Bundestag:Zwei-Drittel-Mehrheit für Föderalismusreform

Lesezeit: 2 min

Der Bundestag hat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der umfangreichsten Änderung des Grundgesetzes seit 1949 zugestimmt. Die Reform, mit der zwei Dutzend Verfassungsartikel geändert werden, will die Beziehungen zwischen Bund und Ländern neu ordnen.

In namentlicher Abstimmung votierten für das von der schwarz-roten Koalition vorgelegte Kompromisspaket 428 Abgeordnete. Notwendig waren mindestens 410 Ja-Stimmen. Gegen die Staatsreform stimmten 162 Parlamentarier, drei enthielten sich. Die Oppositionparteien FDP, Grüne und Linkspartei hatten ihren Widerspruch angekündigt.

Der gordische Knoten Föderalismusreform wurde heute vom Bundestag durchgeschlagen. (Foto: Foto: dpa)

Damit die Reform in Kraft treten kann, muss auch der Bundesrat am 7. Juli mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen.

Bundeskanzlerin Merkel bezeichnete die Neuordnung der bundesstaatlichen Ordnung als eine der wichtigsten Reformen dieser Wahlperiode bezeichnet. In der Schlussdebatte über die Staatsreform sagte sie im Bundestag: "Wir beweisen mit diesem Projekt Mut zur Veränderung." Sie werbe deshalb um Zustimmung zur Föderalismusreform.

In der Debatte sagte Merkel, selten sei um eine Reform so gerungen worden. Sie biete die historische Chance, die Verflechtung von Bund und Ländern bei der Gesetzgebung zu entwirren. Der Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern verliere künftig an Bedeutung.

Struck: Reform korrigiert viele Fehler

Als Fortschritt bezeichnete Merkel die Abschaffung der Rahmengesetzgebung des Bundes. Die Länder erhielten neue Kompetenzen beispielsweise in den Bereichen Strafvollzug, Heimrecht und Ladenschluss. Die Kanzlerin wünschte sich aber, dass auch in Zukunft die Läden an Sonntagen nicht mehr als vier Mal im Jahr öffnen.

Sie räumte ein, dass es dem Bund schwer gefallen sei, das Beamten- und Laufbahnrecht an die Länder zu geben. Der nationale Stabilitätspakt werde im Grundgesetz verankert. Beim Überschreiten der Vorgaben hafteten künftig Bund und Länder gemeinsam. Auch in der Sicherheitspolitik gebe es "mehr Verantwortungsklarheit".

SPD-Fraktionschef Peter Struck räumte ein, dass einige in seiner Fraktion die Reform ablehnten. Doch sie korrigiere viele Fehler der letzten Staatsreform Anfang der 90er Jahre nach der deutschen Einheit. "Bundesstaatliche Regelungen wurden immer schwieriger, wenn es zu Widersprüchen einzelner Länder kam." Der Bund wäre ohne Reform in akute Handlungsnot gekommen. Die Zahl der zustimmungsbedürftigen Gesetze werde faktisch halbiert.

Allenfalls ein Scheinriese

FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle bemängelte, dass das Herzstück einer bundesstaatlichen Reform, die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern, auf die lange Bank geschoben worden sei. Das sei der Konstruktionsfehler der vorliegenden Reform.

Der Vizevorsitzende der Linksfraktion, Bodo Ramelow, lehnte die Föderalismusreform als "faulen Kompromiss" ab, der in den Parteizentralen gezimmert worden sei.

Grünenfraktionschefin Renate Künast äußerte die Befürchtung, die Föderalismusreform führe in die "Kleinstaaterei", weil zu viele Kompetenzen vor allem im Bericht Bildung an die Länder abgegeben worden seien. "Dies ist nicht die Mutter aller Reformen," rief sie aus. Es sei allenfalls ein "Scheinriese".

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: