Bundestag:Ampel nervt Ampel

Bundestag: Sie müssen besonders häufig nach Antworten auf Anfragen aus dem Bundestag suchen: Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz.

Sie müssen besonders häufig nach Antworten auf Anfragen aus dem Bundestag suchen: Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Nicht nur die Opposition nutzt das Fragerecht an die Regierung. Aufschlussreich ist, wer wen aus den Reihen der Ampelkoalition was fragt. Insbesondere ein Politiker aus der FDP zeigt sich wissbegierig.

Von Henrike Roßbach

Dass es in der Politik bisweilen zugehe wie in einer Seifenoper, ist ein billiges Vorurteil. Tatsächlich geht es eher zu wie in der "Sesamstraße" - weniger mit Blick darauf, wer im Kabinett Ernie, Bert oder Graf Zahl verkörpert, als vielmehr in Sachen "Wer, wie, was". Tausend tolle Sachen gibt es nämlich auch im Regierungsalltag - um sie zu verstehen, müssen auch Bundestagsabgeordnete manchmal fragen.

Die "Statistik der Parlamentarischen Kontrolltätigkeit" weist, Stand 30. November, für 2022 bereits sieben Große und 1503 Kleine Anfragen aus. Sie stammen alle von Union, Linken und AfD, schließlich ist das Fragerecht ein wichtiges Instrument der Opposition. Bei den einfachen schriftlichen und mündlichen Fragen aber zeigt sich, dass auch die Regierungsfraktionen bisweilen gerne mal nachfragen. Bloß: Wer fragt wen?

In der vergangenen Legislaturperiode, unter einer Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, ging gut ein Prozent der Fragen aufs Konto der Union; die mitregierende SPD kam auf ein Prozent der mündlichen und gut zwei Prozent der schriftlichen Fragen. Seit die SPD den Kanzler stellt, ist ihr Anteil auf 0,6 Prozent der schriftlichen Fragen gesunken, plus null mündliche. Die FDP liegt auch bei null mündlichen und 1,3 Prozent der schriftlichen Fragen. Die Grünen dagegen fragen häufiger nach: Vier Prozent der mündlichen und drei Prozent der schriftlichen Fragen haben sie bisher gestellt.

In den Häusern der Ampel-Rivalen Christian Lindner und Robert Habeck gibt es kaum gravierende Ausschläge. Beim Finanzminister aus den Reihen der FDP gingen fünf schriftliche Fragen aus der eigenen Fraktion ein, fünf von der SPD und zwölf von den Grünen. Der grüne Wirtschaftsminister musste eine SPD-Frage beantworten, vier Antwortwünsche kamen aus der FDP und sieben aus den eigenen Reihen. Anders sieht es bei Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aus: Ersterem flatterten fünf Fragen der eigenen Leute ins Haus, 18 von der SPD - und 62 von den Grünen, was 8,4 Prozent aller schriftlichen Fragen ans Verkehrsressort entsprach. Bei Lauterbach wiederum hielten sich SPD und Grüne zurück, während die FDP 29 Fragen stellte - 4,2 Prozent des Gesamtaufkommens.

Bundestag: Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) will vor allem von einem viel wissen: von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) will vor allem von einem viel wissen: von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

(Foto: MICHELE TANTUSSI/REUTERS)

Beim Studium der Listen drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass man "FDP" dabei durchaus mit "Wolfgang Kubicki" übersetzen könnte. Der nämlich hatte sehr viele Fragen an Lauterbach; zur "SARS-CoV-2-Seroprävalenz in der Gesamtbevölkerung", der Entsorgung abgelaufener Impfstoffe oder dazu, wann ausgewiesen werde, ob ein Patient an oder mit Covid verstorben sei. Auch bei Wissing fallen Solisten auf. Der Grüne Matthias Gastel etwa, der nach der Entwicklung der Gleisanschlüsse seit 2005 fragte oder der Sanierung der Neckarschleusen. Auch die Grüne Susanne Menge hatte einige Fragen; nach heulenden Geräuschen des Airbus A220 im Schwachlastbereich oder der Bahnstrecke Bremerhaven-Wulsdorf-Bremervörde-Rotenburg.

In der "Sesamstraße" bekommt übrigens auch Graf Zahl einmal viel Post, drei Säcke voll. "Du musst ja ziemlich viele Freunde haben", staunt der Postbote. Doch der Graf hat keine Freunde, er hat sich die Briefe selbst geschickt. Zum Zählen.

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