Bundestagswahl:Schäuble will Wahlrecht zugunsten kleiner Parteien ändern

Piratenpartei im Forsa-'Wahltrend' bundesweit bei 12 Prozent

Leichterer Zugang zur Bundestagswahl? Die Piratenpartei, hier ein Bild aus dem Wahlkampf 2009, könnte davon zum Beispiel profitieren.

(Foto: Tobias Kleinschmidt/dpa)

Nicht im Bundestag vertretene Parteien müssen viele Unterschriften sammeln, um zur Wahl im September zugelassen zu werden. Parlamentspräsident Schäuble warnt, dies könnte in der aktuellen Corona-Lage verfassungswidrig sein.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble fordert eine umgehende Änderung des Wahlrechts. "Angesichts der Pandemielage werde ich den Fraktionen empfehlen, das Wahlrecht zu ändern, um den kleinen Parteien die Beteiligung an der Bundestagswahl zu erleichtern", sagte Schäuble der Süddeutschen Zeitung. Anlass für das Engagement des Parlamentspräsidenten sind die Schwierigkeiten, die die sogenannten nicht-etablierten Parteien gerade haben. Im Gegensatz zu den bereits im Bundestag vertretenen Parteien müssen sie Unterschriften von Unterstützern vorlegen, damit ihre Landeslisten und Direktkandidaten zur Wahl zugelassen werden. Diese Unterschriften sammeln sie üblicherweise vor allem in Fußgängerzonen. Doch diese sind wegen der geschlossenen Geschäfte derzeit relativ leer. Das Problem trifft Dutzende Parteien - unter ihnen die ÖDP, die Piratenpartei und die Satirepartei von Martin Sonneborn.

"Wenn wir an dieser Stelle nichts ändern, bekommen wir ein verfassungsrechtliches Problem: Wir könnten die Chancengleichheit der kleinen Parteien gegenüber denen, die bereits im Bundestag sitzen, verletzen", sagte Schäuble, "deshalb müssen wir handeln". Denn auf das Grundgesetz zu achten, sei "nicht nur dem Bundesverfassungsgericht überlassen, auch der Bundestag ist für die Einhaltung der Verfassung zuständig". Es gebe jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder man senke "für diese Bundestagswahl die Zahl der für eine Zulassung nötigen Unterschriften". Oder man erleichtere "die digitalen Möglichkeiten, Unterstützungsunterschriften zu leisten". Die erste Variante sei "vermutlich einfacher zu realisieren".

Wenn eine nicht-etablierte Partei eine Landesliste einreichen will, braucht sie dafür bisher laut Bundeswahlgesetz die Mithilfe von einem Promille der Wahlberechtigten. Im Saarland sind das zum Beispiel 777, in Mecklenburg-Vorpommern 1325 - und in Bayern 2000. Letzteres liegt daran, dass die Zahl der nötigen Unterschriften auf 2000 gedeckelt ist. Auch für die Zulassung ihrer Direktkandidaten müssen die Parteien Unterschriften sammeln - und zwar 200 je Wahlkreis. All das summiert sich schnell zu einer großen Zahl. Es gibt 299 Wahlkreise und 16 Bundesländer.

Das Problem gibt es auch auf Länderebene. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, dort wird in einer Woche gewählt, wurde die Zahl der nötigen Unterschriften deshalb deutlich gesenkt. Wie groß die Reduktion im Bund sein soll, dazu wollte Schäuble nichts sagen. "Ob man die Zahl der nötigen Unterschriften um 50 Prozent, wie in Baden-Württemberg, oder um 75 Prozent, wie in Rheinland-Pfalz, senken sollte, will ich den Fraktionen nicht vorgeben", sagte der Bundestagspräsident. In jedem Fall sei "das Anliegen der kleinen Parteien aber ein ernstes, auf das wir reagieren müssen".

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