Regierungsbildung:SPD-Frauen: Koalition nur, wenn Abtreibungen legal werden

Der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch regelt bislang die Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen. (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

In den Verhandlungen mit CDU und CSU macht die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Druck: Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper müsse für die SPD eine „rote Linie“ sein, eine Reform sei „essenziell“ für einen Koalitionsvertrag.

Alle Entwicklungen im Liveblog

Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

AfD klagt erneut in Karlsruhe gegen Abstimmung über Schuldenpaket

Bundestag stimmt Grundgesetzänderung zu 

Wagenknechts Abgeordnete rollen im Bundestag Transparente aus

Leere Sitze am Anfang, leere Reihen zur Halbzeit der Debatte

Grünen-Chefin: "Herr Merz, das könnte Ihr Adenauer-Moment werden"

Kassian Stroh
Kassian Stroh

SPD-Frauen: Künftige Koalition muss Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren

Die Arbeitsgemeinschaft der SPD-Frauen knüpft ihre Zustimmung zum geplanten Koalitionsvertrag mit der Union offenbar an eine Änderung des Strafrechtsparagrafen 218, der den Schwangerschaftsabbruch regelt. Sie verlangen, Abtreibungen zu entkriminalisieren – andernfalls könne eine Koalition nicht zustande kommen, heißt es in einem offenen Brief der Bundesvorsitzenden der SPD-Frauen, Ulrike Häfner, an die eigene Parteiführung, aus dem der Spiegel zitiert: „Einem Koalitionsvertrag ohne eine Einigung über die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen können wir nicht zustimmen.“ Die Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper müsse für die SPD eine „rote Linie“ sein, schreibt Häfner. Eine Reform sei „essenziell für einen künftigen Koalitionsvertrag von Union und SPD“. 
Eine Nicht-Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen wäre ein Stillstand, den wir so nicht mehr akzeptieren.
Ulrike Häfner, die Bundesvorsitzende der SPD-Frauen
Im Bundestag wurde zuletzt über einen interfraktionellen Gesetzentwurf debattiert, der Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz herausgenommen hätte. Derzeit sind diese laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ebenso straffrei bleibt der Eingriff aus medizinischen Gründen sowie nach einer Vergewaltigung. 

Der Gesetzentwurf wurde vor allem aus den Reihen von SPD und Grünen unterstützt. Die Union lehnte ihn mehrheitlich ab – nicht zuletzt mit dem Argument, dass die bisherige Regelung ein vernünftiger Kompromiss sei, um den in den 1990er-Jahren lange gerungen wurde. Fraktionschef Friedrich Merz sagte im Dezember, als der Entwurf in den Bundestag eingebracht wurde, man solle jetzt nicht im Schnellverfahren versuchen, ein Thema zu lösen, das „wie kein zweites das Land polarisiert, das wie kein zweites geeignet ist, einen völlig unnötigen weiteren gesellschaftspolitischen Großkonflikt in Deutschland auszulösen“.

Erst am Freitag wurde mit den Stimmen von Union, FDP und AfD ein neuerlicher Vorstoß für den Gesetzentwurf von der Tagesordnung des Rechtsausschusses des Bundestags genommen.
Kassian Stroh
Kassian Stroh

AfD klagt erneut in Karlsruhe gegen Abstimmung über Schuldenpaket

Die AfD-Fraktion versucht ein zweites Mal, mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht das Schuldenpaket von Union, SPD und Grünen zu stoppen. Ziel sei es, dem Bundesrat, der am Freitag abschließend über die Grundgesetzänderungen entscheiden soll, die Abstimmung vorläufig zu untersagen, heißt es in einer Mitteilung der Fraktion. Das Verfassungsgericht bestätigte den Eingang des Eilantrags.

Die AfD verweist darin auf ein weiteres Verfahren, das sie bereits gegen die Abstimmung des Bundestages angestrengt hat. Dessen Ausgang sei offen. Würde nun auch der Bundesrat zustimmen, „wäre das parlamentarische Verfahren abgeschlossen und das Gesetz könnte in Kraft treten – mit unabsehbaren finanzpolitischen Folgen für unser Land und nachfolgende Generationen“, sagte der Justiziar und parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stephan Brandner. Bisher hat das Bundesverfassungsgericht alle Eilanträge, die den Beschluss über das Schuldenpaket verhindern sollten, abgelehnt.
Alexandra Föderl-Schmid
Alexandra Föderl-Schmid

Klöckner gibt Amt als CDU-Schatzmeisterin ab

Die CDU-Politikerin Julia Klöckner gibt vor ihrer vorgesehenen Wahl zur Bundestagspräsidentin ihre Funktion in der Parteiführung ab. Ihr Amt als Bundesschatzmeisterin der CDU lege sie am kommenden Montag in den Gremiensitzungen nieder, sagte Klöckner der Deutschen Presse-Agentur. Dies habe sie vor ihrer Nominierung mit CDU-Chef Friedrich Merz bereits besprochen.
Die frühere Bundesagrarministerin soll in der konstituierenden Sitzung des Parlaments am kommenden Dienstag (25. März) zur Präsidentin gewählt werden. Traditionell besetzt die größte Fraktion dieses Amt, in der neuen Wahlperiode also die Union. Klöckner ist seit 2022 Schatzmeisterin der CDU und damit Mitglied im Parteipräsidium. Zuvor gehörte sie zehn Jahre lang zur Riege der stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden. Mit ihrer Wahl wäre Klöckner die vierte Frau an der Spitze des Bundestags und im protokollarisch zweithöchsten Staatsamt nach dem Bundespräsidenten - nach Bärbel Bas (SPD/seit 2021), Rita Süssmuth (CDU/1988-1998) und Annemarie Renger (SPD/1972-1976). Erstmals seit 1949 folgten dann auch zwei Bundestagspräsidentinnen direkt aufeinander.

Lesen Sie den Text von Berlin-Korrespondent Robert Roßmann über die Frau, die Bundestagspräsidentin werden soll:
Michael Bauchmüller
Michael Bauchmüller

Drei Parteien, drei Nein-Stimmen

Der Bundestag hat das endgültige Ergebnis der namentlichen Abstimmung herausgegeben, mitsamt der Liste, wer wie abgestimmt hat. Aus den Fraktionen von SPD, Union und Grünen hat es jeweils nur eine Nein-Stimme gegeben. In der Union hatte, wie angekündigt, Mario Czaja gegen das Paket gestimmt - er hielt die milliardenschwere Verschuldung nicht für generationengerecht. In der SPD war Jan Dieren dagegen, bei den Grünen die Abgeordnete Canan Bayram. Von den dreien gehört nur SPD-Mann Dieren weiterhin dem Bundestag an. Weitere sieben Abgeordnete der drei Parteien waren krank oder nicht anwesend. Mit 23 Stimmen über dem notwendigen Quorum sind die Unterstützer der Grundgesetz-Änderung so immer noch bequem über die Hürde gekommen.
Michael Bauchmüller
Michael Bauchmüller

Bundestag stimmt Grundgesetzänderung zu 

Der Bundestag hat den Weg für eine Änderung des Grundgesetzes freigemacht. Dafür stimmten 513 Abgeordnete, dagegen 207. Für eine Zwei-Drittel-Mehrheit hatten Union, SPD und Grüne mindestens 489 Stimmen benötigt. Damit spricht zumindest von Seiten des Bundestags nichts mehr dagegen, die Schuldenbremse künftig bei Verteidigungsausgaben zu lockern. Auch den Weg für ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz machten die Parlamentarier frei. Für die Länder könnte ebenfalls die Schuldenbremse gelockert werden. Nun muss nur noch der Bundesrat zustimmen – am kommenden Freitag. Für Friedrich Merz ist das aber schon einmal ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg ins Kanzleramt. 

Außerordentliche Sitzung des scheidenden Bundestages in Berlin
Außerordentliche Sitzung des scheidenden Bundestages in Berlin. Foto: Liesa Johannssen
Sina-Maria Schweikle
Sina-Maria Schweikle

Bis 15.50 Uhr wird abgestimmt, dann ausgezählt

Über vier Stunden wurde debattiert - jetzt laufen die Abstimmungen. Während der Abstimmung über einen FDP-Änderungsantrag wirkt der Bundestag ein wenig wie ein Klassentreffen. Die Abgeordneten spielen mit ihren Handys, blättern in Unterlagen oder unterhalten sich parteiübergreifend. Der Haushaltspolitiker der Grünen, Sebastian Schäfer etwa, hat sich ein wenig an den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Markus Faber von der FDP, herangeschlichen. Jetzt geht es an die eigentliche Abstimmung über den Antrag über den Gesetzentwurf von Union und SPD. Um 15:50 Uhr werden die Abstimmungsurnen geschlossen. Danach wird ausgezählt und das Ergebnis von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas verkündet.
Michael Bauchmüller
Michael Bauchmüller

Die Abstimmungen beginnen

Als vermeintlich Letzter darf der SPD-Abgeordnete Dennis Rohde noch einmal für das Gesetzespaket werben. "Gleich ist der Moment, in dem wir zeigen, dass wir an die Zukunft dieses Landes glauben", sagt er zum Abschluss der Aussprache. "Lassen Sie uns heute Geschichte schreiben. Lassen Sie uns ja sagen." Damit meint er natürlich die eigenen Vorschläge - denn abgestimmt wird erst einmal über einen Gesetzentwurf der FDP.  Und während die Abstimmung darüber läuft, darf auch der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler noch einmal ans Mikro, für eine persönliche Erklärung. Politisch sei der Gesetzes-Plan von Union, SPD und Grünen ein "Offenbarungseid". Sein Appell, kurz gesagt: Lassen Sie uns nein sagen. Aber die Abstimmung darüber beginnt erst, wenn die des FDP-Antrags beendet ist.
Michael Bauchmüller
Michael Bauchmüller

Wagenknechts Abgeordnete rollen im Bundestag Transparente aus

Es ist ein historischer Tag, auch für Sahra Wagenknecht. Fast 16 Jahre war sie im Bundestag, zwischenzeitlich auch als Fraktionschefin der Linken. Nun endet diese Zeit. Zum Abschied aber will Wagenknecht, nun Chefin ihres Bündnisses BSW, von Friedrich Merz wissen, warum der nicht eine Mehrheit mit der AfD sucht. Es ist ein weiter Weg, den Wagenknecht von der ersten bis zur letzten Rede zurückgelegt hat. 

Wagenknecht knabbert immer noch daran, dass ihrem Bündnis nur wenige Stimmen fehlten, um in den nächsten Bundestag einzuziehen. Ohne neue Auszählung bleibe der Verdacht, dass der neuen Regierung die demokratische Legitimierung eigentlich fehle. „Ich verspreche Ihnen, wir kommen wieder“, sagt Wagenknecht. 

Aber zum Abschied aus dem Bundestag hat ihr Bündnis noch einen kleinen Eklat vorbereitet. Wagenknecht und die Ihren rollen längliche Transparente aus: „1914 wie 2025: Nein zu Kriegskrediten“ steht darauf. Dafür kassieren sie von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau einen Ordnungsruf. 

Sahra Wagenknecht und die Abgeordneten des BSW rollen im Bundestag Transparente aus.
Sahra Wagenknecht und die Abgeordneten des BSW rollen im Bundestag Transparente aus. dpa
Julian Piepkorn

Die Mühen der Halbzeit und die letzte Rede der FDP


Die Plenardebatte im Bundestag hat in etwa die Dramatik eines Hufeisens: Am Anfang und am Ende ist es spannend, in der Mitte hängt die Debatte durch. Leicht schwäbelnd will die CDU-Abgeordnete Inge Gräßle die verbliebenen Zuhörer in den halb leeren Reihen ermuntern: "Sie haben schon die Hälfte der Rednerliste geschafft." AfD-Urgestein Alexander Gauland frönt genüsslich blätternd der Zeitungslektüre

Im Mittagstief geht schon beinahe unter, wie der Haushaltspolitiker Otto Fricke "auf absehbare Zeit die letzte Rede der FDP im Bundestag" hält. Der AfD-Politiker Stephan Brandner stellt eine Zwischenfrage und feixt, er ermögliche Fricke, seine "letzte Redezeit noch länger auszukosten". Das verbliebene Plenum quittiert das mit lautem Stöhnen. Dann geht es zwischen Brandner und Fricke um ein falsches Zitat von Shakespeare, das doch von Schiller war - oder andersherum? Fricke schließt mit den Worten: "Es braucht Freiheit zur Verantwortung." 
Sina-Maria Schweikle
Sina-Maria Schweikle

Ein Generationenkonflikt?

Auch heute drängen sich die Menschen vor der Zuschauertribüne des Bundestages. Tom und Emma sind aus Bamberg und Erlangen in die Hauptstadt gekommen. Sie wollten einmal sehen, wie „Politik wirklich gemacht wird“. Eigentlich sei es eine ganz spontane Entscheidung gewesen, sagt der 19-jährige Student Tom. „Und jetzt haben wir das Glück, dass es sogar eine spannende Sitzung ist". Was er von dem Gesetz hält? Nun, er habe Angst, dass soziale Themen jetzt hinten runterfallen, erklärt er. Eine Sorge, die auch die 20-jährige Emma umtreibt. Sie sagt, dass sie bisher nicht so viel mit verteidigungspolitischen Themen zu tun gehabt hatte. Die letzten Tage empfand sie als etwas stressig, weil das ganze Vorhaben von Union und SPD so spontan kam. Zudem hat sie das Gefühl, dass das Ganze jetzt vielleicht nicht ganz so durchdacht sei „und naja: jetzt schau ich mir das halt mal an“, sagt sie. 

Ganz anders sieht das eine Gruppe eher älterer Menschen. „Wir sind dafür“, sagt einer sofort. Es könne durchaus sein, dass Europa jetzt enger zusammenrücke und auch mehr in die Verteidigung investiere. Schließlich müsse man Putin die Stirn bieten, „aber wir sind auch alte Leute und noch im Krieg geboren“, sagt er. Da seien die Prioritäten vielleicht manchmal anders.
Julian Piepkorn

Leere Sitze am Anfang, leere Reihen zur Halbzeit der Debatte

Nach gut zweieinhalb Stunden Debatte verlassen immer mehr Abgeordnete den Plenarsaal. Bei Union und SPD sind in etwa die Hälfte der hinteren Sitzreihen leer. Schon zu Beginn der Debatte, als Friedrich Merz sprach, waren in den hinteren Reihen bei der Union rund 20 Plätze leer, bei der SPD sogar rund 40. Die namentliche Abstimmung über die Grundgesetzänderung am Ende der Sitzung muss deshalb aber nicht scheitern. Viele Abgeordnete haben andere Termine, machen eine kleine Pause oder suchen das Gespräch mit der Presse auf den Fluren des Bundestages. 

So auch der CSU-Verteidigungspokitiker Florian Hahn. Er könne verstehen, dass es Abgeordnete gibt, die sich genau überlegen, ob man der Grundgesetzänderung zustimmen werde. "Ich bin mir aber sicher, dass wir eine deutliche Mehrheit haben werden", sagt Hahn. Die Umsetzung des Pakets heute sei deshalb wichtig, weil es, ein Signal an Freund und Feind sende, "dass Deutschland wieder da ist."
Saladin Salem

Alexander Gauland: Die Merz-CDU ist seit dieser Woche die Fortsetzung der Merkel-CDU

In seiner Rede wendet sich der älteste Abgeordnete des Bundestags, AfD-Mitglied Alexander Gauland, persönlich an den CDU-Chef. Dabei gesteht er, doch einige Hoffnungen in Merz gesetzt zu haben, als dieser zurück in die Politik kam. Allerdings seien seine Hoffnungen enttäuscht worden. Merz hätte eine Mitte-Rechts-Politik angehen sollen, so deutet der AfD-Politiker die Ergebnisse der Bundestagswahl. Stattdessen habe Merz zugunsten linker und grüner Parteien "alles geopfert, was konservativ und bürgerlich war".

"Auch wenn ich in den letzten Jahren immer mal wieder Zweifel an meiner eigenen Partei hatte", erklärt Gauland, "bin ich heute glücklich sie 2013 aus der Taufe gehoben zu haben". Die Merz-CDU sei nun die Fortsetzung der Merkel-CDU.
Julian Piepkorn

Grünen-Chefin: "Herr Merz, das könnte Ihr Adenauer-Moment werden"


Spricht da schon die neue Oppositionspartei? Während die Grünen zuvor ihre Verhandlungserfolge bei der Grundgesetzänderung priesen, kritisiert Parteichefin Franziska Brantner das Sondierungspapier für eine Koalition zwischen Union und SPD scharf. Diese "KleiKo" bestehe aus  "Kleinmut und Mackertum aus Bayern." 

