Bundestag: Neuregelung von Hartz IV:"Blockieren Sie nicht"

Die Abgeordneten debattieren über die Neuregelung der Hartz-IV-Sätze. Arbeitsministerin von der Leyen gibt sich kompromissbereit und appelliert an die Oppostion. Doch die erwartet mehr als "nur warme Worte".

Runde eins in der Debatte über die Neuregelung der Hartz-IV-Sätze: In der ersten Lesung verteidigte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen den umstrittenen Gesetzentwurf. Er sei "große Chance" und bedeute einen Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik, sagte sie am Freitag im Bundestag.

CDU-Regionalkonferenz Niedersachen/Bremen

Weil die nötigen Stimmen im Bundesrat fehlen, ist Schwarz-Gelb auf die Zustimmung der SPD-geführten Länder angewiesen. Arbeitsministerin von der Leyen rief die Opposition deshalb zur Kompromissbereitschaft auf.

(Foto: dapd)

Die Arbeitsministerin gab sich kompromissbereit: "Die Tür ist offen, ich bin verhandlungsbereit", sagte sie mit Blick auf die Opposition. Sie appellierte an die Abgeordneten, sich einer Verständigung nicht zu verschließen. "Machen Sie mit, blockieren Sie nicht", warb die Ministerin.

Von der Leyen forderte die Opposition auf, gemeinsam mit der schwarz-gelben Koalition frühzeitig über die Reform zu beraten und nicht auf den Vermittlungsausschuss im Bundesrat zu warten. Es sei wichtig, dass sich "die Vernünftigen in der Mitte zusammenfinden" und verbesserten, was anfangs bei Hartz IV versäumt worden sei.

Gerade mit dem geplanten Bildungspaket bekämen bedürftige Kinder und Jugendliche reelle Chancen und erhielten individuelle und konkrete Unterstützung.

Schwarz-Gelb braucht die Zustimmung von SPD-geführten Ländern, weil Union und FDP im Bundesrat keine eigene Mehrheit mehr haben.

Indes ließ die Opposition kein gutes Haar an dem Gesetzentwurf, der eine Erhöhung um fünf Euro vorsieht: SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil bezeichnete von der Leyen als "Ministerin der PR" und forderte sie auf, mehr als nur "warme Worte" zu liefern.

"Mehr Schein als Sein"

Für SPD-Fraktionsvize Elke Ferner machen Gespräche aber nur Sinn, wenn die Koalition sich etwa auch beim Mindestlohn klar in Richtung der Opposition bewegt. Ansonsten werde es ein reguläres Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat geben. Für "Showveranstaltungen" stehe die SPD nicht zur Verfügung. Der Gesetzentwurf sei "mehr Schein als Sein", kritisierte sie.

Die Hartz-IV-Regelsätze habe das Arbeitsministerium zudem nach Kassenlage berechnet und einzelne Posten - etwa die chemische Reinigung - kleinlich herausgestrichen, kritisierte Ferner. Mit einem transparenten, realitätsgerechten Verfahren habe das nichts zu tun. Durch die vorgesehene Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen und dem Nein zu Mindestlöhnen werde die Zahl der Hilfsbedürftigen zudem noch vergrößert.

Auch nach Ansicht der Grünen darf es bei den Gesprächen nicht nur um "Klein-Klein" gehen. "Wir wollen über alle Fragen reden, wie wir zu einer Bildungs- und Integrationsrepublik kommen können", betonte Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn. Man erwarte, dass Kanzlerin Angela Merkel dafür persönlich die Initiative ergreift.

"In Mafia-Manier" Transparenz verhindert

Für die Linkspartei warf die Sozialexpertin Katja Kipping der Koalition "soziale Kälte" vor. Dies zeige sich daran, dass die Hartz- IV-Regelsätze um "läppische" fünf Euro angehoben werden sollen, während auf der anderen Seite bei den Ärmsten massive Kürzungen vorgesehen seien. Zugleich warf sie der Regierung vor, bei der Neuberechnung der Regelsätze "in Mafia-Manier" Transparenz verhindert zu haben.

Der Gesetzentwurf sieht die Anhebung der Regelsätze für Erwachsene zum 1. Januar 2011 um 5 Euro auf 364 Euro monatlich vor. Für bedürftige Kinder ist ein Bildungspaket mit einem Volumen von rund 700 Millionen Euro pro Jahr geplant, das Zuschüsse für Schulmaterial, Mittagessen in Schule und Kita sowie für Freizeitaktivitäten enthält.

Die Neuregelung von Hartz IV zum Jahresende war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die geltenden Regelsätze für verfassungswidrig erklärt hatte.

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