Bundestag:Streit um Verantwortung für Klimastiftung MV

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Mitglied des Deutschen Bundestags Philipp Amthor spricht im Plenum des Parlaments. (Foto: Julian Weber/dpa)

Der Streit um die politische Verantwortung für die zur Unterstützung des Baus der Gaspipeline Nord Stream 2 gegründete Stiftung flammt erneut auf. Anlässlich einer Aktuellen Stunde im Bundestag wird der Ton rau.

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Schwerin/Berlin (dpa/mv) - Die Klimastiftung MV sorgt sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch auf Bundesebene für erhitzte Gemüter. Ja, die CDU habe zusammen mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) regiert, als die Klimastiftung gegründet worden sei, sagte der Vorsitzende der CDU-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern, Philipp Amthor, am Mittwoch im Bundestag in Berlin. „Das alles ist aber kein Blankoscheck für Kamin-Gate, das ist kein Blankoscheck dafür, dass der Finanzminister jetzt das Parlament belügt.“ Zuvor war bekannt geworden, dass eine Finanzbeamtin in Mecklenburg-Vorpommern Steuerunterlagen der Stiftung verbrannt hatte.

Der Rostocker FDP-Bundestagsabgeordnete Hagen Reinhold sprach von einer „politischen Farce“ und wirft der Landesregierung neben Tricks und Lügen ein mangelndes Unrechts- und Fehlerbewusstsein vor. Sein Fraktionskollege Michael Kruse forderte gar den Rücktritt von Ministerpräsidentin Schwesig: „Es ist unerträglich, wie lange sie als Marionette von Moskau im Amt bleiben kann.“

Die Stiftung trug durch Auftragsvergaben im Umfang von 165 Millionen Euro maßgeblich zur Fertigstellung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 bei. Wegen des Ukraine-Kriegs ging die Pipeline aber nicht in Betrieb. Im Schweriner Landtag wurde auf Betreiben der Opposition ein Sonderausschuss eingerichtet, der die Umstände der Stiftungsgründung, die Rolle von Schwesig und das Wirken der Stiftung untersuchen soll. Die Stiftung hatte 20 Millionen Euro von der Gazprom-Tochter Nord Stream 2 erhalten, die nachweislich auch direkten Einfluss auf Formulierungen in der Stiftungssatzung nahm.

Schon vor der Aktuellen Stunde hatte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, die Klimastiftung als kriminell bezeichnet. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Friedrich Merz, sprach von „geradezu ungeheuerlichen Vorgängen“, die eine parlamentarische Aufbereitung verdienten.

Am Mittwoch erwiderte der Fraktionsvorsitzende der SPD-Landtagsfraktion im Nordosten, Julian Barlen: „Es gehört schon eine gehörige Portion Geschichtsvergessenheit dazu, wenn Dobrindt sich anmaßt, die Klimastiftung MV als kriminell zu bezeichnen. Denn zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung war die CDU sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene maßgeblich in Verantwortung“.

Diese Kritik musste sich die Union auch im Bundestag anhören. Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken warfen ihr am Mittwoch vor, selbst „glühende Nord-Stream-2-Freunde“ gewesen zu sein. Sie wiesen darauf hin, dass es eine CDU-Landesjustizministerin gewesen sei, die die umstrittene Klimastiftung binnen 24 Stunden genehmigt habe.

Auch die Stralsunder Bundestagsabgeordnete der Grünen, Claudia Müller, sieht die Kritik aus der Union auf wackligen Beinen: „In der Aktuellen Stunde heute wurde deutlich, dass beim Fingerzeig der CDU auf Manuela Schwesig und die SPD drei Finger auf sie zurückweisen“. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch wertete die Aktuelle Stunde als „ziemlich durchschaubaren Versuch der Union, eine Landesregierung, ein Bundesland und eine Ministerpräsidentin zu beschädigen“.

Die Nichtregierungsorganisation Transparency Deutschland forderte neben dem Untersuchungsausschuss im Land auch ein derartiges Gremium im Bundestag: „Die Aufarbeitung der politischen Netzwerke rund um russischen Gaslobbyismus in Deutschland hat bundespolitische Relevanz“, sagte hierzu Gerhard Bley. Viele Akteure im Netzwerk der Gaslobby seien ehemalige Bundespolitiker gewesen.

Doch auch zwischen der Stiftung unter Noch-Vorstand Erwin Sellering (SPD) und der Landesregierung herrscht alles andere als Einigkeit. In einer am Mittwoch in Schwerin verbreiteten Mitteilung widerspricht die Stiftungsspitze Aussagen von Landesfinanzminister Heiko Geue (SPD), die Stiftung habe ihn gehindert, Abgeordnete des Landtags frühzeitig und umfassend über das Verschwinden von Steuerakten zu informieren. „Die Hauptargumentationslinie des Finanzministers beruht leider nicht auf Tatsachen. Nicht wir haben eine Offenlegung aller Umstände verhindert, sondern das Ministerium“, heißt es in der Mitteilung. Die Stiftung habe im Mai 2022 ausdrücklich die Befreiung vom Steuergeheimnis hinsichtlich der Beantwortung einer Kleinen Anfrage im Landtag erteilt.

Stiftung und Land streiten um die Frage, ob die Stiftung auf die von der Nord Stream 2 AG beigesteuerten 20 Millionen Euro Schenkungssteuern in Höhe von fast 10 Millionen Euro entrichten muss. Hierüber läuft ein Rechtsstreit. Sellering hält es auch für möglich, dass Schwesig dort aussagen muss, sollten mündliche Absprachen zwischen der Stiftung, dem Land und der Nord Stream 2 AG angezweifelt werden.

Insgesamt sieht Sellering, der die geplante Auflösung der Stiftung weiter für rechtlich nicht möglich hält, das Risiko von strafrechtlichen Konsequenzen: „Die Rücksichtslosigkeit, mit der dies einfach übergangen wird und wir „vor’s Loch geschoben“ werden sollen, um von eigenem Fehlverhalten abzulenken, hat uns durchaus bestürzt“.

© dpa-infocom, dpa:230228-99-775704/5

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