Süddeutsche Zeitung

Bundestag:Fauler Ururenkel

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Schwere Vorwürfe gegen Carl-Eduard Graf von Bismarck: In seinem Mandat als Bundestagsabgeordneter falle der Nachkomme des berühmten Reichskanzlers vor allem durch eines auf - durch Untätigkeit.

Der schleswig-holsteinische CDU-Bundestagsabgeordnete und Reichskanzler-Nachkomme Carl-Eduard Graf von Bismarck (46) hat wegen angeblicher Untätigkeit massiven Ärger in der eigenen Partei.

Der Ururenkel des ersten deutschen Kanzlers Otto von Bismarck (1815-1898) soll nach einem Bericht der Lübecker Nachrichten unter anderem seinen Wahlkreis Herzogtum-Lauenburg und Südstormarn vernachlässigt haben. Bismarck wies die Vorwürfe am Montagabend zurück.

"Seit mehr als drei Jahren werde ich nach einem Autounfall wegen eines schmerzhaften Rückenleidens behandelt", sagte der Bundestagsabgeordnete. Er sei ordnungsgemäß krank gemeldet.

Die Junge Union hat den Bundestagsabgeordneten zur Niederlegung seines Mandats aufgefordert. "Seine ständige Abwesenheit im Bundestag und im Wahlkreis sowie zahlreiche nicht gehaltene Versprechen können weder die Mitglieder der JU noch die Bürger länger ertragen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union (JU) Stormarn, Christopher Voigt, im südholsteinischen Oststeinbek.

Nicht bei einer wichtigen Abstimmung im Bundestag sei Bismarck anwesend gewesen, ob Gesundheitsreform oder Tornado-Einsatz. "Nachdem es bereits längere Zeit parteiintern brodelte, weil Herr von Bismarck seine Aufgaben in renitenter Weise nicht wahrnahm und alle Versuche, an sein Verantwortungsbewusstsein zu appellieren scheiterten, ist nun das Maß voll", sagte der JU-Kreisvorsitzende Sebastian Bigdon.

Bismarck schießt zurück

Von Bismarcks Inaktivität sei für die JU nicht mehr erträglich und hinnehmbar. Er sei im Bundestag, um Politik zu machen und nicht zum Selbstzweck.

Nach Angaben des lauenburgischen CDU-Kreisvorsitzenden Klaus Schlie ist von Bismarck seit eineinhalb Jahren in keinem Kreisgremium der Partei mehr erschienen. Von Bismarck warf Schlie unterdessen vor, ihn in seinem Amt als Bundestagsabgeordneter beerben zu wollen.

"Bereits zur Bundestagswahl 2002 hat er meine Kandidatur nicht gewollt", sagte der Abgeordnete. Auslöser des Unmuts der Delegierten sei zuletzt der Kreisparteitag der lauenburgischen CDU am vergangenen Wochenende gewesen, bestätigte Schlie die Darstellung der Lübecker Nachrichten.

Zunächst mit einer Email und dann per Fax habe sich von Bismarck zunächst "über die gute Zusammenarbeit" bedankt, um gleichzeitig zu erklären, nicht am Parteitag teilnehmen zu können. Im Publikum habe großer Unmut über den Bundestagsabgeordneten geherrscht.

"Die Mitglieder und auch die Funktionsträger sind nicht mehr bereit, das so hinzunehmen", sagte Schlie. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung fehlte Bismarck in diesem Jahr auch bei 12 von 21 Plenarsitzungen im Bundestag.

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dpa
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