Eine arbeitsreiche Woche für Bundestag und Bundesrat geht zu Ende: Im Parlament haben die Abgeordneten drei Tage lang im Plenum über diverse Vorhaben debattiert und abgestimmt; der Bundesrat hatte in seiner ersten Sitzung in diesem Jahr 40 Punkte auf der Tagesordnung. Unter anderem ging es um schnellere Verfahren bei Großprojekten, den Schutz von Whistleblowern, neue Regeln für Vereine und Schuldeneintreiber. Ein Überblick über die wichtigsten Beschlüsse:
Infrastruktur: Neue Windräder, Hochspannungsleitungen oder LNG-Terminals - wenn solche Großprojekte vor Gericht landen, sollen die Verfahren künftig schneller entschieden werden können. Das vom Bundestag am Freitagvormittag verabschiedete Gesetz sieht vor, dass an den dafür zuständigen Verwaltungsgerichten auf Planungsrecht spezialisierte Kammern oder Senate gebildet werden können. Konkrete Fristen sollen verhindern, dass sich Verfahren zu solchen Projekten jahrelang hinziehen; auch dürfen Gerichte künftig einen Mangel bei der jeweiligen Genehmigung ignorieren, wenn offensichtlich ist, dass dieser bald behoben wird. Für das Gesetz stimmten die Abgeordneten der Ampelkoalition sowie der Linken, CDU/CSU und AfD lehnten es ab.
Dieses Gesetzesvorhaben hat im Übrigen nichts zu tun mit dem aktuellen Streit in der Koalition, ob auch Autobahn-Neubauten als von "überragendem öffentlichen Interesse" eingestuft werden sollen, sodass sie schneller genehmigt werden können. Bisher gilt das beispielsweise für erneuerbare Energien oder auch Flüssigerdgasterminals. Die FDP will das auf neue Autobahnen ausweiten, die Grünen lehnen das strikt ab - der jüngste Koalitionsausschuss konnte den Streit auch nicht lösen.
Whistleblower: Der Bundesrat hat das sogenannte Whistleblower-Gesetz gestoppt. Nach dem Willen des Bundestags, der es im Dezember beschlossen hatte, soll es Menschen, die Hinweise auf Missstände in Behörden oder Firmen geben, besser vor Repressalien schützen. Größere Unternehmen, der Bund oder auch die Länder sollen Meldestellen für solche Hinweise einrichten; wer sich an sie wendet, soll anonym bleiben können. Im Bundesrat fand das keine Mehrheit, mehrere V ertreter von unionsgeführten Länderregierungen warnten vor Missbrauch und zu viel Bürokratie. Nun geht das Vorhaben in den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, der versuchen soll, einen Kompromiss zu finden.
Berlin:Grünkohlkönig Christian Lindner
Einmal im Jahr karren sie wannenweise Grünkohl und Pinkel von Oldenburg nach Berlin, um ihren König zu küren. Man muss politische Bräuche nicht verstehen, man muss sie nur mitmachen. Szenen einer Krönung.
Vereine: Ihre Mitgliederversammlungen sollen Vereine künftig generell virtuell oder in hybrider Form abhalten dürfen - auch ohne dass das explizit in ihrer Satzung verankert ist. Bisher war dies eine Ausnahmeregelung, die wegen der Corona-Pandemie galt; sie wird nach dem Willen des Bundestags nun generell ermöglicht. Der Bundesrat muss noch zustimmen, von ihm ging freilich die Initiative zu der Gesetzesänderung aus. Ein hybrides Treffen, zu dem also einzelne Teilnehmer etwa per Video zugeschaltet werden, kann demnach künftig einfach einberufen werden. Sollte der Wunsch nach komplett virtuellen Versammlungen bestehen, müssen darüber die Mitglieder entscheiden.
Inkasso-Unternehmen: Um Verbraucher besser vor unseriösen Schuldeneintreibern zu schützen, wird deren Kontrolle zentralisiert. Bisher ist die Aufsicht auf 38 Gerichte verteilt, vom Jahr 2025 an wird sie beim Bundesamt für Justiz zusammengeführt. Das hat der Bundestag einstimmig beschlossen. Inkasso-Unternehmen verdienen ihr Geld damit, offene Forderungen bei Schuldnern einzutreiben.
Steuerfahnder: Um Steuerschlupflöcher für internationale Konzerne zu schließen, hat der Bundestag ein Abkommen mit den USA über den Austausch von Steuerdaten gebilligt - ohne Gegenstimmen. Dabei geht es um Angaben zum Umsatz, Gewinn oder Steuerzahlungen. Entsprechende Informationen tauschen Deutschland und die USA bereits seit einigen Jahren aus, nun soll dies automatisiert und beschleunigt werden.
Bundestagspräsidium: Erneut ist die AfD-Fraktion mit dem Versuch gescheitert, einen Vizepräsidenten des Bundestags zu stellen. Ihr Kandidat Stephan Brandner erhielt bei der Wahl am Donnerstag lediglich 78 Ja-Stimmen. 592 Abgeordnete stimmten gegen den Rechtsanwalt, acht Parlamentarier enthielten sich. Seit ihrem Einzug in den Bundestag vor gut fünf Jahren ist die AfD nicht im Parlamentspräsidium vertreten, als einzige Fraktion. Sämtliche AfD-Kandidaten verfehlten bisher die erforderliche Mehrheit.