punkt und liegt jetzt bei sieben Prozent.
Eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei macht Scholz davon abhängig, ob die Partei ihre Haltung in einer Reihe von Punkten ändert. So übte er mit Blick auf den Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan heftige Kritik: "Die Ablehnung der Bundeswehr-Rettungsentscheidung durch die Partei Die Linke war schlimm." Außerdem erfülle die Linke noch immer einige Mindestanforderungen für ein Regierungsbündnis nicht, etwa ein klares Bekenntnis zur Nato, zu einem soliden Haushalten und zur transatlantischen Partnerschaft. "Diese Anforderungen sind unverhandelbar", sagte Scholz dem Tagesspiegel.
Mit Blick auf den linken SPD-Flügel unterstrich Scholz laut der Zeitung, dass er bei einem Wahlsieg den Kurs vorgeben und nicht ändern werde. Es werde nicht zu einem von der Union beschworenen Linksruck kommen. "Wer sein Kreuz bei der SPD macht, um einen Kanzler Scholz zu bekommen, kann sich darauf verlassen, dass er ihn genauso bekommt, wie er ihn in den vergangenen Jahren kennengelernt hat." ( 05.09.2021)
- Merkels umstrittenste Entscheidungen (SZ Plus)
Schiedskommission lehnt Parteiausschluss von Wagenknecht ab
Die Linken-Politikerin und nordrhein-westfälische Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl, Sahra Wagenknecht, wird nicht aus ihrer Partei ausgeschlossen. Die Landesschiedskommission habe die beiden vorliegenden Anträge auf Parteiausschluss einstimmig abgelehnt, teilten die nordrhein-westfälischen Linken mit.
"Wir sind froh, dass es eine Entscheidung in diesem wirklich unnötigen Verfahren gibt", sagten die Landessprecher Christian Leye und Nina Eumann laut Mitteilung. "Weder bei unseren Mitgliedern noch bei unseren Wählerinnen und Wählern ist dieses Verfahren auf Verständnis gestoßen." Die Entscheidung werde Wagenknecht im verbleibenden Wahlkampf Rückenwind geben.
Wagenknecht ist Mitglied des NRW-Landesverbandes der Linken. Mit ihrem Buch "Die Selbstgerechten" war sie auch in den eigenen Reihen in die Kritik geraten. Mehrere Mitglieder der Linkspartei hatten daraufhin im Juni ein Parteiausschlussverfahren gegen Wagenknecht bei der Landesschiedskommission beantragt. Die Spitzen der Bundespartei und -fraktion hatten die Ausschlussanträge kritisiert und sich hinter Wagenknecht gestellt. (05.09.2021)
Linken-Chefin über Rot-Grün-Rot: "Wann, wenn nicht jetzt?"
Die Vorsitzende der Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, sieht gute Chancen für ein Bündnis mit SPD und Grünen nach der Bundestagswahl. "Das Fenster ist so weit geöffnet wie noch nie. Wann, wenn nicht jetzt?", sagte sie der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. In der Partei werden dem Bericht zufolge schon Verhandlungsführer gesucht, um Positionspapiere zu schreiben und nach der Bundestagswahl mit SPD und Grünen über Fachthemen zu sprechen. Es sei das erste Mal in der Geschichte der Partei, dass sich die Linke so ernsthaft auf Sondierungen vorbereite, sagte Hennig-Wellsow. "Ich bin mir nicht sicher, ob Scholz und Baerbock ein Interesse haben, mit der Linken zu regieren. Ich weiß aber bei beiden, dass der Laden dahinter schon will", sagte Hennig-Wellsow. (04.09.2021)
Laschet: "Die Demoskopen haben alle Angst, ob sie wirklich Recht haben"
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Eine Woche vor den Kommunalwahlen in Niedersachsen ist CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet in Braunschweig aufgetreten. Er rief seine Partei angesichts sinkender Umfragewerte zum Kämpfen auf. "Die Stimmung ist schwierig, wir dürfen uns nur nicht verrückt machen lassen", sagte Laschet. Die Union habe "alle Chancen". "Die Demoskopen haben alle Angst, ob sie wirklich Recht haben", sagte Laschet. Er räumte ein: "Natürlich ist in diesem Wahlkampf auch manches schief gelaufen." Das Land sei angesichts von Corona aufgeheizt. Einige Bürger forderten noch strengere Regeln, andere leugneten die Pandemie. In Niedersachsen werden noch vor der Bundestagswahl bereits am 12. September neue Kommunalparlamente gewählt. (04.09.2021)
Das ist Laschets "Zukunftsteam"
Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hat sein achtköpfiges sogenanntes "Zukunftsteam" vorgestellt. Die Mitglieder sollen in den letzten Wochen des Wahlkampfs bis zum 26. September verstärkt öffentlich auftreten und helfen, die Union aus dem Umfragetief zu holen.
Wichtiger Teil des Teams ist der frühere CDU-Fraktionschef Friedrich Merz. Dieser sei einer der profiliertesten Finanz- und Wirtschaftspolitiker des Landes. Merz war Laschet im Kampf um den Parteivorsitz unterlegen. Der neue CDU-Chef hatte aber schon bald angekündigt, seinen Konkurrenten einbinden zu wollen.
Den Bereich Klima- und Energie soll der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andreas Jung, vertreten. Dies sei eine der großen Aufgaben dieses Jahrzehnts, sagte Laschet. Die andere sei Digitalisierung, Innovation und Transformation in Wirtschaft und Verwaltung, wofür Digitalstaatsministerin Dorothee Bär zuständig sein soll.
Zum Team gehört auch Terrorismusexperte Peter Neumann. Er soll das Thema der Vernetzung von innerer und äußerer Sicherheit verantworten. Er ist Direktor des International Centre for the Study of Radicalisation am Londoner King's College und gilt als Experte für islamistischen Terror.
Für Bildung soll Karin Prien zuständig sein, Kultusministerin von Schleswig-Holstein. Die CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher soll in Laschets Team das Thema Familienpolitik vertreten. Um Innovation und die Kreativbranche kümmert sich Joe Chialo. Der Musikmanager will für die Berliner CDU in den Bundestag einziehen.
Die sächsische Kultusministerin Barbara Klepsch aus Dresden soll Laschets Team ebenfalls angehören. Die ehemalige Oberbürgermeisterin von Annaberg-Buchholz (2001 bis 2014) betonte den Wert von Kommunalpolitik und gleichwertigen Lebensverhältnissen im Osten und Westen, in der Stadt und auf dem Land. (03.09.2021)
Hofreiter wirft Laschet "hilflosen Aktionismus" vor
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat kurz vor der Präsentation des "Zukunftsteams" das Vorgehen von Unionskanzlerkandidat Armin Laschet kritisiert. Der CDU-Vorsitzende verfalle kurz vor der Wahl "in hilflosen Aktionismus", sagte Hofreiter der Rheinischen Post. Mit Blick auf den früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz, sagte Hofreiter, dieser stehe "für Rückschritt und eine Wirtschaftspolitik des vergangenen Jahrhunderts".
Der Grüne bemängelte auch das bereits zu Wochenbeginn vorgelegte Energie-Konzept: "Mit einem eilig zusammengefrickelten Papier gibt die CDU jetzt sogar öffentlich zu, dass ihre Energie- und Klimapolitik jahrelang verfehlt war. Die CDU hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, denn sie spricht sich plötzlich für mehr Erneuerbare Energien aus, die sie in 16 Jahren Regierungszeit aktiv verhindert hat." (03.09.21)