Bundestag: Aktuelle Stunde zu Frauenquote:Unionsfrauen machen der FDP Dampf

In der Aktuellen Stunde zur Frauenquote machen Politikerinnen der Union den FDP-Abgeordneten klar, wo die Liberalen mit ihrem Nein zur Quote leben: weit, weit hinterm Mond. Drei mächtige Damen fehlten jedoch im Bundestag.

Thorsten Denkler, Berlin

In der ersten Reihe des Bundestages sitzen an diesem Donnerstagnachmittag 13 Frauen und zwei Männer. Ein seltenes Bild. Wie die Vision von einer anderen Welt. Einer Welt, in der seit Jahrtausenden die Frauen Macht haben und bis heute bestimmen, wo es langgeht. Einer Welt, in der Frauen die Chefsessel in den Vorstandsetagen der Dax-Konzerne besetzen, in der maßgeblich Frauen die Wissenschaft prägen und die öffentlichen Debatten bestimmen.

Merkel will vorerst keine gesetzliche Frauenquote

Drei CDU-Politikerinnen und keine einheitliche Meinung zur Frauenquote: Familienministerin Kristina Schröder (links), Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

(Foto: dpa)

Na ja, genug geträumt. Zurück in den Bundestag. Dort ist eine aktuelle Stunde angesetzt. Thema: die Frauenquote und die etwas verwirrenden Botschaften, die die schwarz-gelbe Regierung dazu aussendet. Das erklärt die Anwesenheit der vielen Frauen in der ersten Reihe.

Erst positionierte sich vor etwas mehr als einer Woche die nicht zuständige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit einem klaren "Ja" zur Quote. Dann mäandert die zuständige Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) sich zu einem verschwommenen "Mal sehen". Bis schließlich die für alles zuständige Bundeskanzlerin Angela Merkel der Quote eine klare Abfuhr erteilt. Mit ihr werde es in dieser Legislatur keine Quote geben, ließ die CDU-Vorsitzende vernehmen.

Manche hatten ja schon vermutet, dass hinter Merkels überraschend klarem Njet mehr der Wunsch nach Koalitionsfrieden stehe als innere Überzeugung. Schließlich hält auch sie es für einen "Skandal", dass nur drei Prozent der Vorstandsposten in deutschen Dax-Konzernen weiblich besetzt sind.

Ende der Freiwilligkeit

Den endgültigen Beweis dafür aber liefert die heutige Debatte. An deren Ende müssen sich die FDP-Fraktionäre völlig isoliert mit ihrer Dagegen-Haltung in Sachen Quote gefühlt haben. Es sind vier Frauen aus den Reihen der Union, die ihren FDP-Kolleginnen und Kollegen erklären, wo sie mit ihrem starren Nein zur Quote leben: weit, weit hinterm Mond.

Es beginnt schon mit der ersten Rednerin von der CDU, Nadine Schön. Mit 27 Jahren und dem ersten juristischen Staatsexamen in der Tasche gehört sie zu der Generation von jungen und gut ausgebildeten Frauen, denen angeblich alle Türen offen stehen. Am Ende aber kommen sie doch nicht in Führungspositionen, weil Männer das schon unter sich ausgeschachert haben.

"Nein", sagt Schön, "ich mag die Quote nicht." Und schiebt dann ein "eigentlich" hinterher. Ihre wäre wohler damit, wenn es auch so ginge, wenn es keinen Zwang geben müsste. Zehn Jahre nach einer Selbstverpflichtungserklärung der Wirtschaft aber sei nichts geschehen. Freiwilligkeit sei kein Mittel mehr, mit dem sich für Frauen der Weg in die Chefetage öffnet. "Diese bittere Erfahrung haben nun schon genug Frauen vor uns machen müssen." Schön hat die Nase voll von leeren Versprechungen.

Die Liberalen und die Planwirtschaft

Zu ihrer Rechten werden die Gesichter der Frauen und Männer der FDP immer länger. Mit ihrer Haltung bleiben sie an diesem Nachmittag weitgehend unter sich. Die Argumente der zwei Rednerinnen und des einen Redners der FDP klingen so, wie der Muff der fünfziger Jahre gerochen haben muss: Eine starre Quote nütze keinem, damit solle nur die Wirtschaft an die Kandarre genommen werden. Und überhaupt sei eine Quote Planwirtschaft. Planwirtschaft ist in den Augen der Liberalen alles, was nicht ihre eigene Idee ist.

CSU-Vorstandssitzung

Sie sprach sich im Bundestag für die Frauenquote aus: Die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär.

(Foto: dapd)

"Es geht nicht ohne Quote"

Doch die vier Rednerinnen der Union, darunter die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär, beeindruckt nicht mal die Planwirtschaft-Keule. Ihnen allen ist die Verbitterung darüber deutlich anzusehen, dass ihre Geschlechtsgenossinnen praktisch keine Chance haben, in Vorstände und Aufsichtsräte aufzusteigen. Es ist ja schon schwer genug, Abteilungsleiterin zu werden.

Sie wollen die Quote. Und zwar jetzt. "Wir können nicht weiter vor uns hindümpeln", sagt Schön. "Die Politik ist verantwortlich. Es geht einfach nicht ohne."

In dieser Debatte stehen die Frauen der CDU Seit' an Seit' mit den Rednerinnen und Rednern von SPD, Grünen und der Linken. Katja Kipping, Vize-Chefin der Linken, nickt anerkennend: Die Unionsfrauen hätten "gute Argumente" dafür geliefert, dass die Kanzlerin unrecht hat.

Die war leider nicht da, um sich diese guten Argumente anzuhören. Genauso wenig fanden Arbeitsministerin von der Leyen und Frauenministerin Schröder den Weg ins Parlament. Da erscheint fraglich, ob es in der Union tatsächlich eine erkennbare Kraft gibt, die Frauenquote bald auf den Weg zu bringen.

Nadine Schön und ihre Mitkämpferinnen jedenfalls wollen nichts unversucht lassen. Direkt nach der Debatte trafen sie sich mit Frauen aus der FDP-Fraktion. Um sich mal besser kennenzulernen, heißt es. Und um auszuloten, was denn gehen kann in Sachen Quote. Es könnte ein Anfang sein. Macht die FDP-Fraktion mit, wäre wohl auch die Kanzlerin wieder dafür.

Was halten Sie von der Frauenquote? Sagen Sie uns Ihre Meinung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: