In der Debatte um weitere Hilfen für die Ukraine in Höhe von drei Milliarden Euro ist es Mittwochnacht im Bundestag erneut zu einem Eklat gekommen. Am späten Abend wurde dort über einen Antrag der FDP debattiert, die Ukraine mit weiteren drei Milliarden Euro zu unterstützen. Wegen Beschlussunfähigkeit musste die Sitzung jedoch abgebrochen werden.
Seit Wochen ringt die Bundesregierung darum, wie sie die Ukraine weiter unterstützen soll. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie weitere drei Milliarden Euro für die von Russland angegriffene Ukraine finanziert werden sollen. Grundsätzlich sind die meisten Parteien bereit, der Ukraine zu helfen. Doch über das Wie gehen die Meinungen auseinander. Scholz beharrte zuletzt darauf, dass dafür die Schuldenbremse ausgesetzt werden müsse – ein Schritt, den die SPD aus verschiedenen Gründen seit Monaten fordert. Vertreter der anderen Parteien sehen dagegen andere Möglichkeiten. Die FDP etwa könnte sich eine sogenannte überplanmäßige Ausgabe vorstellen.
Das Parlament war um Mitternacht nicht mehr beschlussfähig
Wie aufgeladen die Debatte ist, zeigte sich am Mittwoch gleich zweimal. Als die AfD, die eine militärische Unterstützung der Ukraine ablehnt, gegen Mitternacht die Beschlussfähigkeit des Parlaments anzweifelte, hatten die Abgeordneten bereits eine halbe Stunde debattiert. Um beschlussfähig zu sein, muss mehr als die Hälfte der 733 Abgeordneten anwesend sein. An der Abstimmung über den FDP-Antrag zur Ukraine nahmen jedoch nur 320 Abgeordnete teil. Die Plenarsitzung wurde von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) nach der Geschäftsordnung beendet.
Im Anschluss kritisierte Bundestagsvizepräsident und FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Fraktionen von SPD und Grünen. Auf der Plattform X warf er ihnen vor, in der Sitzung gemeinsam mit der AfD die Beschlussunfähigkeit des Bundestages herbeigeführt zu haben, um eine Abstimmung über einen Antrag zur Ukraine zu verhindern. Aus Regierungskreisen hieß es, dies sei falsch, richtig sei das Gegenteil: Durch die Enthaltungen von SPD und der Grünen im Haushaltsausschuss und im Plenum sei eine rechnerische Mehrheit von CDU/CSU und FDP für deren Antrag möglich gewesen.

Süddeutsche Zeitung Dossier:Platz der Republik
Was kommt, wer wichtig wird, wie die Bundespolitik tickt. Unser Briefing zur politischen Lage aus Berlin. Jetzt kostenlos anmelden.
Auch im Haushaltsausschuss hatte es nach SZ-Informationen zuvor heftige Debatten über die Ukraine-Hilfe gegeben. FDP und Union forderten die Bundesregierung in einem gemeinsamen Antrag auf, die zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium abgestimmte Vorlage für eine überplanmäßige Ausgabe zur weiteren Unterstützung der Ukraine dem Haushaltsausschuss zuzuleiten – „und eine parlamentarische Befassung und demokratische Abstimmung in dieser zentralen Frage nicht länger zu blockieren“. Der Antrag von CDU/CSU und FDP wurde bei Enthaltung von SPD und Grünen angenommen. Die AfD stimmte dagegen.
Nach Informationen der SZ wurde ein Entwurf für eine Vorlage der beiden Ministerien erarbeitet, wegen der Blockade aus dem Kanzleramt aber nicht an das Finanzministerium weitergeleitet. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums teilte auf SZ-Anfrage mit, es gebe keine zwischen den Spitzen von Auswärtigen Amt und Verteidigungsministerium abgestimmte Vorlage. Und es werde auch keine geben, so die Sprecherin. Der Kanzler habe bereits klargemacht, dass ein Überschreitungsbeschluss nötig sei, um die drei Milliarden Euro Ukraine-Hilfe zu ermöglichen.