Die Postenverteilung in einer Bundestagsfraktion ist ohnehin keine einfache Aufgabe. Es gilt, alle Landesgruppen, Geschlechter und politischen Strömungen zufriedenzustellen. Doch in der Unionsfraktion ist die Aufgabe diesmal besonders kompliziert. Nach 16 Jahren sind CDU und CSU wieder in der Opposition. Bisherige Minister und Staatssekretäre streben deshalb nach neuen Posten. Gleichzeitig will Fraktionschef Ralph Brinkhaus seine Mannschaft erneuern, um bei der nächsten Bundestagswahl mit einem frischen Team punkten zu können. Es geht also auch um das richtige Verhältnis zwischen Vergangenheit und Zukunft.
In der Unionsfraktion ist das die Stunde der sogenannten Teppichhändler. Die Vorsitzenden der Landesgruppen und der "soziologischen Gruppen" - also etwa der Gruppe der Frauen oder der Arbeitnehmergruppe - feilschen so lange, bis sie einen Kompromiss gefunden haben. Inzwischen gibt es dabei zumindest einen Zwischenstand. Demnach soll der bisherige Kanzleramtsminister Helge Braun Vorsitzender des mächtigen Haushaltsausschusses werden. Das ist auch deshalb interessant, weil Braun gerade für den CDU-Vorsitz kandidiert. Rechnet er also gar nicht mit einem Sieg und besorgt sich deshalb schon eine attraktive Alternative? So sehen es zumindest seine Gegner.
Der bisherige Gesundheitsminister Jens Spahn könnte jetzt stellvertretender Fraktionschef werden, Ex-Agrarministerin Julia Klöckner Sprecherin der Arbeitsgruppe Wirtschaft und die bisherige Bildungsministerin Anja Karliczek Sprecherin der Arbeitsgruppe Tourismus. Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der bisherige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (alle CDU) müssen nicht mehr versorgt werden - die beiden hatten nach der Wahl ihr Mandat zu Gunsten Jüngerer abgegeben. Horst Seehofer und Gerd Müller (beide CSU) waren bei der Bundestagswahl schon gar nicht mehr angetreten. Und ihr Parteifreund Andreas Scheuer durfte froh sein, dass er den Wahltag erleben konnte, ohne vorher aus dem Kabinett geworfen worden zu sein.
Die wichtigen Ausschuss-Vorsitze sollen auf CDU-Seite neben Helge Braun an Elisabeth Winkelmeier-Becker (Rechtsausschuss), Jana Schimke (Tourismus), Hermann Färber (Agrar) und Michael Grosse-Brömer (Wirtschaft) gehen. Grosse-Brömer war bisher Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, diese Aufgabe könnte jetzt der Innenexperte Thorsten Frei übernehmen. Die CSU darf künftig die Vorsitzenden des Geschäftsordnungs- und des Finanzausschusses stellen. Als Favorit für den Finanzausschuss gilt Alois Rainer, als Favoritin für den Geschäftsordnungsausschuss Daniela Ludwig.
In der Spitze der Unionsfraktion wurde dieser Zwischenstand des Personaltableaus am Freitag zwar bestätigt. Endgültig gewählt werden all diese Funktionen aber erst bei einer Fraktionssitzung am Montagnachmittag. Außerdem tagen vorher die Teppichhändler noch mindestens einmal. Deshalb gilt auch in diesem Fall: Bis nicht alles geeint ist, ist gar nichts geeint.