Politik:Was diese Woche im Bundestag entschieden wurde

Politik: Für 49 Euro bundesweit Busse und Bahnen nutzen, das soll von 1. Mai an mit dem Deutschlandticket möglich sein.

Für 49 Euro bundesweit Busse und Bahnen nutzen, das soll von 1. Mai an mit dem Deutschlandticket möglich sein.

(Foto: Jürgen Ritter/Imago)

Das Parlament schrumpft sich selbst, die Finanzierung des 49-Euro-Tickets wurde beschlossen und Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualpartnern dürfen Blut spenden. Ein Überblick über die Beschlüsse.

Von Jonas Junack

Zum Ende der Sitzungswoche heizt sich die Stimmung im Parlament noch einmal auf - bei der Entscheidung über das neue Wahlrecht. Die Union ist verärgert über die Ampelkoalition, die ein derart wichtiges Gesetz ohne die Zustimmung der wichtigsten Oppositionspartei durchboxen will. Daher haben CDU/CSU eine namentliche Abstimmung beantragt - ein Verfahren, das im Bundestag nur bei besonders kontroversen Themen zur Anwendung kommt. Regierungs- und Oppositionsbänke sind dann meistens voll. Die meisten anderen Beschlüsse in dieser Woche, etwa jener zur Einführung des 49-Euro-Tickets, wurden dagegen routinemäßig per Handzeichen gefasst, meist waren nur die jeweiligen Fachpolitikerinnen und Politiker anwesend. Hier ein Überblick über das, was der Bundestag entschieden hat:

Wahlrechtsreform

Mit 736 Abgeordneten ist der Bundestag so groß wie nie zuvor. Diese Woche hat die Ampel deshalb eine Wahlrechtsreform beschlossen, die eine Aufblähung des Parlaments verhindert. Das neue Wahlrecht deckelt gewissermaßen die Zahl der Sitze auf 630. Gewählt wird nach wie vor mit Erst- und Zweitstimme. Es gibt aber keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr. Entscheidend für die Stärke einer Partei im Parlament wird allein ihr Zweitstimmenergebnis sein.

Nach den neuen Regeln könnte es künftig vorkommen, dass ein Bewerber seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Das erzürnt vor allem die CSU, die traditionell viele der derzeit 46 Wahlkreise in Bayern direkt gewinnt und daher häufig Übergangmandate erringen kann.

Zudem soll laut dem Ampel-Entwurf eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgte bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte bei der Wahl 2021 die Linkspartei, die im Osten Berlins starke Wahlergebnisse eingefahren hat.

Wenn die Klausel gestrichen wird, könnte das, je nach Wahlergebnis, in Zukunft auch Konsequenzen für die bayerische Regionalpartei CSU haben. Sie tritt nur in Bayern zur Wahl an. Hochgerechnet auf Bundesebene lag ihr Wahlergebnis bei 5,2 Prozent. Das ist bereits gefährlich nah an der Fünf-Prozent-Hürde.

49-Euro-Ticket

Der Bundestag hat das 49-Euro-Ticket beschlossen. Es soll zum 1. Mai eingeführt werden und ist im Nahverkehr bundesweit gültig. Es soll vom 3. April an als monatlich kündbares Abo über die Internetseiten oder Apps der Verkehrsverbünde, bei der Bahn und in Kundenzentren erhältlich sein.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, die Umstellung auf den Deutschlandtarif bedeute eine Kraftanstrengung für alle Beteiligten, aber sie werde sich lohnen. Die Ampel schaffe zudem die Voraussetzungen für einen Ausbau des Nahverkehrs (ÖPNV). Dem widersprach die Union entschieden. Der CDU-Verkehrspolitiker Michael Donth sagte, verschiedene Bundesländer und Verkehrsverbünde hätten bereits angekündigt, dass sie spätestens 2024 Bus- und Bahn-Angebote abbestellen müssten.

Der Preis von 49 Euro ist nur der Einführungspreis - Wissing spricht absichtlich von einem Deutschlandticket und vermeidet den Begriff 49-Euro-Ticket. Bei der künftigen Preisgestaltung hat auch der Bundestag ein Mitbestimmungsrecht. Einige Länder haben allerdings bereits angekündigt, eigene Versionen des Tickets für bestimmte Gruppen anbieten zu wollen. Niedersachsen will ein 29-Euro-Ticket für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende auflegen. In Hessen soll es ab 1. Mai ein Sozialticket für Empfänger von Bürgergeld, Wohngeld und Sozialhilfe für 31 Euro geben. Im Berliner Stadtgebiet gibt es bis Mai noch ein Neun-Euro-Sozialticket. Verbraucherschutzorganisationen und Sozialverbände kritisieren ein Wirrwarr an Detailregelungen.

Transfusionsgesetz

Die sexuelle Orientierung wird künftig nicht mehr als Ausschlusskriterium bei der Blutspende gelten. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag mit der Mehrheit der Ampelkoalition eine Änderung des Transfusionsgesetzes, demzufolge ein Ausschluss künftig nur noch aufgrund des individuellen Risikoverhaltens der Spender möglich ist. Dadurch soll eine mögliche Ansteckung mit Infektionskrankheiten vermieden werden. Zuvor war es Männern, die Sex mit Männern haben, nur dann erlaubt Blut zu spenden, wenn sie in den zurückliegenden vier Monaten keinen Geschlechtsverkehr mit einem neuen oder mehr als einem Partner hatten. Das empfanden viele schwule Männer als diskriminierend.

Patientenberatung

Der Bundestag hat am Donnerstag ein Gesetz zur unabhängigen Patientenberatung (UPB) verabschiedet. Diese soll künftig als Stiftung eine dauerhafte staatsferne und unabhängig Struktur erhalten. Die UPB soll kostenfrei über Telefon oder Internet verlässliche Information und Beratung anbieten etwa bei Fragen zu Krankenkasse oder Krankengeld, zu Behandlungen oder Medikamenten oder bei der Suche nach einem Arzt. Der Stiftungsrat soll laut Gesetz 15 Personen umfassen, davon sieben Vertreter von Patientenorganisationen. Die Stiftung soll von Januar 2024 an ihre Arbeit aufnehmen und mit 15 Millionen Euro aus den Töpfen des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung und den privaten Krankenversicherungsunternehmen finanziert werden.

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