Süddeutsche Zeitung

DDR-Geschichte:Bundestag beschließt Überführung der Stasi-Akten

Die Unterlagen sollen künftig im Bundesarchiv lagern und weiterhin öffentlich zugänglich bleiben.

Der Bundestag hat am Donnerstag beschlossen, die Stasi-Unterlagen im kommenden Jahr ins Bundesarchiv zu überführen. CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne stimmten für den gemeinsam erarbeiteten Gesetzentwurf. Die Linke enthielt sich, die AfD stimmte dagegen.

Demnach sollen die Unterlagen auch im Bundesarchiv für Bürger, Medien und Wissenschaft zugänglich bleiben. So können Menschen weiterhin nachfragen, ob in den Unterlagen Informationen etwa zur eigenen Person enthalten sind und Einsicht nehmen - und zwar künftig auch digital und an weiteren Standorten.

Das bisherige Amt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen wird mit dem Wechsel der Dokumente in das Bundesarchiv aufgelöst. Zurzeit bekleidet Roland Jahn dieses Amt. Stattdessen soll das neue Amt eines Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur geschaffen und - ähnlich wie der Wehrbeauftragte - beim Bundestag angesiedelt werden. Diese Ombudsperson wird vom Bundestag für fünf Jahre gewählt. Sie soll in Politik und Öffentlichkeit für die Anliegen von Opfern eintreten, zu ihrer Würdigung beitragen und einmal jährlich einen Bericht vorlegen.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sagte, die Überführung bedeute nicht, einen Schlussstrich zu ziehen, "sondern ganz im Gegenteil, es ist die Fortsetzung der Aufarbeitung unter gesamtdeutschen Vorzeichen". Die SPD-Abgeordnete Katrin Budde sprach von einem "guten, notwendigen und wichtigen Schritt". Die Grünen-Abgeordnete Monika Lazar sagte, der Bundestag werde sich weiterhin mit dem Prozess befassen. Sie rief dazu auf, keine Angst davor zu haben, "möglicherweise nachzujustieren". Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg erklärte, die Unterlagen seien ein besonders sensibles Archivgut. Es sei "kein Projekt der Ostdeutschen und kein von den Westdeutschen aufoktroyiertes Projekt, sondern ein gesamtdeutsches".

Kritik kam von der Linksfraktion und der AfD. Es gebe Leerstellen in dem Gesetz, meinte die Linken-Abgeordnete Simone Barrientos. So wäre es etwa gut gewesen, genauere Angaben über die Kosten zu machen, die mit der Überführung verbunden seien. Der AfD-Abgeordnete Götz Frömming meinte, mit dem Gesetz werde eine wichtige Institution beerdigt. Einen Opferbeauftragten zu installieren, sei "ein Feigenblatt, um die Opferverbände zu besänftigen".

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR, kurz Stasi, bespitzelte die eigenen Bürger und sammelte auch Informationen im Ausland. Kontrolliert wurde es von der herrschenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Das Ministerium wurde 1950 gegründet und nach einer Umbenennung nach dem Mauerfall im März 1990 endgültig aufgelöst.

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