Krieg in der Ukraine:Scholz: "Liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland!"

Von der chinesischen Regierung fordert der Kanzler, den Krieg klar zu verurteilen. Der Ukraine sichert er ein Jahr nach seiner "Zeitenwende"-Rede weitere Hilfe zu. Die Union kritisiert, die Regierung vernachlässige die Bundeswehr.

Von Kassian Stroh

Ein Jahr nach dem russischen Überfall hat Bundeskanzler Olaf Scholz betont, einen "Friedensschluss über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg" dürfe es nicht geben. "Ein Diktatfrieden gegen den Willen der Opfer" verbiete sich aus moralischen Gründen, aber auch aus dem eigenen Sicherheitsinteresse Deutschlands, sagte Scholz im Bundestag. "Was für eine fatale Ermutigung des Angreifers wäre es, wenn der Bruch des Völkerrechts und der europäischen Friedensordnung belohnt würde!" Die Bundesregierung werde der Ukraine helfen, ihre Ziele zu erreichen.

Dies sei auch die Meinung der Mehrheit der Deutschen, sagte Scholz. Zugleich kritisierte er, ohne sie beim Namen zu nennen, diejenigen, die am Samstag in der Hauptstadt für rasche Verhandlungen mit Russland demonstriert hatten. "Man schafft auch keinen Frieden, wenn man hier in Berlin 'Nie wieder Krieg!' ruft - und zugleich fordert, alle Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen." Zu der Demo hatten die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und die Feministin Alice Schwarzer aufgerufen. Von der chinesischen Regierung forderte Scholz: "Liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland!" Er vermisse eine klare Verurteilung des Angriffskrieges.

Scholz' Regierungserklärung im Bundestag stand unter der Überschrift "Ein Jahr Zeitenwende". Am 27. Februar 2022 - drei Tage nach Kriegsbeginn - hatte Scholz in einer Sondersitzung des Parlaments ein 100-Milliarden-Euro-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr angekündigt. Bereits am Vorabend seiner damaligen Regierungserklärung waren die ersten Waffenlieferungen an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen Russland beschlossen worden - ein Tabubruch.

"Wir erleben eine Zeitenwende. Das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor", sagte Scholz damals im Bundestag. "Zeitenwende" ist nicht nur zum Wort des Jahres 2022 in Deutschland gekürt worden, sondern inzwischen auch ein feststehender Begriff in der internationalen Sicherheitspolitik.

Scholz versicherte, Deutschland werde seine Ausgaben für die Verteidigung "dauerhaft" auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts anheben. "Diese Zusage, die ich hier am 27. Februar vergangenen Jahres gegeben habe, gilt." Das entspricht dem Zwei-Prozent-Ziel, auf das sich die Nato-Staaten verpflichtet haben. Auch die Kritik, dass das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr zu langsam ausgegeben werde, wies Scholz zurück: Ein Großteil der vorgesehenen Projekte solle "noch in diesem Jahr unter Vertrag" sein.

Nur bei den großen Linien sind Oppositionsführer Merz und Scholz einig

Bei der generellen Bewertung des Krieges sind sich die Regierungskoalition und die größte Oppositionsfraktion einig - das zeigte auch die Replik von Unionsfraktionschef Friedrich Merz auf Scholz. Wenn Russland heute die Waffen niederlege, sei der Krieg morgen vorbei, sagte Merz. Wenn aber die Ukraine die Waffen niederlege, sei dies das Ende der Ukraine.

Auch Merz warf Wagenknecht und ihren Gefolgsleuten vor, "geradezu vorsätzlich" Täter und Opfer in diesem Krieg zu verwechseln. Und dass die Linken-Politikerin Vergewaltigungen durch Soldaten als quasi normal in einem Krieg darstelle, sei "zynisch, menschenverachtend, einfach nur niederträchtig und beschämend für unser Land".

In diversen Einzelpunkten aber kritisierte Merz die Politik der Bundesregierung, die er eine zerstrittene Koalition nannte: So sei es falsch, dass Scholz die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine davon abhängig gemacht habe, dass auch die USA solche zur Verfügung stellten. Zugleich lasse er bei der Verteidigungspolitik seinen Worten keine Taten folgen: In diesem Jahr gebe man faktisch weniger Geld aus für die Bundeswehr als 2022, kritisierte Merz: "Wir entfernen uns vom Zwei-Prozent-Ziel." Vom 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen seien erst 600 Millionen ausgegeben. "Was ist eigentlich im zweiten Halbjahr 2022 geschehen, dass diese Zusagen, die sie gegeben haben, auch umgesetzt werden?"

Zur SZ-Startseite

SZ Plus"Markus Lanz"
:Sieben Minuten von Kaliningrad bis Berlin

Im TV-Talk bei Markus Lanz lernt man, dass in U-Booten versteckte Atomsprengköpfe die "ultimative Lebensversicherung" sind. Außerdem, dass Wladimir Putin "ein extrem schlechter Stratege" ist.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: