Bundestag:Man rechnet mit Gegenwind

Die AfD nominiert einen Ex-Staatsanwalt für das Parlamentarische Kontrollgremium. Auch an Albrecht Glaser hält sie fest.

Von Jens Schneider, Berlin

Roman Reusch

Roman Reusch war 30 Jahre lang in Berlin als Staatsanwalt tätig und erregte Aufsehen etwa mit der Aussage, man solle "ausländische Kriminelle außer Landes schaffen". Seit 2013 ist der heute 63-Jährige Mitglied der AfD.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die AfD will den früheren Oberstaatsanwalt Roman Reusch in das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages entsenden, das die Geheimdienste kontrolliert. Der 63-Jährige wurde über die Brandenburger Landesliste in den Bundestag gewählt, er ist seit 2013 Mitglied der AfD. Er war zuvor mehr als 30 Jahre lang in Berlin als Staatsanwalt tätig, zuletzt wurde er 2016 zum leitenden Oberstaatsanwalt befördert. In früheren Jahren führte Reusch in Berlin die Abteilung für jugendliche Intensivtäter und erregte Aufsehen, etwa mit der Forderung nach harten Strafen für kriminelle Jugendliche oder der Aussage, man solle "ausländische Kriminelle außer Landes schaffen".

Der Bundestag will die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums, die sich zu strikter Geheimhaltung verpflichten müssen, an diesem Donnerstag wählen. Dazu schlagen alle im Parlament vertretenen Parteien ihre Bewerber vor. Reusch sagte am Dienstag, er "rechne durchaus mit Gegenwind". Er würde sich nicht wundern, so sagte Reusch, "wenn wir übergangen werden". Er könne sich zugleich nicht vorstellen, dass jemand für ungeeignet erklärt werde, "der seit 35 Jahren diesem Staat gedient hat".

In diesem Zusammenhang erklärte die Fraktionsspitze, dass sie den Abgeordneten Albrecht Glaser erneut zur Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten für einen weiteren Wahlgang vorschlagen wolle. Glaser ist im Oktober bereits in drei Wahlgängen gescheitert. Die anderen Fraktionen lehnten seine Wahl ab, weil er in einer Rede die Religionsfreiheit für den Islam infrage stellte. "Wir halten an dem Kandidaten fest", sagte der Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland am Dienstag und erklärte mit Blick auf die Kritik an seinem Fraktionskollegen: "Was Herr Glaser gesagt hat und was er denkt, denken wir alle." Glasers Position entspreche dem Parteiprogramm der AfD.

Bei der Besetzung der Ausschüsse im Bundestag erhebt die AfD Anspruch auf den Vorsitz des zentralen Haushaltsausschusses, falls es zu einer großen Koalition kommen sollte. Die AfD wäre in diesem Fall die stärkste Oppositionspartei, der traditionell der Vorsitz im Haushaltsausschuss zusteht. "Das ist so und das wurde auch bisher in der bundesrepublikanischen Praxis genauso gehandhabt", sagte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel. Sie kündigte an, dass sich der bayerische Abgeordnete Peter Boehringer um diesen Posten bewerben will.

Aus anderen Fraktionen gibt es klare Signale, dass man an diesem Brauch festhalten will. "Wir werden keine Sonderregelungen für die AfD kreieren", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion von CDU und CSU, Michael Grosse-Brömer am Dienstag. "Wir haben eine gewisse Tradition, dass die stärkste Oppositionsfraktion den Vorsitz eines Ausschusses bekommt."

Dem schloss sich auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an. "Es gibt aktuell aus unserer Sicht kein Argument, dass wir von dieser Situation abweichen sollten." Im Haushaltsausschuss des Bundestags wird über die Ausgaben des Bundes beraten und zudem die Haushaltsführung der Bundesregierung kontrolliert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: