Etat:"In der Krise muss man zeigen, wer man ist"

Finanzminister Scholz will für den Kampf gegen die Corona-Krise 96 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen.

Im Bundestag beraten die Abgeordneten ab diesem Dienstag über den Entwurf für den Bundeshaushalt 2021. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will für den Kampf gegen die Corona-Krise neue Schulden von etwa 96 Milliarden Euro aufnehmen. Dafür soll erneut die Schuldenbremse im Grundgesetz ausgesetzt werden.

Mit einem engagierten Plädoyer warb Scholz in der Debatte für mehr Solidarität in der Corona-Krise. Im Bundeshaushalt für 2021 gehe es um viel Geld, "aber es geht auch darum, wie wir eigentlich sein wollen", sagte der Finanzminister. "Denn in der Krise muss man zeigen, wer man ist."

Deutschland präsentiere sich als demokratische Land mit leistungsfähigem Föderalismus, das wisse, "wo es hingeht". Es gehe nicht nur darum, die Corona-Krise zu bekämpfen, sondern weiter auch darum, den Klimawandel aufzuhalten, zusammenzuhalten und ein soziales Land zu sein.

Wirtschaftliches Wachstum dürfe nicht darauf gründen, dass es einigen im Land schlecht gehe, betonte Scholz. Alle Bürger müssten gute und ordentliche Arbeitsverhältnisse haben. "Die Corona-Helden wollen von uns keine Orden, sie wollen einfach ein ordentliches Gehalt", sagte der Vizekanzler. "Das müssen wir sicherstellen."

Opposition kritisiert falsche Schwerpunktsetzung

Mit Scholz' Vorhaben, neue Schulden aufzunehmen und die Schuldenbremse auszusetzen, sind die meisten Bundestagsparteien grundsätzlich einverstanden. Sie kritisieren allerdings, dass Scholz falsche Schwerpunkte setze.

So fordern etwa die Grünen mehr verbindliche Investitionen in Klimaschutz und andere Zukunftsthemen. Die Bundesregierung müsse nicht nur die Auswirkungen der Corona-Pandemie abmildern, sondern zugleich die Basis für ein sozial- und klimaverträgliches Morgen schaffen, fordern die Grünen-Haushälter in einem Strategiepapier.

Die FDP kritisiert, dass Scholz an keiner Stelle den Rotstift ansetze und Ausgaben streiche. Der Staat müsse sich angesichts der schwierigen Finanzlage einschränken. Denke man Scholz' Haushalt weiter, lande man bei Steuererhöhungen. Tatsächlich hat der SPD-Kanzlerkandidat bereits Steuererhöhungen für Wohlhabende angekündigt, falls er nach der Wahl 2021 Kanzler wird. Zugleich will er, dass der Bund dann wieder die Schuldenbremse einhält.

Die Haushälter der Unionsfraktion bezweifeln jedoch, dass das gelingt, wie aus einer internen Präsentation hervorgeht. Sie warnen, die nächste Bundesregierung werde vor einem erheblichen finanziellen Handlungsbedarf stehen. Schon vor der Corona-Krise habe der Haushalt strukturelle Lücken gehabt - der Kohleausstieg etwa und die vor allem von der SPD forcierte Grundrente seien nicht ausreichend finanziert.

Für das kommende Jahr plant Scholz insgesamt Ausgaben von 413,4 Milliarden Euro - fast 19 Prozent weniger als in diesem Jahr. Allerdings waren wegen der Pandemie plötzlich auch milliardenschwere Hilfs- und Konjunkturprogramme zu stemmen. Im Lauf der Woche gehen die Haushälter nun die geplanten Etats für alle Ministerien durch. Danach wird in den Ausschüssen beraten, bevor der Haushalt zum Jahreswechsel beschlossen werden soll.

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