Süddeutsche Zeitung

Bundestag:Messer, Drogen und Drohungen

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Das Parlament hat eine eigene Polizei. Und die hat gut zu tun: Allein für das vergangene Jahr sind in der Statistik 254 Straftaten aufgeführt.

Von Robert Roßmann, Berlin

Wie wichtig der Schutz des Deutschen Bundestags ist, hat das vergangene Jahr gezeigt. Im August versuchten Demonstranten, unter ihnen viele Rechtsradikale, ins Parlament zu gelangen. Und im November bedrängten Besucher, die auf Einladung von AfD-Politikern in den Bundestag gekommen waren, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und andere Abgeordnete.

Wegen der besonderen Bedeutung des Parlaments gibt es beim Deutschen Bundestag eine eigene Polizei. Ihr Chef ist nicht der Innenminister, sondern Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble. Der Süddeutschen Zeitung liegt jetzt eine Erhebung aller Straftaten vor, um die sich diese Bundestagspolizei im vergangenen Jahr kümmern musste. Und schon der Blick auf eine Zahl zeigt, dass die Beamten auch im Alltag ordentlich zu tun haben: In der Statistik werden 254 Straftaten aufgeführt.

Auf Platz eins der Liste rangieren die "Straftaten gegen das Waffengesetz". 71 gab es davon. Dabei geht es um Butterfly-Messer, Schlagringe und andere Dinge, die bei Besucherkontrollen am Eingang gefunden wurden. Normale Taschenmesser wurden dabei laut Bundestagsverwaltung nicht berücksichtigt - sie werden lediglich deponiert, bis die Besucher das Parlamentsgebäude wieder verlassen. Außerdem wurden 32 "allgemeine Verstöße mit Cannabis und Zubereitungen" ermittelt. Es gab also immer wieder Besucher, die mit Drogen im Gepäck ins Parlament wollten - und dabei erwischt wurden.

Im Jahr 2019 waren mehr als doppelt so viele Verstöße gegen das Waffen- und gegen das Betäubungsmittelgesetz entdeckt worden. Damals gab es noch keine Pandemie und deshalb deutlich mehr Besucher im Bundestag.

Das größte Problem: Die Anfeindungen gegen Abgeordnete

In der Polizeistatistik für das Jahr 2020 finden sich jetzt auch acht Diebstähle, zwei Fälle von Volksverhetzung, eine "Straftat gegen das Sprengstoffgesetz" (laut Bundestagsverwaltung hatte jemand "erlaubnispflichtige pyrotechnische Gegenstände" dabei), ein Fall von Computersabotage, ein "tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte" sowie eine "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten". Dahinter versteckt sich die Androhung der Tötung eines Abgeordneten auf Facebook.

Womit man beim größten Problem ist, das die Polizeistatistik offenbart: Den Anfeindungen gegen Abgeordnete. Zusammengenommen gab es 115 Fälle von Beleidigung, übler Nachrede und Bedrohung. Dabei ging es meistens um Zuschriften, die Abgeordnete per Email, über soziale Netzwerke oder per Brief erhalten haben. Die tatsächliche Zahl strafrechtlich relevanter Taten in diesem Bereich ist sogar noch höher. Denn seit 1. Juli 2020 gehen die sogenannten Hasspostings nicht mehr in diese Statistik ein, da sie zwar durch die Bundestagspolizei bearbeitet, zur abschließenden Bearbeitung aber dem Landeskriminalamt Berlin zugeleitet werden.

Überhaupt nicht erfasst werden in der Kriminalstatistik der Bundestagspolizei Staatsschutzdelikte, Verkehrsdelikte, Ordnungswidrigkeiten, Finanz- und Steuerdelikte sowie Straftaten, die unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werden.

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