Süddeutsche Zeitung

Bundestag:Finger weg von der Rolex

Ein Gesetz regelt den Umgang mit Gastgeschenken. Einfach behalten dürfen die Abgeordneten sie nicht.

Von Robert Roßmann, Berlin

Gastgeschenke sollten dem Gast gefallen - aber das gelingt auch in der Politik nicht immer. Angela Merkel bekam in Liberia einmal ein lebendes Huhn geschenkt. Und Johannes Rau wurde als Bundespräsident in Mali mit einem Zebu beglückt. Die beiden wussten mit den Tieren genauso wenig anzufangen wie viele andere Beschenkte mit ihren Präsenten. Merkel ließ ihr Huhn jedenfalls in Liberia zurück.

Auch den Bundestagsabgeordneten scheinen nicht alle Geschenke zu gefallen, zumindest wollen sie dafür nichts bezahlen. Bei der Parlamentsverwaltung lagern deshalb jetzt Teppiche, Uhren und andere Präsente - wie eine Münzsammlung in roter Kunstlederbox oder ein goldfarbener Metallteller mit arabischer Beschriftung.

Es heißt zwar: Kleine Geschenke erfreuen das Herz, große alarmieren den Verstand. Da das aber auch bei Abgeordneten nicht immer der Fall ist, gibt es im Bundestag sicherheitshalber strikte Regeln für den Umgang mit Präsenten. Im Abgeordnetengesetz steht, dass Gastgeschenke der Bundestagspräsidentin "ausgehändigt" werden müssen, wenn der Wert 200 Euro übersteigt. Und auch die Frage, was Gastgeschenke sind, ist genau geregelt.

Das seien Zuwendungen, die ein Abgeordneter "als Teilnehmer einer Delegationsreise von Gremien oder anlässlich anderer Dienstreisen im Auftrag des Bundestages oder seiner Fraktion erhält", sagt ein Parlamentssprecher der Süddeutschen Zeitung. Gegen Zahlung des Gegenwerts an die Bundeskasse dürften Abgeordnete auch die Präsente behalten, die mehr als 200 Euro wert sind - aber das habe in den vergangenen Jahren kein einziger getan. Die Geschenke seien deshalb "in einem verschlossenen Raum in einer Bundestagsliegenschaft" eingelagert worden. Zuständig dafür sei - auch das ist präzise geregelt - das Referat BL5.

Wegen Anfragen des Portals Abgeordnetenwatch.de hat die Bundestagsverwaltung genau aufgelistet, was in diesem Referat seit Oktober 2013, dem Beginn der damaligen Wahlperiode, zusammengekommen ist. Auf der Liste stehen zum Beispiel eine "Rolex-Armbanduhr, OYSTER M SAP 39139.64, Modell: 116622", geschätzter Wert "größer als 6000 Euro", eine Uhr von Pierre Lannier, Wert "160 - 250 Euro", sowie eine "Philip Watch, Modell Prestige Caribe", die laut einem "Juwelier in Berlin" genau 366,90 Euro wert sein soll. Welche Abgeordneten diese Uhren von wem geschenkt bekommen haben, wird in der Liste nicht offenbart.

Im Gesetz ist auch geregelt, was mit den verschmähten Gastgeschenken passieren soll. Die Bundestagspräsidentin kann entscheiden, ob sie versteigert oder vernichtet werden. Doch in den vergangenen Jahren kam man dazu nicht. Alle seit Oktober 2013 abgegebenen Geschenke sind noch in der Obhut des Referates BL5.

Deutlich einfacher ist der Umgang mit Gastgeschenken für Bundestagspräsidenten. Die kommen in der Regel in eine große Vitrine im Empfangsraum von Präsidentin Bärbel Bas. Der liegt in einem der Ecktürme des Reichstagsgebäudes. Dort kann man jetzt eine silberne Sitzungsglocke aus dem spanischen Parlament und andere nachvollziehbare Geschenke entdecken - aber auch ein stilisiertes Segelschiff auf isländischem Fels.

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