Mit ihren Reformen würden Union und SPD vor allem Steuergeschenke für Vermögende machen. Das sei "ein absolutes No-Go in Zeiten, in denen wir gezwungen sind, so hohe Schulden aufzunehmen." Die 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz seien nun Verpflichtung für die kommende Bundesregierung. "Am Geld kann der Klimaschutz nicht mehr scheitern, sondern nur noch an Ihrem politischen Willen", sagt Brantner. Nun seien tiefgreifende politische Veränderungen möglich. "Herr Merz, das könnte für Sie ein Adenauer-Moment werden", so Brantner in Anspielung auf die damals forcierte Westbindung. "Deutschland ist ein tolles Land, machen Sie was draus."

Saladin Salem

Alexander Dobrindt will Moskau kein Signal der Schwäche liefern

Für den Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe Alexander Dobrindt ist die mögliche Gesetzesänderung nichts weiter als die Antwort auf eine bereits bestehende Bedrohungslage, die sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch vorherrsche. In seiner Rede bedankt sich Dobrindt daher ausführlich bei den Unterstützern des Gesetzesvorhabens und betont: "Welches Signal würden wir senden, wenn wir uns in so einer historischen Situation nicht verständigen würden?"

Für Deutschland gehe es um die politische Handlungsfähigkeit. Der Westen dürfe Russland nicht das Signal senden, zu schwach zu sein, um sich zu wehren. Die Augen aus Europa, Washington und Moskau seien auf Deutschland gerichtet. Wer sich nicht wehren kann, laufe auch Gefahr attackiert zu werden, argumentiert Dobrindt. Dabei stehe Deutschland weiter zur transatlantischen Partnerschaft, aber die Beziehungen veränderten sich, so der CSU-Politiker, das zeige auch das Telefonat zwischen Trump und Putin, das für diesen Dienstag geplant ist. 
Alexander Dobrindt spricht während der historischen Debatte im Bundestag.
Alexander Dobrindt spricht während der historischen Debatte im Bundestag. Getty Images
Sina-Maria Schweikle
Sina-Maria Schweikle

Pistorius: „Bedrohungslage geht vor Kassenlage"

Nun tritt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD ans Rednerpult. Auch für sein Ressort soll es eine Öffnung der Schuldenregel geben. Der Verteidigungsminister hat in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder deutlich gemacht, dass er sein Amt gern auch in der neuen Regierung weiter fortführen würde. Pistorius betont gleich zu Beginn die „historische Bedeutung der heutigen Entscheidung“. Wie Merz fordert er, Sicherheit europäischer zu denken. Die Europäer müssten erwachsen werden, Verantwortung übernehmen, auch für die nächste Generation, sagt er. „Wer heute zögert, verleugnet die Realität“, sagt der Verteidigungsminister. Deutschland komme dabei eine zentrale Rolle zu: „Mehr Truppen, mehr Ausrüstung, schnellere Einsatzbereitschaft“, fasst er zusammen. Der Finanzbedarf dafür werde massiv steigen. 

Der heutige Beschluss habe eine enorme Tragweite, die über die Zeitenwende hinausgehe. Er stelle sicher, dass die Verteidigungsbereitschaft in Deutschland erhöht werde, ohne dass der gesellschaftliche Zusammenhalt zerbreche. „Jeder weiß: Deutschland fährt auf Verschleiß.“ Dass sich Europa für seine eigene Sicherheit sorgen muss, bedeute nicht, dass die Bindung an die USA in Frage gestellt werde, sondern dass das transatlantische Bündnis dadurch gestärkt werde. „Bedrohungslage geht vor Kassenlage“, brachte es Pistorius das Gesetzespaket auf den Punkt. Schließlich gehe von Russland eine unberechenbare Bedrohung aus.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) spricht im Bundestag.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) spricht im Bundestag. dpa
© SZ/Reuters/dpa/epd/KNA/Bloomberg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivDer Fall Gelbhaar
:Chronologie eines Grenzfalls

Gleich zweimal waren Vorwürfe gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar im Bundestagswahlkampf Thema: Als sie aufkamen - und als sie größtenteils in sich zusammenfielen. Die Partei versprach Aufklärung, doch die erfolgte nicht. In der SZ erzählen jetzt erstmals mehrere Frauen, welche Erfahrungen sie mit Gelbhaar gemacht haben wollen.

Von Lena Kampf, Vivien Timmler und Ralf Wiegand; Fotos: Friedrich Bungert

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: